Rio 2016

Der Olympia-Chefzahnarzt

Der Brasilianer Dr. Eduardo Tinoco ist Chef-Zahnarzt bei den olympischenSommerspielen in Rio de Janeiro. Er koordinierte den Einsatz von 80 Zahnärzten und 60 Helfern in der Zahnklinik. Aber damit ist der Dauerstress noch nichtvorbei: Von 7. bis 18. September betreut er auch die Sportler der Paralympics. Was das bedeutet und welche sportliche Verbindung er nach Deutschland hat, beantwortete er uns im Bus auf dem Weg zur Olympia-Klinik.

Keine Frage, der 48-jährige Zahnarzt hat wenig Zeit. Seine Praxis in Copacabana hat er für die Zeit der Spiele gegen ein Zelt im Olympischen Dorf getauscht. Während er unsere Fragen beantwortet, ist er im Bus unterwegs zur Poliklinik.

Dr. Tinoco, Sie sind Chef-Zahnarzt der Olympischen Spiele. Wie kam es dazu?Dr. Eduardo Muniz Barreto Tinoco, DDS, PhD:Der Chefarzt Dr. João Grangeiro hat mich eingeladen. Ich habe dieses Angebot selbstverständlich gern angenommen.

Aufgrund des renommierten Oberarztes aus Rio wurde Tinoco also berufen. Rio ist seine Heimatstadt. Hier hat er auch studiert, bevor er fünf Jahre in Norwegen verbrachte, um dort seine Doktorarbeit über Paradontalkrankheiten zu schreiben. Anschließend ging es nach Berlin, wo Tinoco unter anderem an der Humboldt-Universität unterrichtete.

Bitte beschreiben Sie für uns die Zahnklinik!Die Zahnklinik befindet sich im Olympischen Dorf im Stadtteil Barra da Tijuca. Es gibt acht zahnärztliche Behandlungsräume, einen Raum, in dem wir die wichtigsten bildgebenden Verfahren wie Röntgen und Computertomografie durchführen können, sowie ein Labor, in dem die Mundschutze für die Olympioniken angefertigt werden.

Und wie ist die Atmosphäre dort?Die Atmosphäre ist relativ entspannt und die Stimmung ist gut. Die Sportler genießen es sehr, sich von den fleißigen Zahnärzten behandeln zu lassen.

Welche zahnmedizinischen Behandlungen führen Sie bei den Sportlern durch?Wir behandeln Sportunfälle und versorgen die Sportler auch allgemein-zahnmedizinisch: Das Team fertigt Mundschutze für die Athleten an, röntgt und behandelt Traumafälle. Wir machen aber auch Wurzelkanalbehandlungen und Kunststoff-Füllungen bei den Sportlern. Besonders Athleten aus Entwicklungsländern nutzen das Angebot für einen zahnmedizinischen Check-up.

Stehen Sie nun für zwei Wochen unter Dauerstress?Ja, und sogar noch länger. Ich betreue auch die Sportler der Paralympics. Insgesamt 80 Zahnärzte und 60 Helfer arbeiten im Schichtdienst. Die erste Schicht läuft von 7 bis 15 Uhr, die zweite von 15 bis 23 Uhr. Täglich behandeln wir ungefähr 80 Patienten.

Tony Clough aus London, Zahnmedizin- Beauftragter der Medizinkommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), steht Tinoco und dem Rest des Teams während Olympia zur Seite. Clough sagt: „Immer wenn die ersten Athleten ankommen, denkt man, das ist Stress, aber das ist gar nichts gegen die Zeit während der Spiele. Die Phase davor ist eher ein Honeymoon.“

Gerade waren die kubanischen Boxer und die südafrikanischen Rugbyspieler da. Neben dem Schichtdienst sind die Zahnärzte auch vor Ort im Stadion – oder in der Boxhalle. Bei „zahnkritischen“ Sportarten eben.

Ihre Frau ist auch als Zahnärztin bei den Olympischen Spielen tätig. Welche Aufgabe hat sie?Sie ist Endodontie-Spezialistin und macht daher viele Wurzelkanalbehandlungen in der Poliklinik. Außerdem ist sie für die Basketball-Spieler verantwortlich.

In der Spitze werden in der Poliklinik bis zu 100 Leute pro Tag behandelt. Gerade auch Sportler aus Entwicklungsländern mit nicht sehr guten medizinischen Bedingungen nutzen das Angebot für einen Komplett-Check.

Sie sprechen so gut Deutsch. Welche Verbindungen haben Sie nach Deutschland?Ich bin in Rio auf die Deutsche Schule gegangen. Und als ich 15 war, habe ich an einem Austauschprogramm teilgenommen. Damals habe in Wahlsted im Kreis Segeberg, Schleswig Holstein, gewohnt. Dort habe ich bei der Familie Severloh gewohnt und wir haben bis heute Kontakt zueinander. Vergangenes Jahr haben wir sie sogar besucht, als wir auf der IDS in Köln waren.

Nun sind Sie im Namen der fünf Ringe im Einsatz. Welchen Sport treiben Sie?Ich habe früher für Brasilien Beachvolleyball gespielt, und auch ein paar Turniere mit meinem deutschen Partner – Hauke Braack vom HSV – in Deutschland gespielt. Wir sind 1989 Vize-Weltmeister geworden. Das war eine schöne Zeit! ;-)

Genau: Der Zahnarzt ist auch Vize-Weltmeister im Beachvolleyball, das war 1989 – während der Zeit spielte er in Deutschland zusammen mit Braack, einst Volleyballer des Jahres. Hätte er nicht auch gerne selbst mal bei Olympia mitgespielt? „Ja, klar“, sagt Tinoco. „Aber zu meiner besten Zeit war Beachvolleyball noch nicht olympisch.“

Die Fragen stellte Daniela Goldscheck, die Zusatzinformationen stammen von dpa.

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