Editorial

Wenn im Ministerium gekocht wird

Ich befürchte, dass es mir nur mit deftiger Wortwahl gelingen wird, Sie für die neueste Kreation aus dem Bundesgesundheitsministerium und seiner im Vergleich zu anderen Ministerien superfleißigen Gesetzesküche zu begeistern. Also lassen Sie sich bitte folgende gustöse Kreation im Munde zergehen: GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz. Klingt doch lecker, oder? Aber im Ernst: Haben Sie in den letzten Jahren jemals von einem Gesetzentwurf für das Gesundheitswesen gehört, der wirklich etwas gestärkt hat? Ich nicht. Wie auch, das wäre ja gleichbedeutend mit einem „Politiker-verzichten-auf-Einfluss-Gesetz“. Da wird eher eine Fritten-Bude zu einem 3-Sterne-Lokal, als dass die Politik etwas stärkt und sich gleichzeitig zurücknimmt. Nein, seit den Zeiten von Ulla Schmidt passiert das genaue Gegenteil: Es wird in der GKV zentralisiert wo es nur geht. Um im Bilde zu bleiben: Man gaukelt dem geneigten Restaurantbesucher Sterneküche vor und liefert doch nur Convenience Food, neudeutsch für in der Fabrik vorgefertigtes und nur noch in der Mikrowelle aufzuwärmendes Fertigessen. Damit sich so etwas an den Mann bringen lässt, braucht es halt einen tollen, positiv klingenden Namen wie „GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz“. Klingt doch gleich viel besser als „GKV-Selbstverwaltungsschwächungsgesetz“. Was mich zu der wohl rein akademischen Frage führt: Ist das noch zulässiges Marketing oder bereits Zynismus?

Gehen wir also von eiskaltem Kalkül des BMG aus, wenn – wie im Eckpunktepapier geschrieben – die Körperschaften künftig an die Weisungen des BMG zur Rechtsanwendung gebunden sind und gleichzeitig die Klagemöglichkeit ausgeschlossen werden soll. Wenn der Vorsitzende der Vertreterversammlung bereits mit einfacher Mehrheit abgewählt werden kann. Wenn das interne Kontrollsystem der Körperschaften vorgegeben werden und die Innenrevision direkt an das BMG berichten soll. Und wenn ein Genehmigungsvorbehalt für die Haushalte der Körperschaften eingeführt werden soll. Der Koch kauft also ein, ohne zu wissen, was er davon abends verkaufen kann, weil ihm ein Budget-Kontrolleur die Kartoffeln kurz vor Öffnung des Restaurants von der Speisekarte gestrichen hat?

Abgesehen davon, dass hier die grundlegenden Prinzipien der parlamentarischen Demokratie verletzt werden – was im Übrigen kein Politiker, sofern betroffen, sich jemals gefallen lassen würde – versucht hier das BMG mit seinem Eckpunktepapier, den Dreh- und Angelpunkt der Selbstverwaltungsautonomie auszuhebeln, nämlich die Haushaltskontrolle. Dabei handelt es sich bei dem KZBV-Haushalt wohlgemerkt um die Beitragsmittel der Zahnärzte und nicht um Versichertengelder. Aber da hat sich das Ministerium wohl die Erfahrungen von Mayer Amschel zu eigen gemacht, frei nach dem Motto: Wer das Geld kontrolliert hat die Macht. Vor 350 Jahren beschrieb der deutsche Bankier die wahren Machtverhältnisse so: Mich interessiert nicht, wer die Gesetze macht, solange ich das Geld kontrolliere. Mit Nachnamen hieß er übrigens Rothschild …

Man könnte nun sagen: Warum die Aufregung, es ist doch nur ein Eckpunktepapier und es wird nie so heiß gegessen, wie gekocht wird! Nach der Beratung dieses Eckpunktepapiers in den Regierungsfraktionen wird daraus im Sommer ein Referentenentwurf werden, der dann in einen Gesetzesvorschlag gegossen im Herbst bereits parlamentarisch beraten werden soll. Man kann sich fast sicher sein, dass bis dahin die tatsächlichen oder vermeintlichen Verfehlungen eines ehemaligen KBV-Vorsitzenden sowie die rege Bautätigkeit an der Wegelystraße und rund um den Herbert-Lewin-Platz thematisiert werden, wo die Büroflächen der Körperschaften sich geradezu krebsartig vermehren. Ansässig sind: KBV, BÄK, GKV-Spitzenverband und GB-A ...

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