Praxismarketing

Marke Zahnarzt

Marketing kann für Zahnärzte Fluch und Segen zugleich sein. Ohne geht es nicht, heißt es überall – aber welche Maßnahmen sind wirklich sinnvoll? Zwei Experten berichten von ihren Erfahrungen mit dem „Werbe-Wettrennen“, den veränderten Herausforderungen und Personal Branding.

Marketing für mich und meine Praxis, muss das sein? Es muss! So heißt es unisono in Zeiten wachsenden Wettbewerbs. Die räumliche Niederlassungsfreiheit der Zahnärzte, die Konkurrenz zwischen Einzelpraxen, MVZs und Kettenpraxen, mündige Patienten auf der Suche nach günstigen Preisen und weitere Veränderungen des Berufsbilds sorgen für eine zunehmende Bedeutung von Werbung und Praxismarketing. „Es geht nicht mehr ohne“, sagt Dr. Bernhard Saneke. „Das Rennen hat erst begonnen!“

„Es geht heute nicht mehr ohne Marketing!“

Saneke, Spezialist für Implantologie und Chirurgie, ist einer jener Zahnärzte, die sich intensiv mit den neuen Werbemöglichkeiten beschäftigen. Als einziger Zahnarzt bundesweit ist Saneke, der auch als Coach berät, Mitglied im „Club 55“ – der Vereinigung europäischer Experten für Vertrieb und Marketing. Seine Wiesbadener Gemeinschaftspraxis tritt mit zwei verschiedenen Webseiten und eigenen YouTube-Videos auf. Warum es gleich zwei Webseiten sind? „Generell wollen wir ausprobieren, welche Seite besser läuft, was die Zielgruppen betrifft. Es ist wie beim Angeln: Erfolgreich ist, was dem Fisch schmeckt. Und den dicken Fisch zieht nur der aus dem Wasser, der den attraktivsten Köder hat – sprich die beste Webseite.“

Jede Praxis braucht ihr eigenes Marketingkonzept. Während ein einzelner Behandler auf dem Land vielleicht mit der altbewährten Mund-zu-Mund-Propaganda, einem Satz Trikots für den örtlichen Fußballverein und gelegentlichen Artikeln in der Lokalzeitung genügend Aufmerksamkeit erzeugt, kommt eine Praxis im Ballungsgebiet der Großstadt nicht um ein festes Marketingbudget herum.

„Es gibt größere Praxen, die geben mittlerweile längst weit über 100.000 Euro jährlich für Marketing aus“, sagt Saneke. Größere Einheiten, die auf Expansion ausgerichtet sind, können sich das ohne Weiteres leisten. Und sie müssen es auch. Saneke: „Sonst werden die Patienten von anderen weggefangen.“ Ob auf dem Land oder in der Stadt – wichtig sei immer zu beobachten, wie sich die Kollegen öffentlich präsentieren. Das hilft auch bei der Entscheidung, welche Werbeaktivitäten für die eigene Praxis geeignet sein könnten.

Von der Mundpropaganda zu viralen Werbetools

Doch wie sich zurechtfinden im Dschungel der Reklamemöglichkeiten? Der Vielfalt der Maßnahmen scheinen kaum Grenzen gesetzt: Der Zahnarzt soll eine moderne, schön designte Webseite anbieten und am besten mit einem individuellen Praxis-Fotoshooting das Bildmaterial dazu liefern. Er soll sich mit Printwerbung, digitalen Anzeigen und Suchmaschinenoptimierung beschäftigen, vielleicht nach Praxisschluss bloggen, twittern und auf Facebook aktiv sein. Er könnte ein Imagevideo drehen lassen und auf YouTube über seine Arbeit sprechen, seinen „unique selling point“ entdecken und daraus ein „Personal Branding“ entwickeln. Schön wäre auch, wenn seine Praxis auf Online-Bewertungsportalen positiv auffiele. Gleichzeitig sind Patienteninformationsveranstaltungen und ansprechende Inhouse-Werbemittel wie Broschüren oder originelle Give-aways nicht zu vergessen. Hinter all dem steht natürlich ein einprägsames Corporate Design mit entsprechender Corporate Identity. Und bei all dem nicht zu vergessen: Das Arztwerberecht muss eingehalten werden.

