Umfrage

"Zahnärzte belehren nicht ordnungsgemäß über Kosten"

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Paternalistische Aufklärung, Defizite im Behandlungsprozedere, Pflichtverstöße gegen BGB, BMV-Z und EKV-Z: Die Verbraucherzentralen werfen Zahnärzten vor, ihre Patienten nicht ordnungsgemäß über Kosten bei Zusatzleistungen zu informieren.

Ziel der Marktuntersuchung im Auftrag der Verbraucherzentralen Berlin, NRW und Rheinland-Pfalz war, herauszufinden, inwieweit Zahnärzte die rechtlichen Bestimmungen einhalten, die für Aufklärung und Einwilligung gesetzlich Versicherter beikostenpflichtigen Leistungen gelten.

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  • Dabei sollten die befragten Verbraucher anhand von fünf Kategorien angeben, wie viel sie für Leistungen bezahlt haben, die sie in den sechs Monaten vor der Befragung in Anspruch genommen hatten: Unterschieden wurden Kosten unter 50 Euro, Kosten zwischen 20 und unter 200 Euro, Kosten zwischen 200 und unter 500 Euro, Kosten zwischen 500 und unter 1.000 Euro sowie Kosten ab 1.000 Euro.Ergebnis: Beim Zahnersatz waren laut Befragung bis auf die erste Kategorie (unter 50 Euro) alle Preisspannen fast gleichwertig vertreten. Für Füllungen dominierten die unteren Preisspannen, allerdings bezahlten mit 60,2% rund zwei Drittel der Befragten mehr als 50 Euro selbst dazu.

  • Insgesamt 39,1% der befragten Verbraucher gaben an, vorab nicht über die auf sie zukommende Kostenbelastung schriftlich informiert worden zu sein. Nur 60% wurden nach eigenen Angaben informiert; ein geringer Teil (0,9%) konnte sich nicht erinnern.

  • Vor Behandlungsbeginn unterschrieben 52,3% der Verbraucher, dass sie die Kosten der Leistung selbst bezahlen. Der Befragung zufolge mussten 45,1% der Patienten hingegen die Kostenübernahme nicht schriftlich bestätigen und weitere 2,6% wussten es nicht mehr.

  • Je höher der Preis der kostenpflichtigen Leistungen, desto eher hält der Zahnarzt demnach die rechtlichen Vorgaben ein und legt dem Patienten eine Kostenübernahmeerklärung vor, die der Patient unterschreibt. Trotzdem sind es im Bereich der Leistungen für 500 bis 1.000 Euro immer noch 26,7% und bei Leistungen über 1.000 Euro 21,3% der Verbraucher, die angeben, nicht unterschrieben zu haben, dass sie die Kosten der Leistung übernehmen

  • Die Verbraucher sollt anhand von sieben Antwortmöglichkeiten auch angeben, wie zufrieden sie mit den Informationen des Zahnarztes zu alternativen Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen sind - von „voll und ganz zufrieden“ bis „überhaupt nicht zufrieden“ und „darüber wurde ich nicht informiert“ sowie „weiß nicht“. Über ein Viertel der Verbraucher (25,7%) gab demzufolge an, dass sie vom Zahnarzt vor Beginn der Behandlung keine Informationen zu Alternativen, die die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen, erhalten haben. Insgesamt 51,8% waren laut Befragung "voll und ganz" bzw. eher mit den Informationen "zufrieden".

Dass trotzdem viele der Befragten mit den Informationen zufrieden sind - 49% der Befragten fühlen sich gut über die Kosten informiert, 37% fühlen sich "voll und ganz" über die Vorteile, 25,1% über die Nachteile der kostenpflichtigen Leistung informiert - "schließt Fehler keineswegs aus", lautet die Schlussfolgerung der "Marktcheck"-Befragung. Denn: "Patienten sind sich ihrer Rechte oftmals nicht bewusst, erkennen eine unzureichende Aufklärung also häufig nicht".

Fazit: "Zahnärzte verstoßen offenbar in vielen Fällen gegen ihre Pflichten!"

Fazit: "Damit verstoßen Zahnärzte nach Einschätzung der Verbraucherzentralen offenbar in vielen Fällen gegen ihre Pflichten. Laut § 630 c und 630 e des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) müssen Ärzte und Zahnärzte Patienten vor Beginn der Behandlung schriftlich über die voraussichtlichen Kosten informieren und über Alternativen aufklären."

Drei Faktoren begünstigen demnach "eine paternalistische Aufklärung" und hemmen ein Gespräch auf Augenhöhe:

Die Fülle der Therapiemöglichkeiten ist für medizinische Laien kaum überschaubar.

Die Mischung aus Kassenleistung und Eigenanteil ist kompliziert.

Einheitliche Patienteninformationen fehlen.

Die Verbraucherzentralen fordern daher a) Patienteninformationen zu vereinheitlichen und b) Verstöße zu verfolgen. Wörtlich heißt es unter "Forderungen aus den Ergebnissen": "Zahnärzte mit Kassenzulassung erfüllen offenbar häufig drei zentrale Pflichten nicht:

Eine fehlende schriftliche Information über die Kosten vor Behandlungsbeginn verstößt gegen § 630c BGB.

Ein fehlendes schriftliches Einverständnis in die kostenpflichtige Behandlung verstößt gegen § 4 BMV-Z bzw. § 7 EKV-Z.

Eine fehlende Aufklärung über Alternativen bzw. Kassenleistungen verstößt gegen § 630c BGB".

Damit gebe die Umfrage "Hinweise auf Defizite im Behandlungsprozedere. Die vorhandenen Regelungen, gedacht zum Schutz der Verbraucher und für mehr Transparenz, würden, zumindest teilweise, nicht eingehalten und laufen ins Leere. Daher fordert die Verbraucherzentrale ein konsequentes Eingreifen der zahnärztlichen Körperschaften. Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen hätten sicherzustellen, dass die vertragszahnärztliche Versorgung den gesetzlichen Vorgaben entspricht: "Statistiken über Disziplinarmaßnahmen sind aber nicht standardisiert. Der Umgang damit ist je nach Bundesland unterschiedlich. Nötig ist also auch eine aussagekräftige, einheitliche Berichterstattung dazu."

Für den "Marktcheck 2016 - Online-Erhebung: Versichertenbefragung zu kostenpflichtigen Zusatzleistungen beim Zahnarzt" befragte das Marktforschungsinstitut Aserto im Dezember 2016 im Auftrag der drei Verbraucherzentrale NRW und in Kooperation der Verbraucherzentralen Rheinland-Pfalz und Berlin deutschlandweit 1.000 gesetzlich Versicherte, die in den zurückliegenden sechs Monaten eine kostenpflichtige Leistung beim Zahnarzt in Anspruch genommen hatten.

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