Kita-Betreuung - was nun?

sg/dpa
Gesellschaft
Der Countdown läuft. Noch eine Woche, dann ist der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige da: Was Eltern rechtlich zusteht und Anwälte raten.

Was tun, wenn man leer ausgeht? Einklagen? Selber einen Platz suchen und die Kommune zur Kasse bitten? Was haben Eltern als zumutbar zu akzeptieren, bei welchem Angebot dürfen sie Nein sagen, wem steht welcher Betreuungsumfang zu?

Rechtsanwälte raten zum Eilverfahren

Wenn das Kleinkind keinen Platz in einer Kita oder bei einer Tagesmutter bekommen hat, obwohl der Bedarf beim Jugendamt rechtzeitig angemeldet war, kann man vor dem Verwaltungsgericht auf einen Platz klagen. Das kann allerdings lange dauern. Rechtsanwälte raten eher zu einem Eilverfahren, einem "einstweiligen Rechtsschutzantrag". Die Stadt Köln wurde jüngst per Eilentscheid verpflichtet, zwei Kleinkindern ein Angebot zu verschaffen.

"Wir klagen Ihr Kind in die Kita ein!", werben Anwaltskanzleien sehr offensiv. Andere - wie die Düsseldorfer Anwältin Expertin Katharina Eibl - halten es für sinnvoller, selbst initiativ zu werden, das Kind in einer privaten - oft teureren - Einrichtung unterzubringen und die Mehrkosten über ein Schadenersatzverfahren von der Kommunen einzufordern. 

Kita-Platz oder Tagesmutter?

Können Eltern einen Kita-Platz ablehnen, wenn sie ausdrücklich eine Tagesmutter wollen - und andersherum? Im Gesetz steht, dass ein Recht auf Frühförderung in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege besteht. Viele Rechtsanwälte bewerten das ausdrücklich als Entweder-Oder-Wahlrecht. Andere - etwa Thomas Meysen vom Institut für Jugendhilfe und Familienrecht - sagen, man müsse auch die jeweils andere Alternative akzeptieren, wenn nicht beide Varianten zur Verfügung stehen.

Nach Ansicht des Städtetags kann nicht überall gewährleistet werden, dass Eltern unter beiden Formen wählen können. Was sagt die Rechtsprechung?  Bisher hat nur das Verwaltungsgericht Köln in einem Eilentscheid erklärt: Wer einen Kita-Platz will, muss einen Kita-Platz bekommen - wer Tagespflege will, muss Tagespflege bekommen. Die Kommunen beunruhigt das, weil es eine neue Erschwernis bedeuten könnte.

Die unterlegene Stadt Köln legte aber gegen den Entscheid Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster ein. Der Bund geht bei seinen Planungen davon aus, dass zwei Drittel der Plätze in Kitas, ein Drittel in der Tagespflege angeboten werden - und dass bei dieser Verteilung der Bedarf dann nahezu überall gedeckt werden könne. 

30 Minuten Fahrzeit sind zumutbar

Was ist ein zumutbares Angebot in puncto Entfernung?  Bisher gilt eine Fahrzeit von einer halben Stunde als zumutbar. Der Kölner Eilentscheid zieht die Grenze im städtischen Bereich bei einem Radius von fünf Kilometern, aber auch das will die Domstadt nicht hinnehmen. In welchem Umfang haben Eltern Anspruch auf Betreuung? 

Das Angebot soll dem Bedarf der Eltern entsprechen. Ob ein Halbtagsplatz für eine nicht berufstätige Mutter ausreicht oder einer Krankenschwester im Schichtdienst ein Übernachtangebot gemacht werden muss, ist im Streitfall möglicherweise individuell zu klären. Der elterliche Bedarf über einen Halbtagsplatz hinaus muss Meysen zufolge nachgewiesen werden. Wichtig sind die Bedürfnisse des Kindes. Mehr als 45 Wochenstunden für die Kleinsten seien nicht förderlich. 

Wer ist zuständig in den Kommunen? In den Städten läuft die Vergabe häufig zentral über das Jugendamt. Für schwierig halten es manche Kommunen, dass freie oder kirchliche Träger - sie entscheiden autonom über die Vergabe - lediglich melden, wenn sie ein Kind angenommen haben. Auch Mehrfach-Anmeldungen machen das Verfahren unübersichtlich und erschweren aus kommunaler Sicht Aussagen darüber, ob der Bedarf zu Beginn des neuen Kita-Jahres gedeckt werden kann. 

Klagewelle bleibt bisher aus

Zeichnet sich eine Klagewelle ab? Bisher nicht. Beim Verwaltungsgericht Köln sind rund 50 Klagen von Eltern anhängig, die Ablehnungen erhalten haben, einige Klagen melden auch andere Verwaltungsgerichte. Ein Urteil kann keine neuen Plätze schaffen, denn Gruppengrößen und Betreuungsschlüssel sind vorgegeben. Viele Experten rechnen mit Unterversorgung in größeren Städten und daher mit Streitfällen, die aber nicht vor Gericht landen müssten. 

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