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Engpässe bei Metronidazol

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Das Standardantibiotikum Metronidazol, eingesetzt zur Behandlung von schweren Parodontitiserkrankungen, ist vielfach nicht mehr verfügbar, klagen Apotheker. Der Grund sind Schwierigkeiten bei der Wirkstoffbeschaffung, sagen die Hersteller.

Momentan gibt es Probleme bei der Lieferfähigkeit von Metronidazol, berichtet die Deutsche Apotheker Zeitung (DAZ), offenbar haben einige Hersteller Probleme bei der Wirkstoffbeschaffung des Antibiotikums.

Metronidazol wird von vielen Generikaherstellern angeboten, darunter Aristo, Aliud/Stada, Ratiopharm/AbZ, Hexal/1A und Heumann. Derzeit scheint kein Produkt über den Großhandel verfügbar zu sein, wie die DAZ berichtet.

Liefersituation ab März vermutlich wieder entspannter

Stada räumt Rohstoffprobleme eines Lieferanten ein und gibt an, die Liefersituation werde sich voraussichtlich erst Mitte des Jahres wieder entspannen. Auch bei Hexal wird wegen Produktionsschwierigkeiten für die Packung à 14 Stück und 400 mg kein Nachschub vor Ende April erwartet. Für die größere Packung mit 20 Stück kann die Firma derzeit keinen Liefertermin nennen.

Ebenfalls derzeit nicht lieferfähig ist Ratiopharm. Der Hersteller geht davon aus, dass vermutlich Ende Februar beziehungsweise Anfang März wieder Ware zur Verfügung stehen wird. Von Aristo liegen keine Informationen zur Lieferfähigkeit vor - ebenso bei Heumann.

Fazit: Die Apotheker werden vermutlich noch eine Weile mit Lieferengpässen zu kämpfen haben. Dramatisch wird die Situation allem  Anschein nach derzeit aber nicht, da Metronidazol deutlich seltener verordnet wird als andere Antibiotika. So wurden 2014 zum Beispiel von Amoxicillin rund 84,4 Millionen Tagesdosen verschrieben - von Metronidazol dagegen nur etwa drei Millionen.

Metronidazol gehört zur Gruppe der Nitroimidazole und wird zur Behandlung von bakteriellen Infektionen vor allem im Mund- und Kieferbereich und im Hals-Nasen-Ohren-Bereich eingesetzt. Ferner wird es auch bei Knochen- und Gelenks- sowie Beinvenenentzündungen und bei Herzinfektionen verwendet. Zudem kann der Wirkstoff bei Operationen im Magen-Darm-Bereich sowie an den weiblichen Geschlechtsorganen einer Infektion vorbeugen.

Lieferengpass ist kein Einzelfall

Das Bundesinstitut für Arzneimittel (BfArM) listet aktuell 22 Wirkstoffe auf, bei denen Lieferengpässe bestehen. Seit Weihnachten gibt es zum Beispiel massive Probleme mit Piperacillin, ein verbreitetes Antibiotikum, das gegen Klinikkeime eingesetzt wird.

Der Hersteller-Verband Pro Generika macht für die Probleme den Kostendruck verantwortlich. Die Folge seien globale Konzentrationsprozesse, wie eine heute veröffentlichte Studie der Unternehmensberatung Roland Berger zeigt: So gibt es bei Piperacillin nur noch zwei große Hersteller, die in China sitzen und nahezu den gesamten globalen Bedarf für diesen Wirkstoff decken. Als es in einer der chinesischen Fabriken vor Weihnachten zu einer Explosion kam, brach ein wesentlicher Teil der Produktionskette zusammen.

Laut Studie sind die "sehr hohen Investitions- und Produktionskosten und das sehr niedrige Preisniveau für Antibiotika in Deutschland" dafür verantwortlich, dass Antibiotika nicht in Deutschland beziehungsweise der EU produziert werden. Insgesamt gebe es eine sehr hohe Abhängigkeit der Antibiotikaversorgung vor allem von Herstellern in China, die bereits "wesentliche Teile der gesamten Weltmarktproduktion auf sich vereinigten".

"Wir hängen am Tropf Chinas"

Dr. Markus Leyck Dieken, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Pro Generika und Geschäftsführer von Teva/ratiopharm, stellt dazu fest: „Der Weg zu einer Stärkung der heimischen Antibiotikaproduktion ist alles andere als trivial. Die aktuellen Engpässe bei Antibiotika müssen aber dennoch ein Weckruf sein. Die Ergebnisse der Studie zeigen klar auf, wie sehr die Antibiotikaversorgung in Deutschland bereits am Tropf Chinas hängt."

Pro Generika fordert die Politik zum Handeln auf: „Mit dem Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) hat die Politik noch die Option, erste konkrete Schritte gegen Engpässe einzuleiten. So muss die Verantwortung für Versorgung auf mehrere Schultern verteilt werden. Die generelle Mehrfachvergabe bei Generikarabattverträgen ist hier das Mittel der Wahl und leicht im Gesetz zu verankern."

Die Studie "Ergebnisbericht Sicherheit der Antibiotikaversorgung in Deutschland: Ist "Made in EU" eine realistische Option?" von Roland Berger finden Siehier.

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