Urteil

Beweislast für Negativbewertungen liegt bei jameda

ck/pm
Praxis
Das Landgericht München hat jameda unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro dazu verurteilt, die Bewertung eines Zahnarztes hinsichtlich der Überschrift "nicht zu empfehlen" und den Noten 5 in den Kategorien "Behandlung" und "Vertrauensverhältnis" nicht mehr zu veröffentlichen.

Die Bewertung war zusammen mit einem Text veröffentlicht worden, in dem behauptet wurde, dass der Zahnarzt dem Bewertenden eine zu hohe und zu runde Krone eingesetzt habe. Tatsächlich gab es in der Praxis des Klägers jedoch weder einen Fall, bei dem eine Krone zu hoch oder zu rund angefertigt wurde, noch hatte sich jemand über eine an­geblich zu hohe oder zu runde Krone beschwert.

Der Zahnarzt geht deshalb davon aus, dass der Mann niemals bei ihm in Behandlung war, und forderte jameda unter Hinweis hierauf zur Löschung der Bewertung auf. Jameda lehnte dies ab, weil der vermeintliche Patient seine Schilderungen auf Nachfrage bestätigt habe.

Der Beweis: eine geschwärzte E-Mail

Als „Beweis“ wurde dem Kläger eine nahezu komplett geschwärzte E-Mail vorgelegt. Eine konkretere Darlegungen lehnte das Portal ab und verwies auf den Schutz des Bewertenden. Dieser Auffassung erteilte das Landgericht München nun eine deutliche Absage. Danach reicht eine bloße Bestätigung des Bewertenden nicht aus, um abträgliche Schilderungen als wahr zu unterstellen.

Das Urteil: Nicht nur die Schilderungen - alle damit zusammenhängenden Noten dürfen nicht mehr veröffentlicht werden

Die Beweislast für solche Schilderungen liegt vielmehr bei jameda - und zwar dergestalt, dass im Falle des Nicht-Beweises nicht nur die Schilderungen selbst, sondern auch alle hiermit zusammenhängenden bewertenden Formulierungen und Noten nicht mehr veröffentlicht werden dürfen.

In letzterem Punkt geht das Urteil des Landgerichts München laut Anwalt Carsten Brennecke deutlich weiter als die Entscheidung des OLG München aus Oktober 2014, in der die Unzulässigkeit einer Benotung unter dem Aspekt des „Stehens und Fallens“ mit einer Falschbehauptung – soweit ersichtlich – erstmals angenommen wurde, wobei die Unrichtigkeit der damaligen Falschbehauptung vom damaligen Kläger anders als im vorliegenden Fall positiv hatte nachgewiesen werden können (OLG München, Beschluss vom 14. Oktober 2014, Az.: 18 W 1933/14).

Brennecke von der Kanzlei Höcker vertrat gemeinsam mit seiner Kollegin Dr. Anja Wilkat beide Fälle vor Gericht und hat diese - so Brennecke -  "Grundsatz­entscheidung" erstritten. „Künftig dürften für eine Beweisführung eindeutige Belege eines Behandlungskontakts nötig sein beziehungs­weise müssen Name und Adresse des Zeugen benannt werden und muss dieser vor Gericht erscheinen, um seine Aussage zu bestätigen. So sieht es auch die Zivilprozess­ordnung vor", erläutert Brennecke.

Wilkat ergänzt: "Wer Negativbehauptungen über andere veröffentlichen will, muss deren Richtigkeit beweisen können. Dass das Landgericht München I nun noch einen Schritt weiter geht und auch schlechte Noten für unzulässig hält, wenn jameda deren tatsächliche Grundlage nicht beweisen kann, ist nur folgerichtig.“

"Kein bahnbrechendes Grundsatzurteil", sagt jameda

Bei Jameda reagierte man gelassen auf das Urteil: Verhandelt worden sei ein „recht alter Fall aus dem Jahr 2014“ - noch vor dem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem vergangenen Jahr, das die Prüfpflicht von Bewertungsportalen verschärfte, sagte Florian Weiß, Geschäftsführer von jameda. In einer schriftlichen Mitteilung heißt es: "Da sich der Fall auf eine Bewertung und Beanstandung aus dem Jahr 2014 und damit auf einen veralteten Prüfprozess bezieht, bevor die Anforderungen durch das BGH-Urteil vom 1. März 2016 konkretisiert und entsprechend von jameda umgesetzt wurden, hätte der Rechtstreit keinerlei Auswirkungen auf das aktuelle Vorgehen bei Bewertungsprüfungen gehabt, so dass jameda darauf verzichtete, den Fall weiter zu verfolgen, und sich zur Unterlassung der konkreten Bewertung verpflichtete. Daraufhin erklärte der Zahnarzt den Rechtsstreit für erledigt und es kam nicht mehr zu einer Sachentscheidung durch das OLG."

"Es ist erstaunlich, dass die Kanzlei Höcker, Ärzten einen solch alten Fall, der sich auf einen längst überholten und aktualisierten Prüfprozess bezieht, als eine Art 'bahnbrechendes Grundsatzurteil' verkauft, obgleich er keinerlei Implikationen für die aktuelle Praxis der Prüfung von Bewertungen hat", sagt Weiß.

Landgericht München IAz.: 25 O 1870/15, nicht rechtskräftigUrteil vom 3. März 2017

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