100 Jahre Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe

„Mund auf" im Corona-Jahr

silv/pr
Zahnmedizin
Normalerweise kommen rund 1.000 geladene Gäste zum Vortrag "Mund auf" der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe. In diesem Jahr war alles anders, die Veranstaltung fand im Kammertheater Karlsruhe und im Kongresszentrum vor leeren Zuschauerrängen statt und wurde online live gestreamt.

Ein lokaler TV-Sender übertrug die Veranstaltung, die online 66.000 Mal angeklickt wurde.  

Prof. Dr. Winfried Walther, Direktor der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe, gegenüber zm-online: „Es war anders geplant, wir wollten zusammen mit der Vertreterversammlung der Bundeszahnärztekammer das 100-jährige Bestehen feiern, aber wegen Corona war eine Präsenzveranstaltung nicht möglich. Der Karlsruher Vortrag und der Konferenzteil wurden deshalb online angeboten. Im Konferenzteil hatten wir 15 Referenten, davon waren sechs vor Ort, die anderen wurden von zu Hause aus zugeschaltet. Technisch hat alles gut geklappt.“

Die Gründung selbst war sehr klein und bescheiden

Walther zieht am Endes des Jubiläumsjahres Bilanz: „Es war für die Akademie eine sehr interessante Erfahrung, sich mit der Geschichte zu beschäftigen, auch, um die eigene Institution besser zu verstehen. Ich habe sehr viel gelernt, von dem ich überrascht war. Zum Beispiel davon, dass die Gründung selbst sehr klein und bescheiden war, darüber wussten wir vorher gar nichts - wir haben es über öffentliche Archive recherchiert.“

Zur geschätzten Tradition gehört seit 1983 in jedem Jahr der Karlsruher Vortrag „Mund auf“. Mit ihm wird die ursprüngliche Idee des öffentlichen Diskurses bewahrt: Reden und Zuhören, Nachdenken und Antworten in der direkten Begegnung mit einer Persönlichkeit.

Carla Del Ponte war zu Gast, ebenso Ralf Dahrendorf und Mohamed ElBaradei

In den vergangenen Jahren sprachen unter anderem die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs Carla Del Ponte, der UN-Atomwaffeninspekteur Mohamed el-Baradei, die Witwe von Anwar as-Sadat, Jehan Sadat, der einstige österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der Soziologe Ralf Dahrendorf und die kenianische Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maatha. In diesem Jahr hielt Prof. Dr. Stephan Harbarth, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, die „Mund auf“-Rede: „Drei Jahrzehnte Wiedervereinigung unter dem Grundgesetz – Was hält unser Land zusammen?“

Harbarth: „Das Grundgesetz ist die beste Verfassung, die wir in Deutschland je hatten. Es ist eine Verfassung der freiheitlichen Demokratie, die es insbesondere in Zeiten zu verteidigen gilt, in denen die freiheitliche Demokratie in vielen Ländern der Welt unter Druck gerät.“ Er mahnte: „Ohne Recht gibt es keine Freiheit.“ 

Sein Vater war einer der letzten Dentisten am Institut

Die Feier wurde von Dr. Torsten Tomppert, Präsident der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, eröffnet. Er zeichnete in seiner Rede einen kurzen Überblick zur Institutsgeschichte und erzählte von seinem Vater, der als einer der letzten Dentisten die Ausbildung am Karlsruher Institut abgeschlossen hat. Den Erfolg der Akademie sieht er in der Trias aus Fortbildung, Behandlung und Wissenschaft begründet. Diese Trias sei die Basis dafür, dass Zahnärzte ihre Patienten innovativ und nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen behandeln könnten, so Tomppert.

Auch der Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe, Dr. Frank Mentrup, gehörte zu den Festrednern. Er dankte für den Mut, den Karlsruher Vortrag mit dem mehrdeutigen Begriff „Mund auf“ den derzeitigen Rahmenbedingungen anzupassen und somit die Geschichte des Karlsruher Vortrags fort zuschreiben.

"Karlsruhe und Zahnmedizin - das hat von Anfang an gut zusammengepasst"

Mentrup: „Karlsruhe und Zahnmedizin - das hat von Anfang an gut zusammengepasst. Das Dentistische Institut und seit 1960 die Akademie profitiert vom Ambiente einer weltoffenen, studentisch geprägten Großstadt, in der wissenschaftliches Arbeiten schon immer ein herausragendes Charakteristikum waren. Die Stadt Karlsruhe profitiert vom Renommee der Zahnärztlichen Akademie.“

 Walther erzählte von den Wendungen und Neuanfängen, die der Karlsruher Vortrag in den vergangenen 37 Jahren erfahren hat. Der Vortrag habe zwei essentielle Dimensionen: Erstens die Begegnung, das bedeute, Gemeinschaft erleben, und zweitens die Reflexion über Herausforderungen, vor der alle stehen. Die erste Dimension sei in diesem Jahr leider nicht möglich, aber der zweiten Dimension, nämlich dem Zuhören und Nachdenken, könnten sich alle Zuhörer stellen.

Auch die BZÄK gratuliert

Dr. Peter Engel, Präsident der Bundeszahnärztekammer, in seinem vorab übermittelten Grußwort: „Die 100-jährige Geschichte der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe erzählt auch die wechselvolle Geschichte der Zahnmedizin in Deutschland – von den Anfängen der Dentisten über die Aufwertung zum vollwertigen medizinischen Fachbereich bis zur heutigen Vorreiterrolle in Sachen Prävention und – wie die Zahnärzte in der aktuellen Corona-Lage bewiesen haben – auch in Sachen Hygiene."

Mit der Kombination aus Schulung, Behandlung und Wissenschaft werde die Akademie ihrem eigenen Anspruch, Fortbildung auf höchstem und modernstem Niveau zu bieten mehr als gereicht. "Sie gehört damit zu den angesehensten Einrichtungen in Deutschland.“

Walther scheidet demnächst aus dem Amt, er sieht dies mit einer Mischung aus „Erleichterung und Wehmut“ und der Erkenntnis, dass nun Zeit für Jüngere sei. Zum 1. Februar 2021 übernimmt Daniel Hellmann als neuer Direktor die Akademie. Dieser versicherte, dass es den Karlsruher Vortrag auch in Zukunft geben werde – im nächsten Jahr hoffentlich wieder „sorgenfreier und von Angesicht zu Angesicht“.

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