Medizin

Wie Ärzte den Darmkrebs bekämpfen

ck/pm
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Darmkrebs ist ein heimtückischer Krebs. Der Onkologe Prof. Dirk Arnold aus Freiburg berichtet, mit welchen Therapien Mediziner den bösartigen Tumoren den Garaus machen.

Wie sieht die Behandlung von Darmkrebs heute aus?

Die Behandlung von Darmkrebs richtet sich nach dem Stadium der Erkrankung. Im Frühstadium (Stadium I) wird die betroffene Darmschleimhaut und eventuell die darunter liegende Muskelschicht operativ entfernt. Bei einem ausgedehnteren Befall in den Stadien II und III, der sich aber noch auf den Darm beschränkt, können das befallene Gewebe und die darunter liegenden befallenen Strukturen wie Lymphknoten und Teile des Bauchfells oder Organe operativ entfernt werden. Diese chirurgische Entfernung hat weiterhin die Heilung zum Ziel. Falls ein erhöhtes Rückfallrisiko besteht, kann unter Umständen eine anschließende „vorbeugende“ Chemotherapie nötig sein.

Bei Krebs im Enddarm (Mastdarmkrebs oder Rektumkarzinom) wird vor oder nach der Operation, je nach Ausdehnung, auch eine Strahlen(chemo)therapie nötig sein. Eine regelmäßige Nachsorge ist immer erforderlich. Wenn zusätzlich zum Entstehungsherd im Darm noch Absiedlungen (Metastasen) in anderen Organen - meist Leber oder Lunge - auftreten, liegt Stadium IV vor.

Zu einer Operation kommt es in diesem Fall nur, wenn die betroffenen Bereiche ohne zu großes Risiko für den Patienten entfernt werden können. Diese Patienten erhalten zu Beginn eine intensive Chemotherapie, meist in Kombination mit einer zielgerichteten Therapie, die verschiedene Wachstumsmechanismen des Tumors hemmt.

Gebräuchlich ist auch die Kombination mehrerer Substanzen. Damit versucht man, den Krebs und die Metastasen so zu verkleinern, dass die Krankheit als „chronische Tumorerkrankung“ möglichst lange ohne Beschwerden verläuft. Bei manchen Patienten besteht sogar das Ziel, die Metastasengröße so zu verringern, dass eine Operation der Metastasen möglich ist - und für wenige Patienten ist mit diesem kombinierten Vorgehen sogar in diesem metastasierten Stadium die Heilung möglich.

Welche Patienten mit Darmkrebs haben Aussicht auf Heilung?

Solange der Krebsherd sehr begrenzt auf die Darmschleimhaut ist und mit den umliegenden Strukturen operativ zu entfernen ist (Stadium I), liegt die Heilungsrate bei über 90 Prozent. Auch deshalb ist die Früherkennung so wichtig - neben den Krebs-Vorstufen, die dabei entfernt werden, können gerade auch sehr frühe Stadien der Krebserkrankung erkannt werden.

Je früher man existierende Krebserkrankungen erkennt, desto besser sind die Heilungschancen. Bei ausgedehnterem Befall ohne Metastasen (Stadien II-III) hängen die Heilungschancen davon ab, ob der Krebsherd operativ vollständig entfernt werden kann und wie hoch das Rückfallrisiko ist. Zur Einschätzung der Heilungsaussichten gibt man die Fünfjahres-Überlebensrate mit 33 bis 71 Prozent an. Diese besagt, wie viele Patienten voraussichtlich nach fünf Jahren noch am Leben sind.

Wenn eine metastasierte Darmkrebserkrankung vorliegt und umliegende Organe von Metastasen befallen sind (Stadium IV), ist eine Heilung heute leider noch die Ausnahme. Die Forschung untersucht jedoch neue Therapieansätze, die zukünftig eine immer bessere Versorgung ermöglichen werden.

Patienten mit fortgeschrittenem Darmkrebs erhalten sehr oft Kombinationen von Chemotherapien mit zielgerichteten Medikamenten. Was bewirken diese Arzneimittel?

Können bei fortgeschrittenem Darmkrebs der Tumor und die vorhandenen Metastasen nicht operativ entfernt werden, wird durch eine Therapie mit modernen, zielgerichteten Medikamenten in Kombination mit einer Chemotherapie versucht, die Metastasen zu verkleinern und letztendlich eine vollständige Entfernung des Tumors zu ermöglichen.

Im weit fortgeschrittenen Stadium der Krebserkrankung mit multiplen Metastasen, die sich nicht entfernen lassen, ist das Therapieziel die Verlängerung des Überlebens - aber genauso wichtig ist die Linderung der Symptome bei bestmöglichem Erhalt der Lebensqualität.  

Welche Chance bedeuten Chemotherapien in Kombination mit zielgerichteten Medikamenten für den Patienten und worauf muss er sich einstellen?

Die Behandlung von Darmkrebs im Endstadium ist trotz verbesserter Prognose und durch die effektive Kombination von Chemotherapien mit zielgerichteten Medikamenten eine Herausforderung. Die meisten dieser Medikamente greifen an einem oder mehreren Signalwegen im Tumorstoffwechsel an. Durch die Blockade von Signalwegen in der Krebszelle wird verhindert, dass sich zum Beispiel Tumorzellen teilen und die Tumore wachsen lassen.

Ein anderes sehr erfolgreiches Therapiekonzept beruht darauf, dass verhindert wird, dass neue Blutgefäße entstehen, die der Tumor für sein Wachstum benötigt. Die kombinierte Therapie ist jedoch auch mit Nebenwirkungen verbunden. Dazu gehören beispielsweise Hautausschlag, Müdigkeit und (schmerzhafte) Schwellungen von Händen und Füßen. Wichtig ist, dass Patienten dann umgehend ihren Arzt informieren, damit er diese unerwünschten Wirkungen frühzeitig behandeln kann.

Was ist für Patienten nach der Diagnose Darmkrebs besonders wichtig? Worauf sollten sie im Alltag achten?

Für den Patienten ist es wichtig, den Alltag so normal wie möglich zu gestalten. Oft ist eine Krebserkrankung mit einer mentalen Belastung verbunden, die zu Selbstzweifeln und Sinnkrisen führen kann. Schwäche- und Erschöpfungszustände sind zudem häufig eine direkt mit der Behandlung in Verbindung stehende Folge.

Wenn Patienten mit Darmkrebs sich schwertun, über ihre Krankheit zu sprechen, ist das häufig eine Schutzreaktion gegen die Übermacht der eigenen Angst. Hier ist besonderes Einfühlungsvermögen von Familienangehörigen und Freunden gefragt. Diese sollten Anteilnahme zeigen, aber nicht darauf drängen, alles auszusprechen. Meist kommt irgendwann im Lauf der Krankheit doch der Zeitpunkt, an dem Patienten sich mitteilen.

Prof. Dr. Dirk Arnold ist Ärztlicher Direktor der Klinik für Internistische Onkologie an der Klinik für Tumorbiologie Freiburg und Mitglied in nationalen und internationalen Fachgesellschaften. Sein Hauptinteresse gilt der Entwicklung moderner Behandlungskonzepte und optimierter Behandlungsstrukturen.

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