Warum Kühe so gute Zähne haben
Wiederkäuer haben einen entscheidenden Vorteil, wie ein Team mit Beteiligung der Universität Göttingen zeigt: Der hochgewürgte Nahrungsbrei enthält weniger harte Silikate aus Sand und Staub als die anfangs aufgenommene Nahrung, und die Zähne werden beim Kauen nicht so stark abgeschliffen. Im Ergebnis sind die Zahnkronen von Wiederkäuern weniger ausgeprägt als bei anderen Pflanzenfressern.
Für ihre Untersuchung gaben die Forschenden vier Kühen über mehrere Tage mit Sand versetztes Grasfutter und sie entnahmen Proben vom hochgewürgten Nahrungsbrei und vom Kot. Dann ermittelten sie den Gehalt an Silikaten. Diese Verbindungen aus dem Sand und Gras führen wegen ihrer Härte besonders zum Abrieb der Zähne. Der Kot enthielt ungefähr so viel Silikate wie das sandige Grasfutter, der hochgewürgte Nahrungsbrei dagegen deutlich weniger. Die Silikate verbleiben demnach im Pansen.
Durch den Pansen ensteht weniger Abrasion als bei Pferdezähnen
Weil das aufwendige Kauen zum Teil auf Nahrungsbrei verlagert wird, der im Pansen „gewaschen“ wurde, werden die Zähne bei Wiederkäuern weniger abgenutzt als zum Beispiel bei Pferden. Diese zerkauen ihre Nahrung vollständig nach der Aufnahme, mitsamt der abschleifenden Anteile. Für die Forschenden passt die Beobachtung damit zusammen, dass Wiederkäuer vergleichsweise niedrige Zahnkronen haben. Durch die Leistung des Pansens bleiben die Zähne länger funktionsfähig. Das beeinflusst ihre Evolution: Es gibt keinen Druck zur Bildung von mehr Zahnmaterial.
„Die Studie klärt einen wenig beachteten, aber grundlegenden Aspekt der Nahrungszerkleinerung bei großen Pflanzenfressern und trägt zum Verständnis der Funktion und Evolution der Zähne bei“, erklärt Prof. Dr. Jürgen Hummel von der Abteilung Wiederkäuerernährung. Zähne geben wegen ihrer guten fossilen Überlieferung oft die wichtigsten Hinweise bei der Rekonstruktion früherer Pflanzenfresser und ihrer Umwelt.
Gordon D. Sanson, Reassessing assumptions about the evolution of herbivore teeth, Proceedings of the National Academy of Sciences,120, 2, (2023). /doi/10.1073/pnas.2219060120