Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft

Führt eine Bürgerversicherung zu mehr Solidarität?

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Die Bürgerversicherung zielt darauf ab, das Solidaritätsprinzip zu stärken, indem sie die bisher Ausgeschlossenen aufnimmt und, so ihre Befürworter, die Lasten "gerechter" verteilt. Aber geht die Gleichung auf?

Führt eine Bürgerversicherung wirklich zu mehr Solidarität? Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hat das Prinzip jetzt untersucht.

37 Prozent der Ausgaben werden per Umverteilung finanziert

Demnach leisten aktuell vier von zehn gesetzlich Versicherten einen Solidaritätsbeitrag, indem sie mehr einzahlen als der Durchschnitt ihres Alters und Geschlechts. Sechs von zehn Versicherten profitieren vom Solidaritätsprinzip, weil sie einen entsprechend geringeren Beitrag entrichten. Laut IW werden insgesamt knapp 37 Prozent der GKV-Ausgaben durch diese solidarische Umverteilung finanziert.

Die Bürgerversicherung will das Solidaritätsprinzip stärken, indem sie die bisher Ausgeschlossenen mit einbezieht. Würde die GKV in ihrer jetzigen Form auf die gesamte Bevölkerung ausgedehnt, könnte der Beitragssatz den IW-Berechnungen zufolge um 0,8 bis 1,0 Prozentpunkte gesenkt und damit die gesetzlich Versicherten dauerhaft entlastet werden.

Das Problem ist: Die Kostentreiber bleiben

Demografischer Wandel, medizinisch-technischer Fortschritt und Fehlanreize treiben die Gesundheitsausgaben jedoch weiterhin deutlich über die allgemeinen Lebenshaltungskosten hinaus in die Höhe, stellen die Autoren fest: "Vor diesem Hintergrund würde die GKV-Beitragsquote bereits nach etwa sechs Jahren wieder das heutige Niveau erreichen - mit weiter steigender Tendenz." Trotz der veränderten Querschnittsverteilung der Belastung wäre die Erhöhung des Solidaritätseffekts also nicht von langer Dauer.

In einer Bürgerversicherung würde der Anteil der Nettobeitragszahler, die zum ermäßigten Beitragssatz einzahlen, danach auch nur geringfügig steigen, und der Anteil der durch Umverteilung finanzierten GKV-Ausgaben kaum das Niveau des heutigen Systems erreichen.

Hat das Solidaritätsprinzip überhaupt noch Gültigkeit?

Dies wirft für die Autoren die Frage auf, ob das Solidaritätsprinzip überhaupt noch gerechtfertigt ist. Eine Begrenzung der umlagefinanzierten Leistungsansprüche in der GKV und deren Ergänzung durch kapitalgedeckte Elemente würde ihrer Ansicht nach dagegen helfen, die solidarische Umverteilung auf eine generationengerechte Basis zu stellen.

Beznoska, Martin  / Pimpertz, Jochen / Stockhausen, Maximilian, 2021, Führt eine Bürgerversicherung zu mehr Solidarität? Eine Vermessung des Solidaritätsprinzips in der gesetzlichen Krankenversicherung, IW-Analysen, Nr. 143, Köln

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