Zahnärztliche Ergonomie

Der richtig gelagerte Patient

Jerome Rotgans
Um eine gesunde Arbeitsweise bei der Patientenbehandlung zu gewährleisten, ist es unbedingt erforderlich, dass der Behandler eine nicht gefährdende Arbeitshaltung einnimmt. Wenngleich keineswegs unbedeutend, so ist die Erfüllung des Komfortbedürfnisses des Patienten dabei sekundär.

Mit einer guten Kommunikation zwischen Praxisteam und Patient über die Gründe einer gegebenenfalls erforderlichen unbequemen Lagerung auf dem Patientenstuhl lässt sich der Patient in aller Regel überzeugen. Er akzeptiert durchaus gut begründete Unbequemlichkeiten, die beim Verlassen der Praxis gerne vergessen werden.

Das Patientenbedürfnis ist hier sekundär

Um sitzend am liegenden Patienten eine gesunde Körperhaltung einnehmen zu können, müssen der Patient und insbesondere sein Kopf entsprechend gelagert werden. Für die Körperlagerung des Patienten gilt bei Anwendung der vierhändigen Behandlungstechnik als allgemein akzeptiert, dass – als Ausgangspunkt – die Verbindungslinie zwischen Kopf und Füßen des Patienten parallel zum Boden verläuft. Kopf und Füße liegen etwa auf gleicher Höhe [Hilger, 2007]. Für die Lagerung des Kopfes zur Behandlung in den unterschiedlichen Front- und Seitenzahnbereichen des Ober- und des Unterkiefers werden entsprechende Hinweise gegeben, die sich allerdings primär, so mein Eindruck, zumeist doch auf die Gewährleistung einer möglichst bequemen Lage für den Patienten ausrichten.

Etwa zur Behandlung im Unterkiefer wird der Patentenkopf häufig nicht weit genug nach vorne zur Brust platziert, sondern die Rückenlehne des Stuhls nachjustiert, steiler gestellt und der Behandler damit zu einer ungesunden Arbeitshaltung gezwungen. In diesem Fall liegt der Kopf meist zu hoch. Mund und Arbeitsfeld sind zu weit nach vorne gerichtet, die Behandlerbeine durch die schiefe Rückenlehne eingeschränkt. Die Oberschenkel „laufen dagegen fest“. Die Behandlerhaltung wird dadurch fixiert. Durch den zu hoch platzierten und nach vorne gerichteten Mund muss der Behandler sich nach vorne beugen, seine Arme und Schultern anheben, um überhaupt im Mund arbeiten zu können. Häufig wird beobachtet, dass die für Rechtshänder linke „Mundspiegelhand“ um die Kopfstütze herum, quasi als Umarmung geführt wird. Eine ungesundere Arbeitshaltung ist kaum vorstellbar.

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Verlassen Sie nicht die symmetrische Haltung, ...

Um eine ungesunde Körperhaltung zu vermeiden, geht Hokwerda [2002] von einem in „idealer“, weil symmetrischer Arbeitshaltung aufrecht sitzenden Behandler aus, so dass sich die Mundhöhle – bei horizontaler Lagerung des Patienten – symmetrisch, circa 20 cm vor der Mitte des Oberkörpers mit einem Augen-Objekt-Abstand in der Regel zwischen 35 und 40 cm befindet. Dabei soll das Arbeitsfeld, beispielsweise der zu behandelnde Zahn, durch die entsprechende Lagerung des Patientenkopfes so dargestellt werden, dass man senkrecht oder – wo dies unmöglich ist (etwa hinten in der Mundhöhle) – so viel wie möglich senkrecht auf das Arbeitsfeld beziehungsweise bei indirekter Sicht auf den Mundspiegel schauen kann. Dadurch wird sichergestellt, dass beide Augen gleichmäßig Sicht auf das Arbeitsfeld erhalten und nicht ermüden.

... sondern justieren Sie den Patienten

Anschließend kann der Kopf in direktem Bezug zum Arbeitsfeld in drei Richtungen bewegt werden (Abbildungen rechte Seite): vor wärts oder rückwärts, lateral nach links oder nach rechts und um die Längsachse nach links oder nach rechts rotiert. Dabei ist gegebenenfalls auf eine gute Unterstützung des Patientenhalses an der richtigen Stelle zu achten. Ein Kopf- oder ein Schulterkissen kann dabei eine wichtige Rolle spielen.

Unsere große Titelgeschichte "So schonen Sie Ihren Rücken": In ihrem Intro umreißen Prof. Monika Daubländer und PD Dr. Dr. Peer W. Kämmerer Ursachen und Folgen einer falschen Arbeitsweise am Stuhl. Prof. Jerome Rotgans veranschaulicht drei Aspekte, die für Ihre Arbeit entscheidend sind: 1. Haltung annehmen: Sind Rückenschmerzen schicksalhaft? Richtig ist: Ergonomie ist nicht nur eine Frage der Physis. 2. Wie Sie die OP-Leuchte positionieren: Winkel und Arbeitspositionen demonstriert an Positiv- und Negativbeispielen.3. Der richtig gelagerte Patient: Warum es sekundär ist, dass es der Patient bequem hat.

Prof. Dr. drs. drs. Jerome RotgansVorsitzender der Arbeitsgemeinschaft „Arbeitswissenschaft und Zahnheilkunde“ in der DGZMKagaz-vorsitzender@dgzmk.de

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