Vorschläge der Techniker Krankenkasse gefährden die Versorgung

Zahnärzte und Ärzte lehnen 10-Punkte-Plan der TK ab

ao
Politik
Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) hat scharfe Kritik am 10-Punkte-Plan der Techniker Krankenkasse (TK) gegen steigende Krankenkassenbeiträge geübt. Der Freie Verband Deutscher Zahnärzte (FVDZ) und Ärzteverbände protestierten ebenfalls gegen die Vorschläge.

Die TK hatte am Montag einen „10-Punkte-Plan für eine Ausgabenwende“ vorgelegt. Darin schlägt die Kasse verschiedene Maßnahmen vor, um die „Beitragsspirale“ in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu stoppen. Allein eine Erhöhung des Herstellerrabatts bei patentgeschützten Arzneimitteln von sieben auf 17 Prozent könne die GKV demnach jedes Jahr um mehr als drei Milliarden Euro entlasten.

Im Bereich der ambulanten Versorgung schlägt die TK vor, die bereits 2024 eingeführte um 1,5 Prozentpunkte abgesenkte jährliche Veränderungsrate für die zahnärztliche Vergütung fortzuführen. 2024 konnten dadurch nach Angaben der Kasse 210 Millionen Euro eingespart werden. Einen jährlichen Einspareffekt von mindestens 1,7 Milliarden Euro sieht die TK durch das einmalige Aussetzen der jährlichen Erhöhung der vertragsärztlichen Honorare. Zudem fordert die Kasse Anpassungen bei der Entbudgetierung der Kinder- und Jugendmedizin sowie bei Zuschlägen für durch Terminservicestellen oder Hausarztpraxen vermittelte Termine. Weitere Vorschläge betreffen die stationäre Versorgung, die Versorgung mit Arzneimitteln sowie den Bereich Heil- und Hilfsmittel.

KZBV: „TK will Axt an die zahnmedizinische Versorgung legen“

Die Zahnärzteschaft lehnt die Vorschläge ab. Die KZBV warnte heute in einer Pressemitteilung „vor schwerwiegenden Folgen für die Patientinnen und Patienten durch ein derart undifferenziertes Spardiktat“. „Mit ihrem 10-Punkte-Plan proklamiert die Techniker Krankenkasse eine ‚Ausgabenwende‘, wirft dabei jedoch völlig undifferenziert alle Bereiche der GKV in einen Topf und setzt die Axt pauschal an allen Versorgungszweigen an“, kritisierte Martin Hendges, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV.

Vom zahnmedizinischen Versorgungsbereich gehe kein Risiko für die GKV-Finanzen aus. „Im Gegenteil: Unser präventiver Versorgungsansatz trägt vielmehr zu stabilen und nachhaltigen Finanzen bei“, betonte Hendges.

Durch den konsequent auf Prävention ausgerichteten Versorgungsansatz sei der Anteil für vertragszahnärztliche Leistungen an den gesamten GKV-Leistungsausgaben – trotz Ausweitungen des GKV-Leistungskatalogs – über die vergangenen Jahrzehnte kontinuierlich und seit 2001 um mehr als 30 Prozent gesunken. Im Jahr 2024 machten zahnärztliche Behandlungen (inklusive Zahnersatz) sogar nur noch 5,8 Prozent der GKV-Leistungsausgaben aus. „Die Vorschläge der TK gehen allein zulasten ihrer Versicherten“, verdeutlichte Hendges.  

Die kurzsichtigen Sparmaßnahmen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes für die Jahre 2023 und 2024 hätten die zahnärztliche Versorgung schwer getroffen. Das Gesetz habe die wirtschaftliche Belastbarkeit der Praxen bereits auf das Äußerste strapaziert und insbesondere der präventionsorientierten Parodontitistherapie nachhaltige Schäden zugefügt. „Für eine zukunftssichere flächendeckende Versorgung benötigen die Zahnarztpraxen vielmehr Planungssicherheit durch stabile finanzielle Rahmenbedingungen“, stellte Hendges klar.

