Zusammen ist man weniger allein

eb/dpa
Gesellschaft
Ruth Wolf geht es wie vielen älteren Menschen. Es ist ruhig um sie geworden. Ihre Lebenspartner und viele ihrer Freunde sind gestorben. Das Projekt Duo hat ihr eine neue Freundin beschert.

Ruth Wolf ist eine fröhliche, gesellige Frau. In ihrer Etagenwohnung in Braunschweig zeugen zahlreiche Fotos davon, dass ihr Menschen sehr wichtig sind. Mit Freunden wandern, spielen und feiern - das hat ihr immer Spaß gemacht. Doch es ist ruhig um sie geworden. "Mein Mann ist schon 2002 gestorben, im Februar nun auch mein Lebenspartner. Auch viele Freunde und Nachbarn sind schon tot", sagt die 87-Jährige.

Wie gut, dass es Brigitte Wenzel gibt. Die 68 Jahre alte ehemalige Lehrerin hat sich von der Stadt Braunschweig zur ehrenamtlichen Seniorenbegleiterin ausbilden lassen und besucht Ruth Wolf nun einmal in der Woche. 

Jemandem Zeit schenken

"Mir war es wichtig, dass ich durch mein ehrenamtliches Engagement niemandem Arbeit wegnehme", betont Brigitte Wenzel, die nach einigen Jahren als Pensionärin etwas Sinnvolles tun wollte. "Ich nehme mir Zeit, die ich jemand anderem schenke", umschreibt sie ihre Rolle. 

Auch Angela Grunwald vom Braunschweiger Seniorenbüro ist es wichtig zu verdeutlichen, dass das Duo-Projekt, so der landesweite Name, keine Lücken in der Altenbetreuung stopfen soll: "Die Kursteilnehmer sollen keine Pflege übernehmen, nicht die Wohnung putzen und auch nicht regelmäßig einkaufen", betont die Projektleiterin. "Es geht darum, Gesellschaft zu leisten, ein offenes Ohr zu haben", sagt Grunwald. "Es handelt sich bei Duo um ergänzende Freiwilligen-Angebote zu professionellen Dienstleistungen", erklärt auch Staatssekretär Jörg Röhmann (SPD) aus dem niedersächsischen Sozialministerium. 

"Ich wollte nicht so viel allein sein"

Ruth Wolf, die als Schneiderin und später als Verkäuferin auch beruflich viele Kontakte hatte, war bei der Lektüre der Lokalzeitung auf das Projekt gestoßen. Ihre erwachsenen Enkelkinder und ihr Sohn besuchen sie zwar auch oft. Doch die Verwandten seien in ihren Jobs stark eingespannt, erzählt die agile 87-Jährige voller Verständnis. "So viel allein wollte ich aber auch nicht sein." 

In 58 Unterrichtsstunden werden die Seniorenbegleiter von den Kommunen vorbereitet. "Eine Ergotherapeutin erklärt etwa für einen Spaziergang den richtigen Umgang mit einem Rollator oder einem Rollstuhl", berichtet Angela Grunwald vom Braunschweiger Seniorenbüro. Meist gehe es in der Vorbereitung um Kommunikation. "Jeder bringt seine eigene Geschichte mit, und manchmal muss das Eis erst gebrochen werden", sagt die Projektleiterin. 

Kaffee, Kuchen und Brettspiele

Die Seniorenbegleitung ist ein landesweites Projekt, das im Jahr 2005 in Hannover gestartet ist. Mittlerweile werden die ehrenamtlichen Begleiter flächendeckend von 48 Seniorenbüros in ganz Niedersachsen vermittelt. Das Angebot richtet sich an ältere Menschen, die wie Ruth Wolf noch in ihren eigenen vier Wänden leben. 

Brigitte Wenzel und Ruth Wolf sind in den vergangenen Monaten Freundinnen geworden. Bei Kaffee und Kuchen plaudern sie und spielen gern Brettspiele. Manchmal gehen sie ein wenig spazieren, manchmal fahren sie mit dem Bus in die Innenstadt zu einem Bummel oder besuchen eine Ausstellung. Ansprüche stellt keine von beiden an die andere, sie genießen einfach nur die gemeinsame Zeit.

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