Hauptversammlung des FVDZ

Aufstehen und den Mund aufmachen

Die geballte Kritik gegen die zunehmende Kontrolle der Staatsaufsicht entlud sich auf der Hauptversammlung des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ) vom 6. bis 8. Oktober in Hannover. Grußredner, Referenten und Delegierte waren sich einig: Das geplante Selbstverwaltungsstärkungsgesetz ist ein Frontalangriff auf die Freiberuflichkeit. In den Debatten und Beschlüssen positionierte sich die HV in großer Einigkeit mit einem starken Plädoyer für den Erhalt von freiberuflichen Strukturen.

Massiver Unmut entlud sich auf der FVDZ-Hauptversammlung gegen den Entwurf zum GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz (GKV-SVSG): Er gehe völlig an Selbstverwaltung, Zahnärzten und Patienten vorbei, so die Referenten, Delegierten und Gäste.

Im Zentrum stand das Thema „Freiberuflichkeit und Selbstorganisation“. Es zog sich wie ein roter Faden durch die Redebeiträge, Grußworte wie auch durch die politische Podiumsdiskussion. ZA Harald Schrader, Bundesvorsitzender des FVDZ, übte scharfe Kritik am Referentenentwurf und dem dort verankerten geplanten staatlichen Durchgriffsrecht der Politik auf die Selbstverwaltung und die KZBV. Ärzte und Zahnärzte würden zu Erfüllungsgehilfen der Politik degradiert, im Vordergrund stehe der eigene Machtanspruch. Dass selbst der G-BA unter die Aufsicht des Ministeriums genommen werden solle, sei ein deutliches Zeichen dafür, dass die Selbstverwaltung der Ärzte und Zahnärzte ausgehebelt werden solle. Dies bedeute auch faktisch die Abschaffung der KZVen. Die vor zwölf Jahren von Ulla Schmidt eingeleitete Politik des Staatsdirigismus im Gesundheitswesen vollende sich in diesem Gesetz.

Rundumschlag gegen die Selbstverwaltung

In der Ablehnung des Gesetzentwurfs waren sich die Vertreter der Zahnärzteschaft, der FDP wie auch der Festredner einig.

Deutliche und scharfe Worte fand der KZBV-Vorsitzende Dr. Wolfgang Eßer vor den Delegierten. Ganz offensichtlich wolle die Politik die Selbstverwaltung zerstören, sagte er. Eßer zeigte sich in höchstem Maße alarmiert. Der Gesetzentwurf beinhalte eine solche Fülle von Eingriffsmöglichkeiten der Aufsicht in alle Selbstverwaltungskörperschaften, dass dieser nur als Rundumschlag gegen das Selbstverwaltungsprinzip insgesamt verstanden werden könne. Hätte man im BMG seine aufsichtsrechtlichen Pflichten in Richtung KBV schon damals umfänglich wahrgenommen, so hätte man das bestehende Desaster sicherlich verhindern oder zumindest einschränken können. Ohne Not werde hier ein Klima des Misstrauens gegenüber den Körperschaften geschaffen. Die Trennung von Rechts- und Fachaufsicht dürfe nicht infrage gestellt werden.

Ein Punkt, den auch BZÄK-Präsident Dr. Peter aus seiner Sicht untermauerte und massiv kritisierte. Er zeigte sich angesichts des Gesetzesentwurfs bestürzt und entsetzt: „Es geht nicht an, dass Gesetze von Leuten gemacht werden, die davon nichts verstehen,“ sagte er. „Ich möchte, dass die Trennung erhalten bleibt.“ Das Gesetz sei ein Baustein mehr bei den wachsenden Einschnitten der Politik in die Freiberuflichkeit und die freiberufliche Selbstverwaltung. Das zeige sich beispielsweise auch bei den Deregulierungsmaßnahmen, die dem Gesundheitswesen von europäischer Seite von fachfremden Bürokraten übergestülpt würden. Aus der willkürlichen Gesetzgebung erwachse eine gigantische Misstrauens- kultur gegenüber den Heilberufen.

