Medizin

Hormonzusätze in Kosmetika

ck/dpa
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Duschgel, Zahnpasta, Rasierschaum oder Lippenstift: Fast ein Drittel der Körperpflegeprodukte in Deutschland enthält nach einer neuen Studie von Umweltschützern hormonell wirksame Stoffe.

Der Zusatz dieser Chemikalien sei zwar legal, sie stünden aber im Verdacht, die Fruchtbarkeit zu herabzusetzen oder die Pubertät früher beginnen zu lassen, teilte der Bund für Umwelt und Naturschutz (Bund) mit.

Für die Studie wertete der Bund die Angaben zu Inhaltsstoffen von mehr als 60.000 Körperpflegeprodukten aus. Untersucht wurden auch Sonnencremes, Haarfärbemittel, Haargels, Handcremes und Bodylotions.

Die Kosmetika wurden dabei auf 15 bestimmte Chemikalien gescannt. Dazu gehören Stoffe wie Ethylhexyl Methoxycinnamate oder 4-Methylbenzylidene Camphor, die zum Beispiel in UV-Filtern von Sonnencremes vorkommen. Andere Chemikalien sind in Haarfärbemitteln, Hautpflege- oder Hautschutzmitteln enthalten. Für diese Substanzen sei in Tierversuchen eine hohe hormonelle Wirksamkeit im Körper dokumentiert, begründen die Umweltschützer ihre Auswahl. 

Die großen Marken sind besonders belastet

Naturkosmetik sei in der Regel nicht mit den untersuchten Stoffen belastet, heißt es in der Studie.  Dagegen schneiden vor allem die Marktführer bei dem Check schlecht ab. "Bei den großen Marken ist knapp die Hälfte der Produkte betroffen", sagte der Leiter der Untersuchung, Jurek Vengels.

Am stärksten verbreitet seien sogenannte Parabene. Sie sollen Kosmetika vor Verderb schützen, werden aber von Wissenschaftlern kontrovers bewertet. So warnt der Toxikologe Thomas Platzek vom Berliner Bundesinstitut für Risikobewertung vor einer generellen Diskriminierung bestimmter Substanzen. Seiner Einschätzung nach haben sich etwa Methyl- und Ethylparaben als sicher erwiesen.

In Lebensmitteln erlaubt, in Kosmetika umstritten

"Diese Stoffe sind auch in Lebensmitteln enthalten", sagt Platzek. Andere seien allerdings umstritten. "Auf EU-Ebene wird diskutiert, die Grenzwerte von Propyl- und Butylparaben um die Hälfte abzusenken", ergänzt Platzek. In Dänemark sind sie bereits verboten. 

Das Bundesverbraucherschutzministerium argumentiert, dass viele Kosmetika importiert würden. Ein nationaler Alleingang sei bei Verboten deshalb wenig hilfreich. Man dränge auf EU-Ebene jedoch auf Beschränkungen bei Parabenen und stütze wissenschaftliche Empfehlungen, Propyl- und Butylparaben etwa in Produkten für die Babypflege zu verbieten. Die zuständigen Gremien würden sich derzeit noch beraten. 

Der Cocktail wird nicht berücksichtigt

Der Bund bemängelt, dass gegenwärtige Risikobewertungen lediglich für einzelne Stoffe gelten. "Der Cocktail, der sich durch die Verwendung verschiedener Kosmetika im Körper ergibt, wird nicht berücksichtigt", sagte Bund-Expertin Sarah Häuser. Hinzu komme, dass auch Kunststoffe hormonähnliche Wirkungen hätten. Viele Kosmetika sind darin verpackt. 

Das Bundesinstitut für Risikobewertung hält dagegen. "Der menschliche Körper ist gewöhnt, mit hormonell wirksamen Stoffen umzugehen", sagt Platzek. Bei Kosmetika spiele vor allem die Paraben-Konzentration eine Rolle. Darüber gebe die Bund-Untersuchung aber keinen Aufschluss. 

Die Umweltschützer wollen die Verbraucher selbst entscheiden lassen. Eine neue Smartphone-App soll Interessierten künftig helfen, möglicherweise bedenkliche Produkte zu erkennen. Die Deutschen geben laut Bund im Jahr rund 12,9 Milliarden Euro für Körperpflege- und Kosmetikprodukte aus.

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