Medizin

Fett-Weg per Knopfdruck

sp/pm
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Forscher der Unis Bonn und Regensburg haben an Mäusen eine Art "Kippschalter“ entschlüsselt, der es ermöglicht, weißes in braunes Körperfett zu "verwandeln". Um es dann abzubauen.

Viele Menschen in den Industrienationen kämpfen mit Übergewicht - doch Fett ist nicht gleich Fett. Im „Hüftgold“ stecken vor allem lästige weiße Fettzellen, die das Zuviel an Nahrung speichern. Genau umgekehrt wirken dagegen braune Fettzellen, die als erwünschte „Heizaggregate“ des Körpers überschüssige Energie verbrennen.

Ade Hüftgold

Wissenschaftler der Universität Bonn um Prof. Dr. Alexander Pfeifer, Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie, erforschen seit Jahren am Tiermodell, wie sich das unerwünschte weiße Fett in braunes umwandeln lässt. "Damit können möglicherweise überflüssige Pfunde einfach abgeschmolzen und Fettleibigkeit bekämpft werden“, sagt Pfeifer.Kippschalter kurbelt die Fettverbrennung an

Die Forscher haben nun an Mäusen eine Art Kippschalter entschlüsselt, der für die "Bräunung“ der weißen Fettzellen wichtig ist. Wenn der Genregulator Micro-RNA 155 an einen bestimmten Transkriptionsfaktor bindet, wird die Umwandlung von weißen in braune Fettzellen unterbunden.

Gewinnt dagegen der Transkriptionsfaktor die Oberhand, wird braunes Fett vermehrt produziert und dadurch die Fettverbrennung im Körper angekurbelt. Micro-RNAs befinden sich im Erbgut der Zellen und regulieren sehr schnell und effizient die Aktivität von Genen. Die Transkriptionsfaktoren sind dagegen dafür zuständig, dass die Befehle im Erbgut des Zellkerns abgeholt und umgesetzt werden.

Bei Knockout-Mäusen war das Gen stumm

Die Forscher der Universität Bonn und ihre Kollegen vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie von der Universität Regensburg arbeiteten mit sogenannten transgenen und Knockout-Mäusen, bei denen das Gen für Micro-RNA 155 entweder vermehrt gebildet wurde oder stummgeschaltet war.

"Der Mechanismus wurde bereits in Gang gesetzt, wenn die Micro-RNA 155 in den Mäusen lediglich halbiert war“, berichtet Erstautor Yong Chen, Doktorand bei Pfeifer. Die Mäuse verfügten dann über deutlich mehr braune Fettzellen als die Kontrollgruppe - und hatten sogar weiße in braune Fettzellen umgewandelt.

Die Gegenspieler zu den braunen Fettzellen

Die Mikro-RNA fungiert als Gegenspieler zu den braunen Fettzellen. "Solange ausreichend von der Mikro-RNA 155 vorhanden ist, wird die Produktion der braunen Fettzellen blockiert“, sagt Chen.

Erst wenn ein bestimmtes Maß unterschritten wird, löst sich diese Bremse, der Bauplan für das braune Fett kann von der Zelle ausgelesen und umgesetzt werden - die erwünschten Fettverbrenner können sich entwickeln. Diese Erkenntnisse helfen den Wissenschaftlern, die Ursachen von Fettstoffwechselerkrankungen besser zu verstehen.Hoffnung auf neue Therapien gegen FettleibigkeitDie Wissenschaftler der Bonner Universität sehen in ihren Resultaten einen potenziellen Ansatzpunkt für Medikamente gegen Fettleibigkeit. Sie haben Hinweise darauf, dass sich die Ergebnisse womöglich von der Maus auf den Menschen übertragen lassen.

So fanden zum Beispiel Leipziger Forscher in stark übergewichtigen Patienten erhöhte Mengen an Mikro-RNA 155. Das deckt sich mit den Erkenntnissen aus den Tiermodellen: Viel Mikro-RNA 155 geht mit geringerer Fettverbrennung einher. „Wir befinden uns jedoch noch im Stadium der Grundlagenforschung“, sagt Prof. Pfeifer. Der Weg zu geeigneten Medikamenten sei noch weit.Quelle: miR-155 regulates differentiation of brown and beige adipocytes via a bistable circuit, Nature Communications, DOI: 10.1038/ncomms2742

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