Medizin

Weniger Keime durch Kupfer

sp/pm
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Nosokomiale Infekte auf Intensivstationen können um 58 Prozent gesenkt werden, wenn kupferhaltige Oberflächen verwendet werden. Das beweist eine aktuelle Studie der University of South Carolina.

In Europa erkrankt jeder 14. Patient im Krankenhaus an einer nosokomialen Infektion. Insgesamt 147.000 Menschen sterben pro Jahr daran. Wie die Studie belegt, reduzieren antimikrobielle Kupferwerkstoffe dauerhaft die Keimbelastung  und können dadurch die Infektionsrate minimieren. Denn Kupfer ist das einzige Material, das nachhaltig Mikroorganismen inaktiviert.

Die Studie wurde auf Intensivstationen von drei großen US-amerikanischen Krankenhäusern durchgeführt: Beteiligt waren die Medical University of South Carolina, das Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York City und das Ralph H. Johnson Veterans Affairs Medical Center in Charleston, South Carolina.

Mit der Frage nach Senkung der Keimbelastung durch Nutzung von Kupferlegierungen im Krankenzimmer schloss die Studie an internationale Forschungen aus Deutschland, Japan, Chile und Großbritannien an. Als deutsche Referenz galt die Asklepios Klinik Wandsbek.

Massive Kupferlegierungen als Alternative

"Massive Kupferlegierungen bieten eine Alternative, um die wachsende Zahl von nosokomialen Infektionen zu reduzieren, ohne dass es zu einem Mehraufwand für das Pflegepersonal und die Putzkräfte kommt", erklärt Prof. Dr. Michael Schmidt, Mitautor der Studie und stellvertretender Leiter der Abteilung für Mikrobiologie und PresseinformationImmunologie an der Medical University of South Carolina.

Schmidt: "Aufgrund der kontinuierlichen und dauerhaften antimikrobiellen Wirkung von Kupfer lässt sich zeigen, dass eine Vermehrung von Krankheitserregern auf diesen Flächen signifikant verringert ist. Die Nutzung von Kupfer bietet deshalb ein sichereres Umfeld insbesondere für bereits geschwächte Patienten." 

Um die Wirksamkeit der massiven Kupferlegierungen in Bezug auf die Rate nosokomialer Infektionen bestimmen zu können, wurden häufig berührte Oberflächen mit antimikrobiellen Kupfer-Äquivalenten ersetzt. Für die Studie wurden Intensivstationen ausgewählt, da die hier behandelten Patienten ein insgesamt höheres Risiko an Infektionen aufweisen. Gründe hierfür sind die Schwere ihrer Erkrankung, die vielfach invasiven Verfahren und nicht zuletzt der häufig enge Kontakt mit dem Pflegepersonal.

Die Patienten wurden randomisiert und in Zimmer mit oder ohne antimikrobielle Kupfer-Oberflächen aufgeteilt, um die Rate der nosokomialen Infektionen vergleichen zu können. An der Studie nahmen zwischen Juli 2010 und Juni 2011 insgesamt 650 Patienten teil, die in 16 Zimmern (acht mit Kupfer ausgestattete und acht Standardzimmer) betreut wurden.

Türgriff, Klingelknopf, Haltestange und Co.

Unter den Ausstattungsgegenständen, die entweder aus Kupferwerkstoffen waren oder zur Serienausstattung zählten, waren Bettgriffe und -gitter, Beistelltische, Infusionsständer, Klingelknöpfe sowie Türbeschläge. Das Reinigungsverhalten war in den Studien- und Standardzimmern gleich.

Die ersten Ergebnisse zeigten bereits, dass antimikrobielle Kupferlegierungen die Keimbelastung durchschnittlich um 83 Prozent über einen Zeitraum von 21 Monaten reduzieren. Hierbei verglich die Studie der Keimbelastung von Berührungsflächen mit und ohne Kupfer während der aktiven Patientenversorgung sowie zwischen der routinemäßigen Reinigung und Desinfektion.

Zwei bedeutsame Antibiotika-resistente Keime, wie der Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) und der Vancomycin-resistene Enterococcus (VRE) waren viel weniger auf Kupferoberflächen nachzuweisen.

Im Ergebnis entwickelten 46 Patienten eine nosokomiale Infektion, darunter 26 Patienten mit einer Kolonisation durch MRSA oder VRE. Bei Patienten, die in Zimmern mit Gegenständen aus antimikrobiellen Kupferlegierungen untergebracht waren, konnte die Rate der nosokomialen Infektionen um 58 Prozent gegenüber denjenigen Patienten in "Nicht-Kupferzimmern" gesenkt werden.

Das Verhältnis von Patienten, die nosokomiale Infektionen und/oder eine Kolonisation mit MRSA oder VRE entwickelten, war unter Patienten in Zimmern mit Kupferoberflächen (7,1 Prozent) im Vergleich zu Patienten in traditionellen Zimmern (12,3 Prozent) bedeutend niedriger. Das Verhältnis von Patienten, die nosokomiale Infektionen entwickelten, war unter denen in Kupferzimmern (3,4 Prozent) im Vergleich zu denen in normalen Zimmern (8,1 Prozent) weniger als halb so hoch.

Synergieeffekte mindern Kosten

"Patienten, die an nosokomialen Erkrankungen leiden, bleiben länger im Krankenhaus, verursachen höhere Behandlungskosten und weisen eine höhere Sterbewahrscheinlichkeit durch Hospitalisierung auf", so Dr. Kassandra D. Salgado, Leiterin der Studie und Assistant Professor an der Medical University of South Carolina. "Unsere Studie hat ergeben, dass die Ausstattung von Kontaktflächen mit antimikrobiellen Werkstoffen einen zusätzlichen Beitrag bei der Infektionsbekämpfung auf Intensivstationen darstellt. Zum einen konnten nosokomiale Infektionen eingedämmt, zum anderen auch die Kolonisation mit resistenten Erregern reduziert werden."

Antimikrobielle Kupferoberflächen im Krankenhaussektor sind daher eine wichtige ergänzende Maßnahme zu der Vier-Säulen-Strategie des Robert Koch-Instituts. Erste Referenzprojekte mit dem erweiterten Präventionsansatz und der Schaffung von Synergieeffekten im Hygienemanagement finden sich an Kliniken in Berlin, Hamburg, Hagen, Velbert und Apolda.

Warum Bakterien auf Kupfer zugrundegehen

Warum Bakterien auf Kupferoberflächen sterben, konnte zum Großteil jüngst von Biochemikern der Universität Bern gemeinsam mit Materialforschern der Universität des Saarlandes enträtselt werden.

In Laborversuchen bewies das Team, dass die Bakterien nur dann verenden, wenn diese in direktem Kontakt mit der Kupferoberfläche stehen. Einzelne Kupferionen in einer Flüssigkeit reichen dafür oft nicht aus. Im Labor wurde eine Kupferplatte mit einer dünnen Kunststoffschicht überzogen.

Mit pulsierenden Laserstrahlen schossen die Materialforscher winzige Löcher in diese Schicht und erzeugten so ein wabenartiges Muster. Die Löcher waren mit einem halben Mikrometer, einem Millionstel Meter, kleiner als der Durchmesser der Bakterien.

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