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Zugang zu Medikamenten divergiert extrem

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Mitglieder des Deutschen Ethikrates und Referenten diskutierten im Rahmen der Reihe "Forum Bioethik“ über die Frage: "Menschenrecht auf Gesundheit und Patentschutz - ein Widerspruch?“

Welche Verantwortung tragen Industrie, Wissenschaft und Staaten für die Gesundheitsversorgung für die Menschen in den Entwicklungs- und Schwellenländern? Bei dieser Frage spiele der Patentschutz von Medikamenten eine beispielhafte Rolle, lautete ein Ergebnis.

Patentschutz: Impuls oder Bremse?

Einerseits solle der Patentschutz Anreize für die Entwicklung von Innovationen setzen, andererseits stehe er aber unter dem Verdacht, den Zugang zu diesen Innovationen zu blockieren und Menschen von wesentlicher Gesundheitsversorgung abzuschneiden.

Der Zugang zu essenziellen Medikamenten sei zwar ein Menschenrecht. In der Praxis gäbe es jedoch große Defizite. Wenngleich das Problem von allen Seiten - auch von Pharmaunternehmen - akzeptiert sei, befasse sich nur zehn Prozent der Forschung mit 90 Prozent der Gesundheitsprobleme weltweit.

Internationales Übereinkommen ist bindend

Völkerrechtler Holger Hestermeyer vom Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg sagte, das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums regele den Patentschutz auf internationaler Ebene und sei für alle Mitgliedstaaten der Welthandelsorganisation bindend. Es entfalte damit unmittelbare materielle Wirkung für die Staaten und Unternehmen. Demgegenüber sei das im UN-Sozialpakt verbriefte Menschenrecht auf Gesundheit für den Staat ein Auftrag, aber für den Bürger nicht einklagbar.

Gesundheitswissenschaftler Albrecht Jahn von der Universität Heidelberg meinte, das Patentrecht habe nicht dazu geführt, dass die Industrie ihre hohen Profite in die Forschung an neuen Medikamenten investiert. Um nachhaltig eine bessere Versorgung zu gewährleisten, sollten die Kosten für Forschung und Entwicklung von den Medikamentenpreisen entkoppelt werden.

Budget für die Erforschung und Bereitstellung wichtiger Medikamente

Diesen Gedanken unterstrich auch die Philosophin Corinna Mieth von der Ruhr-Universität Bochum. Patentschutz lasse sich ethisch zwar rechtfertigen, doch wenn es in einzelnen Bereichen bessere Alternativen gebe, um Menschen in Not zu helfen, ohne die Interessen der Industrie übermäßig zu verletzen, dann gebe es eine moralische Verpflichtung, diese zu verfolgen. Infrage kämen Modelle, die die Staaten verpflichteten, einen Teil ihrer Budgets für die Erforschung und Bereitstellung wichtiger Medikamente für vernachlässigte Erkrankungen zur Verfügung zu stellen.

Als weiteren Vorschlag nannte Mieth den Health Impact Fund. Demnach könnten Regierungen in einen globalen Fonds 0,3 Prozent bis ein Prozent ihres BIP einzahlen. Wenn dies nur die reichsten Länder tun würden, ergäben sich bereits sechs Milliarden US-Dollar. Wichtig sei stets auch der Druck der Zivilgesellschaft, die Änderungen herbeizuführen.

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