HIV-Infektionen

Veränderungen der Mundhöhle richtig deuten

Die Initialsymptome einer HIV-Infektion sind unspezifisch, so dass zunächst oft nicht an diese Erkrankung gedacht wird. Doch die Zahlen steigen – auch aufgrund der Flüchtlingskrise, in einigen Herkunftsländern ist HIV besonders häufig. Die hohen Flüchtlingszahlen könnten sich in steigenden HIV-Zahlen spiegeln. Für den Zahnarzt gilt es, die orale Zeichen einer HIV-Erkrankung zu erkennen.

In Deutschland leben rund 80.000 Menschen mit HIV. Die Zahlen des Robert Koch-Instituts für die Jahre 2011 bis 2014 zeigen einen kontinuierlichen Anstieg der Neu-Infektionen von circa zehn Prozent pro Jahr (siehe Grafik). Diese betreffen nicht nur Risikogruppen. HIV ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Rate an nicht-diagnostizierten HIV-Infektionen dürfte bei rund 30 Prozent liegen.

Generell eher unspezifische Symptome

Die Symptome der Primär-HIV-Infektion sind sehr unspezifisch. Im Vordergrund stehen Fieber, Müdigkeit, ein Exanthem und eine Myalgie. Seltener sind eine Pharyngitis, Lymphknotenschwellungen, Arthralgien, orale Ulzera, Gewichtsverlust, Nachtschweiß, Diarrhoe und eine orale Candidiasis. Das Symptombild ähnelt einer verlängerten Grippe. In circa 18 Prozent verläuft die Primärinfektion sogar vollständig asymptomatisch. Eine sofortige Testung empfiehlt sich immer bei Patienten mit unklarem Fieber, bei einer Mononukleose-ähnlichen Erkrankung, bei Verdacht auf eine aseptische Meningitis, bei einer disseminierten Lymphadenopathie, bei einer erythematösen Pharyngitis und bei einem unklaren Exanthem. Doch in solchen Situationen sollte das diagnostische Fenster berücksichtigt werden, das heißt, trotz Infektion kann der Test in den ersten acht bis zwölf Wochen nach der Infektion negativ ausfallen, so dass eine Wiederholung erfolgen muss.

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HIV im Mundbereich

Orale Veränderungen sind frühe und wichtige Zeichen einer HIV-Infektion. Sie können durch das HI-Virus selbst oder durch die Therapie verursacht sein. Auch können sie ein Hinweis darauf sein, dass die Erkrankung progredient ist beziehungsweise ins Stadium Aids übergeht. Insgesamt weisen 50 Prozent der HIV-Positiven und 80 Prozent der Aids-Patienten HIV-bedingte Veränderungen in der Mundhöhle auf. Am häufigsten sind schwere Entzündungen des Zahnfleischs und des Zahnhalteapparats, also gingivoparodontale Infektionen. Aber auch bei einer Candida-Infektion der Mundhöhle sollte man an eine HIV-Infektion denken. Gleiches gilt für Aphten und für die orale Haarleukoplakie, die durch weißliche, streifige Veränderungen vor allem an den seitlichen Zungenrändern charakterisiert ist. Im Unterschied zu einer Candidose lassen sich diese Veränderungen nicht wegwischen.

Dank der hochwirksamen HIV-Therapie tritt das Kaposi-Sarkom heute nur noch sehr selten auf. Dabei handelt es sich um einen bösartigen Tumor, der derb-elastisch und bläulich-rötlich imponiert. Er tritt meist erst in einem fortgeschrittenen Stadium der HIV-Infektion auf. Sehr selten sind auch orale Non-Hodgkin-Lymphome, die aber bei HIV-Infizierten etwas häufiger auftreten. Bei HIV-Infizierten finden sich auch nicht selten sexuell übertragbare Infektionen im Mund-/Rachenbereich. Dazu gehört vor allem die Herpes-simplex-Infektion mit den typischen Bläschen, die sich zu geschwürigen, aphtenähnlichen Veränderungen weiterentwickeln können.

HIV-Patienten sind zudem häufig mit dem humanen Papillomavirus infiziert, das auch in der Mundhöhle Feigwarzen hervorrufen kann. Last, but not least sollte man bei unklaren Schleimhautveränderungen in der Mundhöhle auch an die Syphilis oder an die Gonorrhoe denken. Zu den seltenen Viruserkrankungen, die sich auch in der Mundhöhle bevorzugt bei HIV-Patienten manifestieren können, gehören die Herpes-zoster- und die Zytomegalie-Infektion.

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Bei Indikatorerkrankungen immer zum Test raten

Bei Personen mit solchen oralen Befunden sollte immer nach einer HIV-Erkrankung gefahndet werden. Ansonsten empfiehlt sich eine HIV-Testung bei Patienten mit opportunistischen Infektionen, sexuell übertragbaren Erkrankungen und bei Personen mit einem entsprechenden Risikoverhalten wie i.v.-Drogenabhängigen, bei solchen mit sexuellem Kontakt mit HIV-positiven Partnern und bei Reiserückkehrern mit sexuellem Kontakt während der Reise. Der HIV-Test ist eine Routineuntersuchung, so dass bei entsprechender Indikation eine kurze Information des Patienten ohne ausführliche Beratung ausreicht. Eine explizite Einverständniserklärung ist nicht erforderlich.

Lebenserwartung dank Dreifach-Therapie normal

Die Schwere der Immundefizienz spiegelt die CD4-Zahl wieder: Bei Werten über 400 /µL liegt eine moderate, bei Werten unter 100 /µL eine schwerste Immundefizienz vor. Für die Therapie der HIV-Infektion stehen heute fünf Substanzgruppen zur Verfügung: nukleosidische (NRTI) und nicht-nukleosidische (NNRTI) Reverse-Transscriptase- Hemmer, Protease-Hemmer (PI), Integrase-Hemmer (II), Corezeptor-Antagonisten und Fusionshemmer. In der Regel wird eine Kombination mit drei Medikamenten eingesetzt: 2 NRTI + 1 NNRTI oder 2 NRTI + 1 PI oder 2 NRTI + 1 II. Therapieziele sind eine maximale Suppression der HIV-Viruslast, eine Verbesserung der immunologischen Funktion, eine Reduzierung der HIV-Morbidität und eine Lebensverlängerung mit guter Lebensqualität. Darüberhinaus verhindert die Therapie auch die Transmission der Infektion.

Die moderne HIV-Therapie führt heute zu einer fast normalen Lebenserwartung der betroffenen Patienten und auch die Prognose von AIDS-Patienten konnte deutlich verbessert werden. Zunehmende Probleme sind Resistenzen, Komorbiditäten und Medikamenteninteraktionen, zumal die Patientenpopulation immer älter wird. Eine Heilung und eine Impfung sind nicht in Sicht, da das Virus ins Genom integriert wird und es bisher keine Möglichkeit gibt, das Virus wieder herauszuschneiden.

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Dr. Peter Stiefelhagen

Chefarzt der Kardiologie

DRK-Krankenhaus Hachenburg

57627 Hachenburg

PDrstiefel@aol.com

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