Russischer Corona-Impfstoff

Sputnik V: EU-Zulassung erst im Herbst?

pr
Gesellschaft
Werden mit Sputnik V lebende Adenoviren injiziert? Deutsche Allergologen gehen davon aus, dass der russische Corona-Impfstoff in dieser Form vorerst keine EU-Zulassung erhält, doch Bayern drängt.

Frühestens im September wird mit einer Entscheidung über die Zulassung des russischen Impfstoffs Sputnik V in der Europäischen Union gerechnet. Das hatte die Bild am Sonntag (BAMS) am Wochenende berichtet und bezog sich auf Regierungskreise. Der Grund: fehlende Daten.

Söder: "Der Impfmotor darf nicht stottern!"

Währenddessen drängt der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU), ebenfalls in BAMS, auf die schnellere Zulassung durch die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA): „Es darf nicht aus rein ideologischen Gründen getrödelt werden“, zitiert ihn das Blatt. Und: „Der Impfmotor darf nicht stottern.“ Im April wurde bekannt, dass der russische Impfstoff im bayerischen Illertissen produziert werden soll. Außerdem will Bayern 2,5 Millionen Impfdosen kaufen.

Weltweit ist Sputnik in etwa in 70 Ländern im Einsatz

Die EMA hatte Anfang März ein Prüfverfahren für Sputnik V im Rahmen eines Rolling Review begonnen. Dabei werden Testergebnisse für den Impfstoff bereits geprüft, auch wenn noch nicht alle Daten vorliegen und bei der EMA noch kein Zulassungsantrag gestellt wurde. Weltweit ist der Impfstoff bereits in etwa in 70 Ländern im Einsatz. Bisher setzt Ungarn als einziges EU-Land Sputnik V ein, auf Basis von nationalen Zulassungen und ohne Zulassung der EMA und per Lieferungen aus Russland.

Der russische Impfstoff steht in der Öffentlichkeit weiter in der Diskussion. Vor einigen Wochen wurde bekannt, dass die Slowakei 200.000 Dosen nicht verimpfen wird. Erst hatte die slowakische Arzneimittelbehörde in Bratislava erklärt, dass das Gelieferte nicht mit dem offiziell in der Fachzeitschrift „Lancet“ präsentierten Impfstoff übereinstimmte. Dann forderte die russische Seite die Lieferung zurück, weil die Slowakei gegen Vertragsbestimmungen verstoßen habe.

Brasilien fand in Proben vermehrungsfähige Viren

In Brasilien hat sich die dortige Gesundheitsbehörde Sputnik V jetzt klar gegen eine Zulassung ausgesprochen. Die Behörde hatte Presseberichten zufolge in Proben vermehrungsfähige Viren gefunden, die als Träger fungieren, und die eigentlich deaktiviert sein sollten.

Die Behörde hatte festgestellt, dass der Vektor Ad5 – ein Adenovirus – nicht inaktiviert gewesen und damit wie ein lebendes Virus vermehrungsfähig war. Damit würde man mit einer Sputnik-V-Impfung lebende Adenoviren injizieren. Zwar handelte es sich dabei nur um reguläre Erkältungsviren, doch aus Vorsorge habe man sich dazu entschieden, den Impfstoff nicht zu empfehlen, hieß es von brasilianischer Seite.

Der Ärzteverband Deutscher Allergologen hat dazu eine Studie veröffentlicht (DOI: 10.1055/a-1509-8916 ). Das Fazit der Autoren: Sollte sich die Replikationsfähigkeit für den Vektor Ad5 in Sputnik V in weiteren unabhängigen Untersuchungen bestätigen, gehen sie davon aus, dass der Impfstoff in dieser Form in der EU nicht zulassungsfähig wäre.

Wirksamkeitsverlustund Vertrauensverlust

Hierbei könne diskutiert werden, ob es sich um ein Problem in der Impfstoffentwicklung und/oder der Herstellung handelt. Die Vermehrungsfähigkeit der Ad5-Adenoviren sei klinisch in erster Linie für bestimmte Patientengruppen ein Problem (immunsupprimierte und ältere Patienten, Patienten mit Vorerkrankungen und Schwangere).

Entscheidender könnte nach Meinung der Autoren der Wirksamkeitsverlust in der Impfwirkung gegen SARS-COV-2 sein, vor allem aber der Vertrauensverlust in einen vielversprechenden Impfstoff, der in diesem Fall nicht den angegebenen Spezifikationen entsprechen würde.

L. Klimek, A. M. Chaker, M. Cuevas, S. Becker, COVID-19-Impfungen: Replizierend oder Nichtreplizierend? – Der Vektor in Sputnik-V, in: Laryngorhinootologie, DOI: 10.1055/a-1509-8916

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