Sicher allein zu Haus

ck/pm
Gesellschaft
Wenn alleinstehende Senioren stürzen, liegen sie oft mehrere Stunden am Boden, bevor ihre missliche Lage entdeckt wird. Ein Sensorsystem erkennt solche Notsituationen automatisch und alarmiert Angehörige, Nachbarn oder Pfleger.

Herr S. ist sehbeeinträchtigt und seit einem Schlaganfall auf einen Gehstock angewiesen. Dennoch möchte der alleinlebende 70-Jährige nicht in ein Heim umziehen. Doch mit dem Alter nehmen nicht nur Herz- und Kreislaufprobleme zu, auch das Sturzrisiko steigt. Schätzungen zufolge stürzen von den zu Hause lebenden über 65-Jährigen etwa 30 Prozent mindestens einmal jährlich. Bei den über 80-Jährigen sind es mehr als 40 Prozent.

Probleme mit dem Funkfinger

Viele der Unfälle passieren bei der täglichen Hausarbeit. Aber auch nachts verunglücken ältere Menschen, die wackelig auf den Beinen sind, häufig. Oft dauert es Stunden, bis den Betroffenen geholfen wird. Einen Hausnotruf, auch Funkfinger genannt, können sie nicht immer auslösen - weil sie das Gerät nicht bei sich tragen, bewusstlos oder verletzt sind.

Zu schnelle Sensoren

Ein solcher Alarm hilft also nur bedingt, ebenso wie am Körper getragene Sensoren. Diese reagieren mitunter schon auf schnelle Handbewegungen und sind daher besonders anfällig für Fehlalarme. Im Boden eingebaute Sensoren erkennen zwar Notfälle, sie lassen sich jedoch nur mit einem hohen baulichen und finanziellen Aufwand installieren.

Wirklich hilfreich wäre ein wartungsfreies System, das Notlagen automatisch erkennt und sich preiswert in jede Wohnung integrieren lässt, ohne den Bewohner in seiner Bewegungsfreiheit einzuschränken. Eine solche Lösung entwickeln derzeit Forscher am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA mit safe@home.

Wie ein Rauchmelder

Sensorboxen, die ähnlich wie Rauchmelder an der Decke installiert werden, registrieren, wenn eine Person stürzt oder Hilfe benötigt. Erkennt eine Box eine Notsituation, so informiert sie die Alarmeinheit in der Wohnung. Dies CareBox ruft unverzüglich Helfer herbei - per Telefon, Handy oder Internet.

Das System arbeitet mit optischen und akustischen Hochleistungssensoren, die Position und Lage einer Person sowie ihre Bewegungen innerhalb eines Raums ermitteln. Anhand dieser Werte erkennt die Technologie binnen Sekunden Stürze und identifiziert Reglosigkeit, wenn es über einen bestimmten Zeitraum keine Bewegungen mehr feststellt. Auch auf Hilferufe reagiert das System.

"Um einen Fehlalarm auszuschließen, wird der Bewohner zunächst von der CareBox angerufen. Eine Computer-Stimme fragt ihn nach seinem Befinden. Indem er antwortet, löscht er den Alarm. Nimmt er den Anruf nicht entgegen, identifiziert safe@home den Notruf als solchen", erklärt Marius Pflüger, Wissenschaftler am IPA in Stuttgart.

So groß wie eine Pralinenschachtel

In diesem Fall werden Angehörige, Nachbarn oder Pflegekräfte informiert. "Die Sensorboxen von der Größe einer Pralinenschachtel arbeiten unauffällig und automatisch. Akkuwechsel, Aktivieren von Hardware - all dies ist nicht erforderlich. Auch die Privatsphäre wird gewahrt, da die Daten direkt im Sensor aus- gewertet und somit weder gespeichert noch übertragen werden müssen", sagt Pflüger.

Seit Mitte 2012 werden Prototypen der Notfallerkennung in sechs Wohnungen in betreuten Anlagen im 24-Stundenbetrieb auf ihre Praxistauglichkeit geprüft. Bislang nehmen die Probanden das System positiv an, sie empfinden die Sensorboxen nicht als störend. Vielmehr erfüllen sie ihr Kernbedürfnis nach Sicherheit. Als nützlich bewerten die Senioren die automatische Alarmüberprüfung.

Am wichtigsten war ihnen, erläutert Pflüger, dass das System in jedem Raum und jeder Alltagssituation zuverlässig funktioniert und in jede Art von Wohnraum integriert werden kann. Auch wünschen die Befragten möglichst wenig Kontakt mit der Technik.

Safe@home soll Ende 2014 marktreif sein. Projektpartner sind die BruderhausDiakonie in Reutlingen sowie die Vitracom GmbH und die Sikom GmbH.

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