Weniger Zahnärzte durch Bürgerversicherung
Sollte die Bürgerversicherung Realität werden, würde dies gravierende Folgen für Bürger und Zahnärzte in Baden-Württemberg haben: Im ländlichen Raum würden 534 Zahnärzte und 2.350 Arbeitsplätze für Praxispersonal in den nächsten zehn Jahren wegfallen. Das belegt ein Gutachten von Prof. Dr. Wolfgang Merk, von der IHK München und Oberbayern bestellter Sachverständiger, im Auftrag der KZV Baden-Württemberg.
Drastische finanzielle Auswirkungen für die Versorgung
Merk untersuchte die Auswirkung einer Bürgerversicherung auf die zahnmedizinische Versorgung im Land. Mit der Einführung würden sich enorme Konsequenzen für die betriebswirtschaftliche Situation von zahnärztlichen Praxen und MVZ ergeben. In Gemeinden bis zu 10.000 Einwohnern müssten altersbedingt für 649 Zahnärzte Nachfolger in den nächsten zehn Jahren gefunden werden. Wenn die Bürgerversicherung mit einer einheitlichen Gebührenordnung und dem Wegfall der privaten Krankenversicherung greifen sollte, sind dem Gutachten zufolge drastische finanzielle Auswirkungen zu befürchten. Es könnten dann nur noch Praxen nachbesetzt werden, die auch nach Einführung der Bürgerversicherung wirtschaftlich sind. Das wird insbesondere für den ländlichen Raum negative Folgen haben.
KZV ist "zutiefst alarmiert"
Merk stellte sein Gutachten anlässlich der Vertreterversammlung der KZV Baden-Württemberg am 30. Juni in Stuttgart vor. Die KZV-Vorsitzende, Dr. Ute Maier, zeigte sich über die Ergebnisse der Untersuchung vor den Delegierten „zutiefst alarmiert“. In einem Schreiben an den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) hatte sie ihn über das Gutachten informiert und die Landesregierung dazu aufgefordert, sich entschieden gegen die Einführung der Bürgerversicherung zu stellen. Seine Partei hatte im Wahlprogramm die Einführung der Bürgerversicherung beschlossen.
Maier: „Das würde ein Ausbluten der örtlichen Strukturen in den Gemeinden mit gravierenden Folgen nicht nur für die gesundheitliche Versorgung der Menschen, sondern auch für die gesamte Infrastruktur bedeuten.“ Bedroht in den Zahnarztpraxen seien vor allem Teilzeitarbeitsplätze, die größtenteils von Frauen besetzt sind. Gerade im ländlichen Raum sei es überdies schwierig, gleichwertige Arbeitsplätze zu finden, zumal die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine weitere Herausforderung darstelle.
Gewinnrückgang in den Praxen
In einem Beschluss erteile die Vertreterversammlung den politischen Überlegungen zur Einführung einer Bürgerversicherung eine klare Absage. Die Versorgungsstrukturen des gesamten zahnmedizinischen Sektors in Baden-Württemberg würde beeinflusst und verändert werden. Durch den Wegfall der privaten Krankenvollversicherung und des PKV-Umsatzes sei ein Gewinnrückgang je nach Umsatz der Praxis von minus 31,5 bis minus 38,8 Prozent zu befürchten, so die Delegierten.