Chinesische Studie

Zahnschmelz regenerierbar, aber ...

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Zahnmedizin
Chinesische Forscher haben ein Gel entwickelt, dass die Regeneration von Zahnschmelz ermöglicht. Leider ist die Lösung toxisch und müsste dazu selbst bei einem nur 1 Millimeter tiefen Schmelzdefekt 357 Mal aufgetragen werden ...

Chinesische Forscher haben versucht, mithilfe eines Materials, das Kalziumphosphat-Ionen-Cluster enthält, die härteste Struktur im Körper - den Zahnschmelz - zu regenerieren.

Zahnschmelz besteht zu 96 Gewichtsprozent aus anorganischen Verbindungen, die dicht gepackt sind und dem Biomaterial seine Härte und Widerstandkraft verleihen. Ausgereifter Zahnschmelz ist azellulär und hat somit keine Kapazität, sich nach Schäden, zum Beispiel durch kariöse Läsionen oder Erosion, selbst zu regenerieren.

Größte Herausforderung: die Herstellung einer exakten Kopie der Apatit-Kristalle

Die Forscher sahen bei der künstlichen Nachbildung des Zahnschmelzes die größte Herausforderung in der stabilen und naturgetreuen Anordnung der Apatit-Kristalle, um durch eine exakte Kopie auch die mechanischen Eigenschaften des natürlichen Zahnschmelzes zu erhalten.

Sie entwickelten daher ein neues Material in Gelform, das eine Art Vorläuferschicht erzeugen soll, um eine optimale Ausrichtung der Apatit-Kristalle zu induzieren und damit das natürliche Vorbild so gut wie möglich zu imitieren. Die Kalziumphosphationencluster wurden hier durch Triethylamine (TEA) stabilisiert.

Im Rasterelektronenmikroskop (REM) konnte nach dem Auftragen des Gels ein kontinuierlicher, ununterbrochener Verbund von natürlichem und künstlichem Zahnschmelz sowie eine epitaxiale Ausrichtung der Apatit-Kristalle festgestellt werden. Die natürliche, charakteristische fischschuppenartige Struktur der natürlichen Schmelzkristalle konnte soweit imitiert werden, dass die Grenze zwischen künstlichem und natürlichem Schmelz im REM nicht mehr auszumachen war.

Die Autoren bewerten das neu entwickelte Gel als möglichen dauerhaften Reparaturmechanismus für Schmelzdefekte. Allerdings liegt die maximal erreichbare Schichtdicke gemäß den aktuellen Studienergebnissen bei 2,8 μm. Der Vorgang könne beliebig wiederholt werden, so Shao et al. [2019].

357 Wiederholungen? Keine angenehme Prozedur!

Wenn man der Einfachheit halber von einem lediglich 1 mm tiefen Schmelzdefekt ausgeht, müsste der Prozess demnach 357 Mal wiederholt werden, um schließlich eine vollständige Defektfüllung zu erreichen. Beileibe keine angenehme Prozedur – weder für den Behandler noch für den Patienten.

Als weitere Einschränkung räumen die Autoren ein, dass Triethylamine das Risiko einer Toxizität bergen, wobei der täglich tolerierbare Grenzwert bei 62,5 mg/Tag liege. In einem beschriebenen Experiment wurden 100 μl der Kalziumphosphat-Ionen-Cluster-Ethanol Lösung für eine Schmelzschicht verwendet.

Noch dazu toxisch für den Patienten

Geht man erneut von einer Schichtdicke von 1 mm aus, so müssten bei 357-maliger Wiederholung 35,7 ml der Lösung verwendet werden, was bei einer Triethylamine Menge von 2mg/ml einer Gesamtmenge von 71,4 mg entspricht. Das Legen der Füllung würde also nicht nur mehrere Stunden bis Tage dauern, sondern wäre überdies noch toxisch für den Patienten.

Dennoch sind die Studienergebnisse durchaus interessant und wir dürfen gespannt sein, ob den Forschern eine Weiterentwicklung des Verfahrens hin zu einer praxistauglichen Therapie gelingt.

Shao C, Jin B, Mu Z, Lu H, Zhao Y, Wu Z, Yan L, Zhang Z, Zhou Y, Pan H, Liu Z, Tang R (2019). Repair of tooth enamel by a biomimetic mineralization frontier ensuring epitaxial growth. Science Advances, 5(8), eaaw9569.

 

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