Medizin

Bei Dysmorphophobie keine Schönheits-OP

sp/pm
Nachrichten
Rund zehn Prozent aller Frauen und Männer lassen ihr Gesicht entsprechend ihrer ästhetischen Vorstellung korrigieren. Kieferchirurgen warnen vor ästhetisch-chirurgischen Eingriffen bei Patienten mit Dysmorphophobie.

Fast zehn Prozent der Frauen und Männer in Deutschland haben sich in den vergangenen Jahren einem ästhetisch-chirurgischen Eingriff im Gesicht unterzogen, mehr als zehn Prozent planen künftig eine solche OP. Die meisten Patienten wollen mit einer Gesichtskorrektur Körper und Geist in Einklang bringen. Doch kann die moderne MKG-Chirurgie dies leisten? Dies fragten sich die Teilnehmer der Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) an diesem Wochenende in München.

Ein neues Gesicht passend zum Selbstbild

Auf den ersten Blick scheint es bei der Ästhetischen Gesichtschirurgie um bloße Äußerlichkeiten zu gehen. „Auf den zweiten Blick nehmen wir eine Ebene wahr, auf der unsere Operationen zum guten Selbstbild der Patientinnen und Patienten beitragen, zu ihrer Kommunikationsfähigkeit und sozialen Integration“, berichtet  Prof. Dr. Dr. Hans-Robert Metelmann von der Universitätsmedizin Greifswald aus seinem Klinikalltag.

„Und wenn man noch länger hinschaut, dann stehen wir mit der Ästhetischen Gesichtschirurgie auf dem Boden unserer abendländischen Kultur und Philosophie, wo der Begriff Kosmos zugleich Schmuck und geordnete Welt bedeutet, und wo sich der Gedanke der Harmonie entwickelt hat, die für Schön und Gut zugleich steht.“

Die feine Bildung des Gesichtes

Dieses Grundverständnis und eine Erwartung, dass die „feine Bildung“, wie sie Goethe verwendet, zugleich einen Erziehungsstand und die Gesichtszüge beschreibt, wurde bis zur Gegenwart beibehalten. Ästhetische MKG-Chirurgie kümmert sich bis heute um die „feine Bildung des Gesichtes“, und man geht wie selbstverständlich davon aus, dass sich Geist und Körper entsprechen. „Diese Erwartung und dieses Ziel sind sehr oft viel zu hoch gesteckt. Damit findet eine Reihe von Misserfolgen in der Ästhetischen Chirurgie ihre philosophische Begründung“, bilanziert Metelmann.

"Ich bin der Hass

Absehbar sind diese Misserfolge bei Menschen, die sich mit einem unangemessenen Behandlungswunsch unter das Messer begeben: „Hässlich, ich bin so hässlich, ich bin der Hass …“ - die Liederzeile der Gruppe DÖF aus den 1980ern ist für viele Realität. Diese Menschen halten sich rein subjektiv gesehen für extrem hässlich und leiden unter der Überzeugung, dass bei ihnen ein schwerer ästhetischer Mangel besteht. Sie tragen das subjektive Gefühl von Hässlichkeit mit sich, obwohl objektiv keine oder allenfalls kleine ästhetische Auffälligkeiten bestehen.

„Bei diesen Patienten, sie leiden unter dem psychiatrischen Bild einer Dysmorphophobie und bilden in der ästhetisch-chirurgischen Sprechstunde fünf bis zehn Prozent des Klientels, geht das Schön und Gut, wie wir uns unser Gesicht wünschen, ins Leere“, sagt Metelmann. Denn selbst nach einer objektiv noch so gelungenen Operation werden an Dysmorphophobie leidende Patienten weiterhin unter dem eingebildeten Makel leiden oder ihn auf eine andere Gesichts- oder Körperregion übertragen.

Daher rät die DGMKG ihren Mitgliedern, im Beratungsgespräch die tatsächlichen Ursachen und Gründe für den Wunsch nach einer ästhetischen Gesichtskorrektur genau zu hinterfragen. Besteht der Verdacht auf Dysmorphophobie, ist von einer ästhetisch motivierten OP dringend abzuraten.

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