CIRS dent - Jeder Zahn zählt!

Irren ist menschlich

Nicht jeden Fehler muss ein Arzt oder Zahnarzt selber machen, um diesen künftig zu vermeiden. Berichts- und Lernsysteme helfen dabei, Strategien zur Vermeidung von kritischen Ereignissen zu entwickeln und die Patientensicherheit zu verbessern. Nachdem am 4.1.2016 das von BZÄK und KZBV entwickelte Online-Portal „CIRS dent – Jeder Zahn zählt!“ live geschaltet wurde, gibt es jetzt auch für Zahnarztpraxen ein eigenes Lernsystem.

Wichtige Informationen, die sonst nur einem kleinen Kollegenkreis verfügbar wären – wie etwa in der Praxis oder in einem Qualitätszirkel – macht „CIRS dent – Jeder Zahn zählt!“ jetzt einem großen Kreis von Zahnärzten zugänglich (siehe auch Leitartikel S. 6). Bei ihrem System spricht die Zahnärzteschaft im Übrigen lieber von kritischen Ereignissen als von Fehlern, denn es geht primär nicht um Behandlungsfehler. Vor allem geht es nicht um Fehlleistungen eines Einzelnen, sondern um Probleme bei Abläufen und Prozessen im Praxisgeschehen, die sich auf die Versorgung auswirken. Von Interesse ist also, was passiert ist und warum, aber nicht, wer den Fehler gemacht hat. Gemeinsames Lernen zu ermöglichen, Fehlerursachen zu finden, Strategien zur Fehlervermeidung zu entdecken, zu einer lebhaften Diskussion zu verhelfen und aus der Kollegenschaft heraus Kommentare zu generieren – das ist die Absicht. Und zwar im geschützten Raum auf freiwilliger Basis.

Eine lange Tradition

Fehlervermeidung als wichtiges Element der Patientensicherheit – dieses Thema wurde Ende der 90er-Jahre erstmals international breit diskutiert. 1999 erschien der Report des US-amerikanischen Institute of Medicine „To err is human“. In diesem wird deutlich, dass Fehler in der Medizin nicht primär als schuldhaftes Verhalten einzelner Personen zu verstehen sind, sondern dass für einen Ausbau der Patientensicherheit Strukturen und Prozesse im Gesundheitswesen verantwortlich sind. Im Report war damals die Rede von schätzungsweise 44.000 bis 98.000 vermeidbaren Todesfällen. Der Report gilt als eine der Initialzündungen für das Fehlermanagement und den geordneten Umgang mit Fehlern, national wie international. Vor allem im Krankenhaussektor wurde Fehlermanagement aufgrund der komplexen Arbeitsabläufe dort ein großes Thema.

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Schwachstellen aufgreifen

Fehlervermeidung durch Fehlermeldung – diese Thema spielt in anderen Bereichen schon lange eine Rolle. Berichtssysteme gibt es etwa in der Atomindustrie, in der chemischen Industrie oder in der Luftfahrt. Seit 1975 sammelt und analysiert das Aviation Safety Reporting System (ASRS) in Form eines freiwilligen Meldesystems Berichte über potenziell gefährliche Situationen, um Schwachstellen in der Flugsicherheit zu erkennen.

Für den Umgang mit kritischen Ereignissen sind aus Initiativen von Wissenschaft und Verbänden im medizinischen Bereich Fehlerberichtssysteme entwickelt worden, seit Mitte der 2000er-Jahre auch in Deutschland. Alle Systeme folgen dem Grundprinzip, gemeinsam und voneinander aus Fehlern zu lernen. Das können etwa, um Beispiele aus dem ärztlichen Bereich zu nennen, unklare Routinen bei der Rezeptausstellung, eine unsichere Kommunikation im Team oder fehlerträchtige Schnittstellen zwischen den verschiedenen Versorgern sein.

Nach diesem Prinzip funktioniert auch CIRS medical. Seit 2005 gibt es dieses offene, anonyme und bundesweit zugängliche Berichts- und Lernsystem bei den Ärzten, das von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Bundesärztekammer (BÄK) getragen wird (www.cirsmedical.de). Dort sind rund zehn verschiedene Berichtssysteme im Netz für jeden zugänglich, darunter zum Beispiel eines für Anästhesisten, eines für die Ärztekammer Berlin, ein Krankenhausnetz, eines für Palliativmedizin oder eines für ganz Nordrhein-Westfalen. Daneben existieren zahlreiche weitere geschlossene Benutzergruppen.

