Zoff um das Thema Abrechnungsbetrug
Wie weit die Schere zwischen den Vorwürfen gegen die Ärzteschaft und der Realität auseinandergeht, das machten laut NAV-Virchow-Bund die jüngst veröffentlichten Zahlen der DAK Gesundheit deutlich. Die Kasse spreche von 1.800 ungeprüften Hinweisen auf Abrechnungsbetrug im Jahr 2012. Dem NAV-Virchow-Bund betreffen sie aber lediglich zu zwölf Prozent Ärzte. Das Gros entfiele auf Physiotherapie, Pflege und Arzneimittel.
"Fehlverhalten bei Ärzten ist äußerst selten"
Die darauf erfolgten Rückforderungen gegen Ärzte beliefen sich auf 130.000 Euro, also 0,05 Promille der Gesamtausgaben für die ärztliche Behandlung der DAK Gesundheit. "Die DAK-Zahlen zeigen den tatsächlich geringen Umfang des Problems. Obwohl es sicherlich hier und da schwarze Schafe gibt, ist Fehlverhalten bei Ärzten äußerst selten“, konstatiert Dr. Dirk Heinrich, Vorsitzender des NAV-Virchow-Bundes.
Die Zahlen belegten darüber hinaus, dass der Ermittlungsaufwand, den die Kassen betreiben, nicht gerechtfertigt sei. Heinrich: "Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen und künstlich Druck aufgebaut. Das Perfide dabei ist, dass die Ärzte sich, trotzdem sie sich fast durchweg nichts zuschulden kommen lassen, permanent gegen die unlauteren Vorwürfe wehren müssen und mit dem Makel der Korruption zu kämpfen haben.“
Wenn der Anti-Korruptionsparagraf kommt - dann auch für die Kassen
Hinsichtlich der Forderungen nach einer gesetzlichen Regelung gegen Korruption im Gesundheitswesen fordert Heinrich alle Beteiligten dazu auf, die Verhältnismäßigkeit zu wahren: "Von einem 'dringendenHandlungsbedarf' zu sprechen, ist daher vollkommen überzogen. Ein neuer Anti-Korruptionsparagraf müsste vielmehr, so er denn tatsächlich kommt, alle Beteiligten im Gesundheitswesen betreffen, also auch die Krankenkassen als Institution.“
Doch gebe es derzeit nicht ausreichend wirkungsvolle Kontrollinstrumente gegen den Machtmissbrauch bei Krankenkassen. „Wenn, wie im Fall der DAK, zehnköpfige Ermittlungsteams mit den Beitragsgeldern der Versicherten finanziert werden und die Ergebnisse derart dürftig ausfallen, sollte das die zuständige Aufsichtsbehörde aufhorchen lassen.“
Populismus pur
Die in den vergangenen Wochen gehäufte Berichterstattung zur angeblichen Ärzte-Korruption sei allein auf die Inszenierung durch die Krankenkassen zurückzuführen, kritisiert Heinrich. Erst in der vergangenen Woche hatte AOK-Vorstand Jürgen Graalmann Schwerpunktstaatsanwaltschaften gegen Korruption bei Ärzten gefordert. Die Forderung sei populistisch und habe nur zum Ziel, die Atmosphäre zwischen Patienten und Ärzten zu vergiften, entgegnete der Bundesvorsitzende des NAV-Virchow-Bundes.