Corona-Krise

KBV präsentiert medizinische Exit-Strategie

silv
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat eine Exitstrategie aus medizinischer Sicht vorgestellt. Im Fokus stehen die Separierung der Patienten, eine gezielte Testung sowie der Schutz von Risikogruppen und des medizinischen Personals.

Derzeit werden 6 von 7 Corona-Patienten ambulant behandelt und damit die Kliniken entlastet. Die Praxen, sagte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen auf einer Online-Pressekonferenz, seien leerer als zuvor. Krankenhäuser hätten Kurzarbeit angemeldet. „Die Welle ist aber ausgeblieben." Deshalb sei es nicht tragbar, den Regelbetrieb länger einzustellen. Schritt für Schritt soll die Exit-Strategie ausgeführt werden.

1. Verdächtige oder infizierte Patienten sollen getrennt werden

Patienten, bei denen der Verdacht oder eine tatsächliche COVID-19-Erkrankung vorliegt, sollen so weit wie möglich von allen übrigen Patienten getrennt werden – dies ist seit Wochen die empfohlene Strategie der KBV. Bei der Umsetzung sollen auch Corona-Schwerpunktpraxen, Infekt-Ambulanzen und zusätzliche Coronavirus-Infektionssprechstunden bei Hausärzten helfen. „Die Bereitstellung von ausreichenden Mengen persönlicher Schutzausrüstung aller für die auf die Versorgung von COVID-19-Patienten ausgerichteten Praxen und Einrichtungen ist zwingend erforderlich“, so Gassen.

2. Vulnerable Gruppen rücken in den Mittelpunkt

Darüber hinaus soll ein Schwerpunkt auf primär zu schützende Bevölkerungsgruppen gelegt werden.  „Wir müssen uns fragen, wie man mit Risikogruppen umgeht. Im Grunde gilt für sie nichts anderes als für vulnerable Gruppen zum Beispiel bei einer Influenzawelle gilt. Ich muss mir der Gefahr gewahr sein und mich mit Kenntnis der Risiken draußen entsprechend verhalten“, sagte Gassen, „Man muss älteren Menschen das Recht zugestehen, zu entscheiden, welchen Risiken sie sich aussetzen wollen. Pauschal lässt sich das nicht sagen.“ Bei allen von der KBV vorgeschlagenen Maßnahmen gehe es darum, die Stabilität des Gesundheitssystems und die Sicherstellung der medizinischen Versorgung langfristig zu sichern.

3. Gezielte Tests sind das Gebot der Stunde

In den kommenden Wochen sind aus Sicht Gassens gezielte Tests wichtig. „Es gibt unverändert den Ruf nach Ausweitung der Testkapazitäten auf etwa 500.000 pro Tag. Das erscheint, zumindest in nächster Zeit, unrealistisch“, schätzte der KBV-Chef.  „Massentests machen in der aktuellen Situation keinen Sinn. Aber Patienten mit COVID-19-Symptomen sollen zeitnah getestet werden. Zudem kann man vorsorglich Menschen testen, die sich in stationärer Pflege oder in Altenheimen befinden.“, sagt er. Testzahlen beliebig auszuweiten sei „sicher nicht möglich“. Gassen: „Labore haben ihre Tätigkeit bis an die Belastungsgrenzen gesteigert. Die Labore fahren auf Sicht.“

Eine Beschleunigung der Informationswege wäre möglich, indem Labore die Testergebnisse umgehend an das RKI weiterleiteten. „Wir sind diesbezüglich bereits in Abstimmungsgesprächen.“ So könne man die Behandlungspfade engmaschig dokumentieren. Antikörpertest seien allerdings kein geeigneter Baustein im modularen Shutdown-Abbau: „Sie sind schlicht nicht in der benötigten Menge verfügbar und können nur eine durchgemachte Infektion nachweisen. Deshalb sind Antikörpertests aktuell noch nicht relevant.“

4. Medizinisches Personal gezielt testen

Bei einer Lockerung der Kontaktbeschränkungen sei es notwendig, neben den Risikogruppen auch die Beschäftigten im Gesundheitswesen gezielt zu testen, betonte Gassen.

„Eine Exit-Strategie ist alternativlos“, bilanzierte Gassen. Schritt für Schritt solle das Land wieder in ein halbwegs normales Leben geführt werden: „Wir müssen dabei das Gesundheitssystem stabilisieren und eine Regelversorgung hinbekommen. Die hat in den vergangenen Wochen massiv gelitten, zum Teil durch Anweisungen, zum Teil durch Ängste der Bevölkerung. Das hat dazu geführt, dass man die Krankenhäuser quasi geleert hat.“ Der Rückkehr zur weitgehend normalen Regelversorgung sieht Gassen nicht in Konkurrenz zum Umstand, dass für den Ernstfall auch weiterhin Intensivbetten bereitstehen müssen. „Das muss nicht die Vorhaltung von Intensivbetten kompromittieren.“

Nicht unvorsichtig werden!

Gassen warnte eindringlich davor, bezüglich Sicherheitsvorkehrungen unvorsichtig zu werden: „Das wäre fatal. Die Sicherheitsmaßnahmen sind natürlich auch weiterhin einzuhalten, hier ist noch ein großer Lernprozess zu absolvieren. Hygieneregeln sollten ein selbstverständlicher Teil des Sozialverhaltens sein. Man konnte in der Vergangenheit mitunter beobachten, dass das bei vielen Menschen leider nicht so ist. Insofern könnte es ein positiver Aspekt der Krise sein, wenn die Hygieneregeln auch in Zukunft gewahrt bleiben.“ Er mahnte: „Das Bewusstsein des Einzelnen ist ganz entscheiden, damit wir alle zurück ins normale Leben kommen können.“

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