SARS-CoV-2 in Aerosolen

Niedrige Leuchtfeuchtigkeit begünstigt Virusausbreitung in Räumen

LL
Praxis
Die Ausbreitung von SARS-CoV-2 über Aerosole in Innenräumen wird offenbar stark von der Luftfeuchtigkeit beeinflusst. Das schließt ein Forscherteam aus Leipzig und New Delhi.

Je näher Herbst und Grippesaison rücken, desto drängender wird die Frage nach der Raumluftqualität, um eine Ausbreitung von SARS-CoV-2 in den Innenräumen möglichst zu unterbinden.

Welchen Einfluss die Luftfeuchtigkeit auf die Virusverbreitung über Aerosole in Innenräumen haben kann, untersuchten Forscher am Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) in Leipzig und im CSIR-National Physical Laboratory in New Delhi. Bereits seit Jahren beschäftigen sich die Wissenschaftler  mit den physikalischen Eigenschaften von Aerosol-Partikeln.

Trockene Luft fördert die Virusausbreitung

Das deutsch-indische Forscherteam wertete im Zuge der Untersuchung auch die Ergebnisse von zehn internationalen Studien zwischen 2007 und 2020 zum Zusammenhang von Luftfeuchtigkeit und SARS-CoV-1, MERS und SARS-CoV-2. Dabei stellten sie die relative Luftfeuchtigkeit zwischen 40 und 60 Prozent als den Wert fest, der die Ausbreitung und die Aufnahme der SARS-CoV-2-Viren über die Nasenschleimhäute am ehesten verringern kann.

Denn je höher die Luftfeuchtigkeit, umso mehr Wasser bleibt auch an den Partikeln hängen und lässt sie wachsen. Sie werden schwerer, sinken dadurch schneller und können sich weniger verbreiten. Umgekehrt lässt eine trockene Raumluft mit weniger Luftfeuchtigkeit die Tröpfchen und Aerosole schneller austrocknen. Und trotzdem scheinen die Corona-Viren weiter überlebensfähig zu sein.

„Liegt die relative Luftfeuchtigkeit der Raumluft unter 40 Prozent, dann nehmen die von Infizierten ausgestoßenen Partikel weniger Wasser auf, bleiben leichter, fliegen weiter durch den Raum und werden eher von Gesunden eingeatmet. Außerdem werden bei trockener Luft auch die Nasenschleimhäute in unseren Nasen trockener und durchlässiger für Viren“, erklärt Dr. Ajit Ahlawat vom TROPOS. 

Bei höherer Luftfeuchte verändert sich die Oberfläche der Partikel

Die Luftfeuchte entscheidet, wieviel Wasser ein Partikel binden kann. Bei höherer Luftfeuchte verändert sich die Oberfläche der Partikel stark: Es bildet sich eine Art Wasserblase – ein Mini-Ökosystem mit chemischen Reaktionen.

Gerade dort, wo der Mindestabstand nicht gut eingehalten werden kann, verbreitet sich das neuartige Corona-Virus leicht, wie Fälle von Chorproben und auf Schlachthöfen zeigen. Die Ansteckung durch Tröpfchen erfolgt hier einfach. Aber Aerosole werden in Mengen produziert und verteilen sich über die Luft. Da sie wesentlich leichter und kleiner sind als die Tröpfchen, schweben sie bis zu neun Minuten durch die Luft. Nur eine Maske und der regelmäßige Luftaustausch können dagegen schützen.

Wissenschaftler fordern Standards für die Raumluft

Die Wissenschaftler plädieren aufgrund ihrer Erkenntnisse dafür, neben dem Maskentragen und Abstandhalten auch Standards für die Raumluft und deren Feuchtigkeit in öffentlichen Räumen, wie dem Nahverkehr, Großraumbüros und Krankenhäuser festzulegen.

„Eine Luftfeuchtigkeit von mindestens 40 Prozent in öffentlichen Gebäuden und im Nahverkehr würde daher nicht nur die Auswirkungen von COVID-19 reduzieren, sondern auch die von anderen Viruserkrankungen wie beispielsweise der saisonalen Grippe. Die Behörden sollten den Faktor Luftfeuchtigkeit in künftigen Richtlinien für Innenräume einarbeiten“, fordert Dr. Sumit Kumar Mishra vom CSIR-National Physical Laboratory in New Delhi.

Ahlawat, A., Wiedensohler, A. and Mishra, S.K. (2020). An Overview on the Role of Relative Humidity in Airborne Transmission of SARS-CoV-2 in Indoor Environments. Aerosol Air Qual. Res. 20: 1856–1861. doi.org/10.4209/aaqr.2020.06.030DOI: 10.4209/aaqr.2020.06.0302

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