FVDZ: „Zahnärzte sind keine Finanzreserve der GKV“

Kritik kommt auch vom FVDZ. „Zahnärzte sind keine Finanzreserve der GKV“, teilte der Verband heute mit. Insbesondere die in dem 10-Punkte-Plan vorgesehenen Eingriffe in die zahnärztliche Vergütung seien nicht nur fachlich unbegründet, sondern auch gesundheitspolitisch gefährlich.

„Die zahnärztlichen Teams in den Praxen stehen schon jetzt unter massivem wirtschaftlichem Druck durch Inflation, steigende Materialkosten und Fachkräftemangel“, warnte der FVDZ-Bundesvorsitzende Dr. Christian Öttl. Es sollte besser über echte, nachhaltige Reformen der GKV nachgedacht werden, anstatt dem ambulanten Bereich immer mehr Mittel zu entziehen. Wer hier weiter kürze, riskiere Versorgungslücken, längere Wartezeiten und eine Abwanderung junger Zahnärzte aus der GKV-Versorgung, so Öttl weiter.

Viele ältere niedergelassene Kolleginnen und Kollegen hätten sich bereits aufgrund genau solcher Sparmaßnahmen, wie die jetzt vorgeschlagenen, aus der Versorgung zurückgezogen. „Das Ergebnis spüren wir – und die Patientinnen und Patienten – jeden Tag in unseren Praxen“, sagte der FVDZ-Bundesvorsitzende.

Statt kurzfristiger Budgettricks brauche es nachhaltige Lösungen, die Versorgungssicherheit, Qualität und faire Honorare garantierten. „Die zahnärztliche Versorgung ist kein Luxus, sondern ein unverzichtbarer Bestandteil der medizinischen Grundversorgung“, betonte Öttl.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband Fachärztinnen und Fachärzte Deutschlands (Spifa) protestierten ebenfalls gegen die Vorschläge. „Es ist gelinde gesagt erstaunlich, dass ausgerechnet kurz vor dem Start der Finanzierungsverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband der Chef der TK, Dr. Jens Baas, nicht nur eine Nullrunde fordert, sondern auch noch gesetzliche Regelungen wieder abschaffen will, die – wie politisch gewollt – wirken, indem sie zusätzliche Termine für Patienten mit sich bringen“, erklärten dazu die KBV-Vorstände Dr. Andreas Gassen, Dr. Stephan Hofmeister und Dr. Sibylle Steiner.

KBV: „Die Forderungen sind gelinde gesagt erstaunlich“

Vor dem Hintergrund gestiegener Personalkosten seien Vergütungsanpassungen für die Praxen zwingend notwendig, betonte die KBV-Spitze. Das, was den Krankenkassen Mehreinnahmen beschere, nämlich gestiegene Löhne, betreffe auch die Praxen – allerdings müssten die Steigerungen von den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten selbst erwirtschaftet werden.

Die von der TK unterbreiteten Vorschläge für Sparmaßnahmen in der ambulanten Versorgung bewertet der Spifa als „eine akute Gefährdung der Gesundheitsversorgung von gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten“. Die Bedarfsplanung und die Budgetierung ärztlicher Leistungen sorgten bereits jetzt für eine künstliche Verknappung des Versorgungsangebotes für gesetzlich Versicherte. Bei einer Umsetzung der TK-Vorschläge „dürfte die Terminknappheit weiter zunehmen“.

Spifa: "Eine akute Gefährdung der Gesundheitsversorgung von GKV- Patienten“

Auch die von der TK ins Spiel gebrachte Aussetzung der Anpassung des Orientierungswerts lehnt der Spifa ab. „Während an anderer Stelle Milliarden in das Gesundheitssystem gekippt werden, ohne dass damit wirkliche Verbesserungen der Versorgung einhergehen, will die Kassenlobby mit ihren Forderungen die fachärztliche ambulante Versorgung kaputtsparen“, so der Spifa-Vorstandsvorsitzende Dirk Heinrich.

Dabei arbeiteten die Ärztinnen und Ärzte in der niedergelassenen ambulanten Versorgung bereits heute am Limit, die Auswirkungen seien für gesetzlich Krankenversicherte bereits deutlich spürbar. Wenn die Versorgung gesetzlich Krankenversicherter zunehmend mit Verlusten verbunden sei, drohe ein „sich ausweitender Exodus von Fachärztinnen und Fachärzte aus der Versorgung“, warnte Heinrich.

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