„Was Werbung und Marketing betrifft, kann man sehr viel Geld in den Sand setzen. Denn wer von uns hat schon Ahnung von diesen Bereichen und weiß, welche Maßnahme wirklich etwas bringt? Und als Zahnarzt werden Sie mit Angeboten überhäuft“, so Saneke. Doch einerseits sei es essenziell, sich externe Unterstützung zu suchen. Denn welcher Zahnarzt ist gleichzeitig Spezialist für Webseiten-Optimierung, Design oder Videodrehs? Andererseits tummeln sich im weiten Feld des Marketings gleichzeitig viele vermeintliche Experten mit vollmundigen Versprechungen. „Und woher wissen Sie, dass der, dem Sie den Auftrag geben, Ihre Webseite zu erstellen, sein Geld wirklich wert ist?“, fragt Saneke. „Hier ist ein ganz neuer Bereich entstanden, in dem sich der Zahnarzt kundig machen muss. Er wird auf diesem Weg immer mehr zum Allgemeinunternehmer. Das ist sehr herausfordernd.“

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„Patientenbindung läuft immer über die Person“

Eine Herausforderung allerdings, die sich anzunehmen lohnt. Im Mittelpunkt aller Marketing-Schlagworte steht dabei immer noch eins: die Persönlichkeit des Zahnarztes. Das betont auch Michael Bandt, Buchautor, Trainer, Unternehmer-Coach und Markenexperte, der jüngst vom Institut für dentale Erfolgsstrategien für herausragende Leistungen bei der Markenpositionierung von Zahnärzten ausgezeichnet wurde. „Gerade bei Zahnärzten, die ihre Leistung im direkten Kontakt mit dem Patienten erbringen, erfolgt die Identifikation stets über die Person. Ist mir diese Person sympathisch? Vertraue ich ihr? Fühle ich mich gut aufgehoben und versteht sie meine individuellen Bedürfnisse?“

Es sind die spezifischen Stärken und Eigenschaften, die einen Zahnarzt für Patienten attraktiv machen, so Bandt. „Diese persönlichen Eigenschaften gilt es für die Patientensicht- und erlebbar zu machen und als Markenkern für die Praxis zu etablieren.“ Dieses Vorgehen nennt sich Personal Branding.

Zur schlichten Ware wird der Zahnarzt dadurch aber nicht – im Gegenteil das ist der falsche Weg: „Viele Zahnärzte, die den Weg zur Personenmarke gehen möchten, machen den Fehler, ihr Markenprofil ähnlich dem eines Produkts aufzubauen“, erklärt Bandt. „Bei der ‚Marke Zahnarzt‘ geht es jedoch um den Menschen, die eigenen Werte, die Motive – was treibt mich an?“ Die angebotenen Dienstleistungen und Produkte einer Praxis mögen durchaus austauschbar sein. Der Mensch ist es nicht. Er hat eine Biografie, Hobbys, besondere Fähigkeiten und Leidenschaften. Dabei geht es nicht darum, sich ein möglichst extravagantes Alleinstellungsmerkmal zuzulegen, sondern die Stärken und Besonderheiten der eigenen Person öffentlich hervorzuheben. Und dabei man selbst zu bleiben.

Sie nennen es Personal Branding

Erst ein kleiner Teil der Zahnärzteschaft hat das Thema Personal Branding für sich entdeckt. Vielen erscheint es noch ungewohnt, sich „ins Rampenlicht“ zu rücken. Doch Bandt weiß: „Wie bei jedem Trend gilt: Die „First Mover“ werden am stärksten profitieren. Schon heute erzielen Zahnärzte, denen es gelingt, in den Augen ihrer Patienten als (Personen-) Marke wahrgenommen zu werden, deutlich höhere Jahreseinkommen und eine stärkere Patientenbindung.“ Auch Sanekes Rat in Sachen Marketing ist deutlich: „Fangen Sie an!

Fangen Sie an und lassen Sie nicht mehr los!“

Sonja Schultz

Michael Bandt begleitet seit vielen Jahren zahlreiche Personen des öffentlichen Lebens – Vorstände, Unternehmer, Führungskräfte, Freiberufler – mit Personal Branding bei ihrem Markenbildungsprozess.

Dr. Bernhard Saneke führt seit 1995 eine Mehrbehandlerpraxis mit über 50 Angestellten in Wiesbaden. Neben der Zahnmedizin ist er aktiver Pilot und fliegt für eine Airline den Airbus 320. Als Experte für Marketing und Vertrieb berät er seit 15 Jahren Praxen und gibt Kurse in Praxismanagement und -marketing.

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