"Zu viele Fachärzte"
Die Art des Medizinstudiums sowie die Ärzteplanung und -bezahlung führen nach Darstellung des GKV-Spitzenverbands zu einem krassen Missverhältnis von zu vielen Fachärzten und vergleichsweise wenigen Allgemeinmedizinern. Es bestünden zu hohe Schranken für angehende Hausärzte. "Wir müssen diesen Hindernisparcours abbauen", sagte der Vizechef des Verbands, Johann-Magnus von Stackelberg.
Insgesamt gebe es mit mehr als 144.000 ambulant tätigen Ärzten so viele wie noch nie. Dagegen geht die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) davon aus, dass zurzeit 2.600 Hausarzt- und 2.000 Facharztsitze nicht besetzt sind. Entsprechende Angaben der "Bild"-Zeitung bestätigte ein KBV-Sprecher.
Zahlenspiele: 100 versus 51.000
Laut Kassen ergeben sich solche Zahlen rechnerisch, wenn deutschlandweit alle in der offiziellen Ärzteplanung ausgewiesenen Planungsbezirke zu 110 Prozent besetzt werden sollten. Um tatsächliche Versorgungslücken heute zu schließen, fehlten aber nur 100 Hausärzte. Fachärzte gebe es eher mehr als benötigt, sagte von Stackelberg. Mit 1.197 Medizinern seien 2012 nur elf Prozent aller neu zugelassenen Ärzte Allgemeinmediziner gewesen.
Der scheidende KBV-Chef Andreas Köhler bekräftigte in der "Bild"-Zeitung ältere Warnungen: "Bis 2020 werden rund 51.000 Ärzte altersbedingt ausscheiden." Diesem Trend widersprechen auch die Kassen nicht. Sie meinen, wegen der älter werdenden Bevölkerung brauche es vor allem mehr Hausärzte.
Der angestellte Generalist
Dazu müsse der Allgemeinmedizin gegenüber spezialisierter Medizin im Studium mehr Raum gegeben werden, die Ärzteplanung Generalisten stärker fördern und die Bezahlung der Allgemeinmediziner im Vergleich zu Fachärzten besser werden. Erfreulich sei, dass immer mehr Ärzte angestellt arbeiten, zuletzt mehr als 20.800.
Die Vorgaben, die zu jährlichen Honorarzuwächsen der Ärzte führten, bemängelten die Kassen als völlig unzureichend. Denn in die Bezahlung fließe laut Gesetz auch die steigende Krankheitslast der Bevölkerung ein. Gemessen werde diese aber nur anhand der Diagnosen, die die Ärzte in der Abrechnungsbürokratie selbst angeben. Diese Angaben hätten mit der Realität bei den Patienten aber oft wenig zu tun, wie unerklärliche jährliche Schwankungen zeigten.
Stattdessen sollten als Maßstab unabhängige Daten etwa des Robert Koch-Instituts genommen werden. Der durchschnittliche Praxisüberschuss vor Steuern und Altersvorsorge von 166.000 Euro sei außerdem zu ungleich verteilt: Allgemeinärzte erreichten nur 138.000 Euro.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, warf dem Kassenverband Ablenkung von eigener Untätigkeit und Neidkampagnen vor. Viele Ärzte leisteten Überstunden.