Inklusionsbarometer Arbeit 2020

Menschen mit Behinderungen besonders hart von Arbeitslosigkeit betroffen

pr/pm
Gesellschaft
Durch die Corona-Krise sind Menschen mit Behinderung von Arbeitslosigkeit besonders stark betroffen. Die Inklusion habe einen herben Rückschlag erlitten, heißt es in dem neuen Inklusionsbarometer Arbeit 2020.

Derzeit sind 173.709 Menschen mit Behinderung arbeitslos – der höchste Wert seit 2016. Das geht aus dem aktuellen Inklusionsbarometer Arbeit der Aktion Mensch und des Handelsblatt Research Institutes hervor. Demnach lag die Anzahl der arbeitslosen Menschen mit Schwerbehinderung in Deutschland Oktober 2020 um rund 13 Prozent beziehungsweise 20.000 Personen höher als im Vorjahresmonat.

DerStudiezufolge zeigt sich hier eine gravierende Trendwende auf dem Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung. Seit 2013 hatte sich deren Arbeitsmarktsituation fast stetig verbessert. „Doch die rasant negative Entwicklung in diesem Jahr macht in kürzester Zeit die Erfolge der letzten vier Jahre zunichte“ erklärte Prof. Dr. Bert Rürup, Präsident des Handelsblatt Research Institutes. Allein von März bis April habe sich die Zahl arbeitsloser Menschen mit Schwerbehinderung um mehr als 10.000 erhöht.

Menschen mit Behinderung suchen 100 Tage länger nach einer neuen Stelle

Aus der Erhebung geht auch hervor, dass die Zahl der arbeitslosen Menschen mit Behinderung zwar langsamer ansteigt als die allgemeine Arbeitslosenquote, die negativen Folgen der Corona-Pandemie dürften jedoch deutlich länger andauern. „Haben Menschen mit Behinderung ihren Arbeitsplatz erst einmal verloren, finden sie sehr viel schwerer in den ersten Arbeitsmarkt zurück als Menschen ohne Behinderung,“ erläuterte Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch. „Im Durchschnitt suchten arbeitslose Menschen mit Behinderung schon letztes Jahr 100 Tage länger nach einer neuen Stelle als Menschen ohne Behinderung.“

Der Bericht geht auch auf die aktuell problematische Situation der Inklusionsbetriebe ein. Sie beschäftigten einen besonders hohen Anteil von Menschen mit Behinderung. Viele sind in der Gastronomie, Hotellerie und im Catering tätig - Branchen, die in besonderem Maße vom Lockdown im März und dem Teil-Lockdown im November sowie von den andauernden Beschränkungen des Wirtschaftslebens betroffen seien. Als gemeinnützige Unternehmen ohne nennenswerte finanzielle Rücklagen seien sie ökonomisch besonders verwundbar.

Als positiv vermerkt der Bericht, dass der grundsätzliche Trend am Arbeitsmarkt weiterhin intakt ist: Aufgrund der demografischen Entwicklung schrumpfe das Arbeitskräfteangebot. Damit seien auch die Arbeitsmarktaussichten für Menschen mit Behinderung, noch dazu vor dem Hintergrund eines zunehmenden Fachkräftemangels, weiterhin gut. Zudem könnte die beschleunigte Digitalisierung aufgrund der Corona-Pandemie für einen Teil der Menschen mit Behinderung die Arbeitsmarktchan­cen verbessern. Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen könnten bei einer Zunahme der Ho­me-Office-Beschäftigung von der Barrierefreiheit im eigenen Zuhause profitieren.

Von der negativen Arbeitsmarktentwicklung infolge der Corona-Pandemie sind dem Inklusionsbarometer zufolge durchweg alle Bundesländer in Deutschland betroffen. Den höchsten Anstieg an arbeitslosen Menschen mit Behinderung verzeichnen Bayern mit 19,1 Prozent und Hamburg mit 18,9 Prozent. Auch in Baden-Württemberg und Hessen sind die Werte mit 16,4 und 16,2 Prozent im bundesweiten Vergleich besonders hoch (Vergleichszeitraum Oktober 2019 und 2020).

Diese Zahlen zeigen laut Bericht eine Überlagerung der coronabedingten Konjunkturkrise mit der ohnehin anhaltenden Strukturkrise, beispielsweise in der Automobil- und Automobilzulieferungsindustrie. Regionen wie Hamburg seien dagegen stark vom Tourismus geprägt und verzeichneten deshalb in der aktuellen Krise einen großen Verlust von Arbeitsplätzen, von dem auch viele Menschen mit Behinderung betroffen sind.

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