„Wir sind all-in gegangen – mit drei Kindern zu Hause“
Uns war klar: Wir wollten moderne Zahnmedizin ohne Kompromisse. Als Angestellter stößt man immer an Grenzen – wirtschaftlich, organisatorisch und oft auch, wenn es um die Umsetzung neuer Ideen geht. Wir wollten alles selbst gestalten: von der fachlichen Ausrichtung über den Aufbau des Teams bis hin zum Design der Räume. Für unsere Patienten wollten wir Empathie und modernste Technik bieten, für unsere Mitarbeitenden Wertschätzung, klare Strukturen und echte Entwicklungsmöglichkeiten. Fachlich hatten wir keine Zweifel. Aber uns war bewusst, dass es sehr viel Arbeit werden würde – keine 40 Stunden, sondern eher 70 Stunden pro Woche, in der Anfangszeit sogar noch mehr. Die eigentliche Herausforderung lag für uns darin, parallel unsere Familie mit drei Kindern zu organisieren.
Wir wussten, dass die Personalsuche und -führung anspruchsvoll werden würde. Es braucht Zeit, gute Mitarbeitende zu finden, die wirklich zum Konzept und Team passen. Und es braucht Konsequenz: Wenn es nicht passt, darf man keine Kompromisse machen. Nach etwa zwei Jahren hatten wir das Gefühl, die Gründerphase liegt hinter uns. Ab da war die Praxis kein Start-up mehr, sondern etabliert. Wir hatten stabile Abläufe, ein funktionierendes Team und konnten den Fokus stärker auf inhaltliche Entwicklung und Wachstum legen. Heute haben wir 18 Mitarbeitende.
Härter als gedacht waren und sind ganz klar die Bürokratie und der Verwaltungsaufwand. Seit Jahren ist vom Bürokratieabbau die Rede, doch die Realität in der Praxis sieht anders aus. Die Verwaltungsaufgaben sind enorm, sie kosten Zeit und Ressourcen, die wir viel lieber für unsere Patienten einsetzen würden. Dazu kommt als größte Herausforderung die Vereinbarkeit von Praxis und Familie. Wir sind mit zwei Kindern gestartet und haben vor zwei Jahren unser drittes Kind bekommen – und das ohne familiären Hintergrund in Potsdam. Sich da alles zu organisieren, wenn man all-in geht, war eine echte Kraftanstrengung.
Es gab auch Rückschläge und zwar nicht zu knapp. Wir hatten insgesamt drei Wasserschäden – und das ist natürlich gerade in einer brandneuen Praxis wirklich unschön. Es hat uns nicht zurückgeworfen, aber es war schon eine echte Belastung.
Außerdem mussten wir feststellen, dass unser ursprüngliches Praxisverwaltungssystem unsere Vision nicht umsetzen konnte. Nach zwei Jahren haben wir einen radikalen Schnitt gemacht und ein komplett neues System eingeführt. Im Nachhinein war das die richtige Entscheidung. Man muss einfach akzeptieren, dass sich mit der Zeit zeigt, welche Partner wirklich zu einem passen. Manchmal geht es nicht nur um Empfehlungen, sondern um eigene Erfahrungen. Da muss man konsequent sein und schauen, wer den eigenen Anspruch wirklich mitträgt.
Rückblickend hätten wir, obwohl wir schon sehr mutig waren, vielleicht noch großzügiger investiert, um von Anfang an noch dynamischer zu starten. Das hätte noch mehr Schwung gegeben. Gerade bei einer Neugründung neigt man dazu, vorsichtig abzuwägen, weil vieles ungewiss ist – vor allem bei uns mitten in der Corona-Pandemie.
Was wir noch intensiver machen würden? Wir schätzen Prozesse und standardisierte Abläufe. Uns war schon immer bewusst, wie wichtig diese für eine gleichbleibend hohe Service- und Behandlungsqualität sind.
Jetzt, wo wir gewachsen sind, merken wir noch deutlicher, wie zentral diese Standardisierungen sind. Das heißt, obwohl wir das schon gut gemacht haben, würden wir heute noch mehr Energie in diese Strukturierung stecken. Das steht auch für die Zukunft auf unserer Agenda.
Wir sind stolz, dass wir trotz aller Widrigkeiten unsere Vision nicht verwässert haben. Heute sind wir eine der modernsten Praxen der Region, haben Tausende Patienten gewonnen, ein starkes Team aufgebaut und sind ein attraktiver Arbeitgeber geworden. Wir haben das Gefühl, unsere Philosophie und die Behandlungen werden von den Patienten angenommen und honoriert. Das war ein entscheidender Faktor für unser schnelles Wachstum. Besonders freut es uns, wenn neue Patienten auf Empfehlung zu uns kommen oder wir wieder eine positive Rückmeldung oder Rezension erhalten – das zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Das sagt der Praxisexperte
Gründung und Familienplanung gleichzeitig: Wie kann man sich auf die Doppelbelastung vorbereiten?
Es klingt unromantisch, aber Familienplanung kann, wie das Wort bereits sagt, geplant werden. Es ist gar nicht so selten, dass diese beiden Ereignisse zusammenfallen. In solchen Fällen ist viel Unterstützung von der Familie und dem Team in der Praxis gefragt – diese darf man einfordern. Unter Umständen kann auch ein Kollege oder eine Kollegin vertretungsweise beschäftigt werden. Welche Prioritäten gilt es hierbei zu setzen? Family first, aber die Gründung nicht aus den Augen verlieren. Aus unserer Sicht und der vieler Mandantinnen lassen sich Familie und Selbstständigkeit sehr gut vereinen. In jedem Fall gibt es nie den richtigen, aber auch nie den falschen Moment für Nachwuchs.
Das Praxisverwaltungssystem passt doch nicht, was tun?
Bestenfalls lässt sich so etwas natürlich durch Erfahrung und vorheriges Wissen vermeiden. Aber am Ende ist das immer sehr individuell – und Frau Dr. Buenger sowie Herr Dr. Meißner haben in diesem Fall genau richtig entschieden. Selbstständigkeit ist ein bisschen wie das Leben: Man lebt vorwärts und versteht rückwärts. Das Schöne daran ist, dass man sein eigener Herr ist und jederzeit etwas anpassen oder verändern kann.
Praxisberater Robert Döringer, Bollwerk, Hamburg
Unser Fazit: Entscheidend ist Mut. Man darf sich nicht von den Risiken lähmen lassen. Gleichzeitig sollte man realistisch sein: Eine Praxisgründung ist kein 40-Stunden-Job, sondern erfordert deutlich mehr. Außerdem sollte man keine Angst davor haben, auch unbequeme Entscheidungen zu treffen.
Wichtig ist, ein klares Konzept zu haben und dabei konsequent zu bleiben. Eine Beratung in Finanzen und Organisation ist sehr hilfreich, ebenso wie eine starke digitale Präsenz. Und: Investiert in ein Team, das menschlich wie fachlich zu euch passt.
Es war härter, als wir es uns vorgestellt hatten, aber es hat sich gelohnt. Wir würden es jederzeit wieder tun. Selbst die Rückschläge haben uns stärker gemacht. Unsere Praxis ist heute genau das, was wir uns immer gewünscht haben: modern, empathisch und zukunftsorientiert.




