Editorial

Katharsis oder Karthago?

Wenn es ums Geld geht, hört bekanntermaßen der Spaß auf. Nur bei Heilberuflern in Deutschland, besonders Ärzten und Zahnärzten, fängt dann der Spaß erst richtig an. Man muss nur das Wort Geld gegen Gebührenordnung austauschen ...

Dann wird aus einer im Prinzip simplen Liste – man verzeihe mir an dieser Stelle die Reduktion eines wissenschaftlich begründeten Leistungskatalogs auf diese Bezeichnung –, die die ärztlichen und die zahnärztlichen Leistungen benennt, deren Leistungsumfang definiert, das dafür zu berechnende Honorar veranschlagt samt dem notwendigen Instrumentarium für die notwendigen, auf den Patienten zu beziehenden Anpassungen ein Monstrum, das spielend in der Lage ist, einen ganzen Berufsstand zu spalten.

Doch der Entwurf der neuen GOÄ spielt im Vergleich zu früheren GOÄs in einer anderen Liga. Denn die Sprengkraft dieser GOÄ-Novellierung ist um ein Vielfaches höher. In Anbetracht der geplanten Veränderungen geht es bei Weitem nicht nur um tiefgreifende innerärztliche Turbulenzen, sondern um die Konsequenzen, die dieser ordnungspolitische Sündenfall bewirken wird. Dieser teilt sich aus zahnärztlicher Sicht in zwei Bereiche. Zum einen droht mit der Einführung einer EBM-ähnlichen Systematik in die GOÄ unter direkter Einbeziehung der PKV der Einstieg in die Bürgerversicherung. Damit blicken wir dem Ende des dualen Krankenversicherungssystems entgegen und somit wäre prospektiv gesehen auch die jetzige Systematik der GOZ Geschichte. In Konsequenz wird man dann feststellen müssen, dass die Politik auch diese Bastion (die letzte?) eines freien Berufsstands geschleift hat.

Da passen dann die aktuellen Bremsmanöver des Bundesgesundheitsministeriums bei der zahnärztlichen Approbationsordnung irgendwie ins Bild. Die ist nun zwar 61 Jahre alt (Halleluja, es scheint wohl keinen zahnmedizinischen Fortschritt zu geben, oder wie?) und hat mit den notwendigen Strukturen zur Vermittlung der aktuellen Zahnmedizin – freundlich formuliert – nicht mehr allzu viel zu tun. Doch statt den allseits konsentierten Entwurf für die neue zahnärztliche Approbationsordnung in die Gesetzgebung zu übernehmen, meint man mit Musterstudiengängen die Situation verbessern zu können.

Doch zurück zur GOÄneu und deren Kollateralschäden. Falls Sie sich bisher noch der Hoffnung hingegeben haben, nicht betroffen zu sein, muss ich sie (leider) enttäuschen. Denn auch für die Zahnärzte geht es bei der neuen GOÄ nicht um Peanuts, sondern um Millionen Euro! Denn 10 % der privatzahnärztlichen Liquidation wird über die GOÄ abgerechnet. Wir reden über die stolze Summe von 350 Millionen, die für die ärztlichen Verhandlungsführer nicht einmal Anlass genug waren, die Zahnärzte frühzeitig in die Überlegungen einzubeziehen. 350 Millionen!

Was das mit der Überschrift zu tun hat? Nun, Katharsis, so erklärt es Wikipedia, bezeichnet in der Psychologie die Hypothese, dass das Ausleben innerer Konflikte und verdrängter Emotionen zu einer Reduktion dieser Konflikte und Gefühle führt. Zum Beispiel das Ausleben von Aggressionen, indem man einen Sandsack schlägt. Karthago wurde im 3. Punischen Krieg ca. 140 v. Chr. von den Römern endgültig zerstört – trotz diverser Friedensverträge mit selbigen. Berühmt ist die Ansprache von Cato dem Älteren im römischen Senat, dessen strategische Ausführungen in dem bekannten Satz gipfelten: „Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss.“

Entscheiden Sie, wie Sie reagieren wollen. Zuvor lesen Sie aber bitte die spannenden Fakten zur neuen GOÄ von Dr. Peter Engel, dem Präsidenten der Bundeszahnärztekammer, auf Seite 16ff.

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