Offener Brief an die WHO

Experten fordern Maßnahmen gegen Übertragung durch Aerosole

pr
Gesellschaft
239 Wissenschaftler aus 32 Ländern und zahlreichen Disziplinen fordern die Weltgesundheitsorganisation WHO in einem offenen Brief auf, die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus über die Luft sehr ernst zu nehmen und ihre COVID-19-Empfehlungen entsprechend anzupassen.

Die Experten appellieren an Ärzte und Verantwortliche im Gesundheitswesen weltweit, die Ansteckungsgefahr mit dem Virus über Aerosole sehr ernst zu nehmen. Das Risiko komme vor allem in überfüllten Räumen mit schlechter Belüftung zum Tragen, erklären sie in einem offenen Brief, der an die Weltgesundheitsorganisation WHO adressiert ist. Die New York Times (NYT) hatte Anfang Juli  darüber berichtet, jetzt haben die Wissenschaftler ihren Brief in Kürze in den Clinical Infectious Diseases veröffentlicht.

Die WHO konzetriert sich auf die Übertragung über große Tropfen

Die Experten führen an, dass die WHO und weitere Public Health Organisationenseit Beginn der Pandemie weltweit vor allem vor der Übertragung des Virus durch größere Tropfen gewarnt hatten, die freigesetzt werden können, wenn eine infizierte Person hustet oder niest. Diese Tropfen sind relativ schwer und fallen rasch zu Boden oder auf Oberflächen. Deshalb wurden Abstandsregeln und häufiges Händewaschen empfohlen.

In ihrem Brief konzentrieren sich die Forscher mit ihren Aussagen nun dagegen auf die Rolle der Aerosole. Zahlreiche Studien haben ihren Aussagen nach bisher zweifelsfrei belegt, dass Viren generell vor allem beim Ausatmen, Sprechen und Husten freigesetzt werden. Denn dabei werden Aerosole ausgestoßen, die in der Luft hängen bleiben und ein Risiko für all diejenigen darstellen, die sich mehr als ein bis zwei Meter von einer infizierten Person entfernt befinden. So wird beispielsweise ein Aerosol von fünf Mikrometern durch die Luft über Dutzende von Metern weitertransportiert – viel weiter als eine normale Raumgröße - und sinkt aus etwa 1,5 Metern Höhe auf dem Boden nieder.

Aerosole werden dagegen vernachlässigt

Laut der Experten ist stark davon auszugehen, das sich SRARS-CoV-2 ähnlich verhält. Mit anderen Worten: Das Coronavirus kann nach Auffassung der Wissenschaftler in winzigen Tropfen in stagnierender Luft überleben und dabei Menschen während des Einatmens infizieren.

Die gegenwärtigen Präventionsempfehlungen zahlreicher nationaler und internationaler Gremien für COVID-19 seien bisher nicht ausreichend, kritisieren die Wissenschaftler. Händewaschen, Abstandsregeln und die Vermeidung von Kontakten mit größeren Tropfen seien zwar angebracht, doch werde die Gefahr von Aerosolen, die von Infizierten in die Luft ausgestoßen werden, unterschätzt. Die Übertragung über den Luftweg sei beispielsweise die einzig plausible Erklärung dafür, weshalb „Superspreader“-Events starke Ausbrüche mit dem Coronavirus auslösen konnten. Die Übertragung über den Luftweg mit feinsten Tröpfchen sei gleichzusetzen mit der Übertragung durch größere Tropfen.

Die Wissenschaftler empfehlen folgende Maßnahmen, um die Risiken der Übertragung durch Aerosole so weit wie möglich zu minimieren:

Eine ausreichende und effektive Belüftung in öffentlichen Gebäuden, an Arbeitsplätzen, Schulen, Krankenhäusern und Seniorenheimen (so weit wie möglich frische Außenluft statt Umluft)

Die Belüftung sollte durch luftgestützte Infektionskontrollen ergänzt werden, so etwa durch hocheffektive Filteranlagen.

Eine Überfüllung in öffentlichen Verkehrsmitteln oder öffentlichen Gebäuden sollte vermieden werden.

Oft reiche es schon aus, Türen und Fenster gleichzeitig zu öffnen, damit die Luft besser zirkulieren kann.

Die Wissenschaftler wollen in ihrem Brief dafür sensibilisieren, dass die Übertragung von COVID-19 über die Luft ein ernstzunehmender Risikofaktor ist und dass die von ihnen empfohlenen Maßnahmen zusätzlich zu bisher empfohlenen Maßnahmen greifen sollten.

Lidia Morawska, Donald K Milton, It is Time to Address Airborne Transmission of COVID-19, Clinical Infectious Diseases, ciaa939,https://doi.org/10.1093/cid/ciaa939

Die Reaktion der WHO

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