Zielgruppe sind Mitarbeiter des Gesundheitswesens, aber auch alle anderen Internetnutzer haben Zugang zum Berichtsformular und den veröffentlichten Berichten. Die Organisation erfolgt durch das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ). Unterstützt wird das System durch einen Fachbeirat, bestehend aus mehr als 50 Vertretern von 47 Fachorganisationen und weiteren Experten.

„Jeder Fehler zählt“ heißt das offene und anonyme Berichts- und Lernsystem, das 2004 bei den Hausärzten eingeführt wurde (www. jeder-fehler-zaehlt.de). Es wird vom Hausärzteverband zusammen mit der Techniker Krankenkasse (TK) und dem Wissenschaftlichen Institut der TK (WINEG) getragen. Das Projektteam ist am Institut für Allgemeinmedizin der Universität Frankfurt angesiedelt, unter der Leitung von Prof. Dr. Ferdinand M. Gerlach, MPH, der gleichzeitig Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen ist.

Modellprojekt am Anfang

Das Hausärzte-System „Jeder Fehler zählt“ stand Pate für das jetzt von BZÄK und KZBV gestartete System „CIRS dent – Jeder Zahn zählt!“ Basis war ein Modellprojekt, nämlich „Jeder Zahn zählt!“, das von der BZÄK zusammen mit Gerlach bereits vor einigen Jahren entwickelt wurde. Es stand ebenfalls einer geschlossenen Benutzergruppe (mit Benutzername und Passwort) zur freiwilligen Nutzung zur Verfügung. Start war der 1.1.2011. Die Philosophie des Projekts lautete, aus kritischen Ereignissen und Fehlern zu lernen, um sie zu vermeiden. Es versteht sich als bundesweites Lernsystem anhand von Fallbeispielen mit dem Ziel, die Patientensicherheit in Zahnarztpraxen zu verbessern.

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Mindeststandards festgelegt

Mit dem Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes im Februar 2013 trat ein neuer Aspekt beim Fehlermanagement hinzu: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wurde beauftragt, Mindeststandards für ärztliches und zahnärztliches Fehlermanagement in einer Richtlinie zum einrichtungsinternen Qualitätsmanagement (QM) aufzunehmen. Da es um den vertragszahnärztlichen Bereich ging, ist seitdem die KZBV zuständig und an der Weiterentwicklung des Projekts beteiligt.

Besagte QM-Richtlinie für die vertragszahnärztliche Versorgung trat am 8.4.2014 in Kraft. Dort sind die Mindestanforderungen für ein Risiko- und Fehlermanagement beschrieben. Fehlermeldesysteme sind dort als ein Teil des praxisinternen Fehlermanagements angesiedelt. Diese sollen laut Richtlinie unter anderem folgende Mindestanforderungen erfüllen: Das System muss einfach und klar strukturiert sein, anonyme und sanktionsfreie Berichtsmöglichkeiten für alle Praxismitarbeiter bieten, die Teilnahme muss freiwillig sein, Vertraulichkeit und Datenschutz müssen gewährleistet sein, die Auswertung muss durch Verantwortliche erfolgen, der Umgang mit dem Ergebnis muss vertraulich sein und es muss die Möglichkeit des externen Austauschs bestehen.

Festzuhalten bleibt: Die Richtlinie verpflichtet zu einem Fehlermanagement in Zahnarztpraxen. Die Teilnahme an einem Fehlermeldesystem bleibt für den Zahnarzt jedoch freiwillig.

Anonymisierung wichtig

Das BZÄK-Modellprojekt „Jeder Zahn zählt!“ wurde nach den Vorgaben der G-BA-Richtlinie zusammen von BZÄK und KZBV weiterentwickelt und für die Nutzung der Zahnärzte auf breiter Basis vorbereitet. Auf Datenschutz wurde großer Wert gelegt, damit das zahnärztliche Portal nicht berufsfremden Personen zugänglich ist. Das war vor allem der KZBV ein wichtiges Anliegen.

Sämtliche Berichte und Kommentare werden automatisch verschlüsselt, die vollständige Anonymisierung ist sichergestellt und das System kann nur von registrierten Benutzern eingesehen werden.

Am 17.12.2015 wurde die Erstfassung einer sektorenübergreifenden QM-Richtlinie durch das Plenum des G-BA verabschiedet. Diese betrifft Krankenhäuser, Ärzte und Zahn- ärzte über die Sektoren hinweg, wobei die bestehenden Regelungen zu den Mindeststandards für einrichtungsinterne Fehlermeldesysteme unverändert bleiben. „CIRS dent – Jeder Zahn zählt!“ erfüllt auch diese Vorgaben.

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