Engel unterstrich die Bedeutung des zahnärztlichen Berufsstandes für die Gesellschaft. Ausgerichtet an den Werten von Kollegen-, Patienten- und Gemeinwohlorientierung müsse die Freiheit der Berufsausübung erhalten bleiben.

In der voranschreitenden Bedrohung der Freiberuflichkeit sieht die FDP eine wachsende Tendenz im Gesundheitswesen: Freiberuflichkeit sei bis heute das Rückgrat der Versorgung, unterstrich Dr. Heiner Garg, Landesvorsitzender der FDP Schleswig- Holstein.

Unterwegs zu planwirtschaftlichen Strukturen

Dennoch habe sich die Politik seit Ulla Schmidt sukzessive auf den Weg gemacht, einen klar anti-marktwirtschaftlichen Kurs zu fahren. Zunehmend setze man in der Gesetzgebung der letzten Jahre auf planwirtschaftliche Strukturen – angefangen von MVZ, die künftig die zahnärztliche Versorgung signifikant verändern würden, über Pläne zur Bürgerversicherung bis hin zum Selbstverwaltungsgesetz. Garg sprach von einer Demontage der Selbstverwaltung und einer Aushöhlung der Freiberuflichkeit.

Plädoyer für einen Mentalitätswechsel

Die Wertigkeit von Freiberuflichkeit unterstrich Festredner Frank Schäffler, Geschäftsführer Prometheus – Das Freiheitsinstitut. Zum Wohlstand einer Gesellschaft brauche es eine Wertschöpfung. Diese könne nur entstehen, wenn Unternehmer und Selbstständige, aber auch Freiberufler Produkte und Dienstleistungen besser machten als bisher. Der Staat mische sich inzwischen in immer mehr Lebensbereiche ein. Dazu gehörten der Energiesektor, der Wohnungsmarkt wie auch das Gesundheitswesen. „Die wenigen Freiheitsgrade, die es im Gesundheitswesen noch gibt, sollten Sie mit Zähnen und Klauen verteidigen“, sagte er an den Berufsstand gerichtet. Er forderte einen Befreiungsschlag für eine Entstaatlichung des Gesundheitswesens und einen Mentalitätswechsel hin zu einer neuen Selbstständigenkultur in der Gesellschaft.

Stimmen aus der Politik

Was den Referentenentwurf zum Selbstverwaltungsstärkungsgesetz angeht, so zeigte sich, dass dieser den anwesenden Vertreterinnen der Politik zum Zeitpunkt der HV im Wortlaut noch nicht vorlag. In ihrem Grußwort würdigte Ute Bertram, Mitglied im Gesundheitsausschuss der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, zunächst den herausragenden Beitrag der Zahnärzteschaft zum Gesundheitswesen. Freiberufliche Zahnärzte seien ein wesentlicher Garant für die wohnortnahe Versorgung. Sie sprach sich dafür aus, die Niederlassung zu fördern und eine Vielzahl von Versorgungsformen zu ermöglichen, dazu gehörten auch die MVZ. Was die Stoßrichtung des GKV-SVSG betreffe, sehe sie an den präzisen Vorgaben an die Selbstverwaltung zunächst nichts Falsches. Die externe und interne Kontrolle stütze die Selbstverwaltung, ein Weg in die Staatsmedizin werde damit nicht eingeschlagen. Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Linken, zeigte sich überzeugt, dass sich der Sozialstatus eines Menschen an seinen Zähnen abzeichne, dies sei auch im deutschen Gesundheitswesen ein Problem. Sie sprach sich für eine umfassende und zuzahlungsfreie Versorgung aus, finanziert durch eine solidarische Bürgerversicherung. Ihre Aussagen blieben von der Zahnärzteschaft nicht unwidersprochen und wurden mit dem Angebot zu Hintergrundgesprächen flankiert.

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Die Hauptversammlung war geprägt durch eine klare Arbeitsstruktur: Drei Kernthemen beherrschten die Debatten: Freiberuflichkeit, MVZ und die Versorgung von Parodontalerkrankungen. In ihren Beschlüssen votierten die Delegierten für den Erhalt freiberuflicher Versorgungsstrukturen. Sie sprachen sich gegen die Gründung arztgruppengleicher MVZ im zahnärztlichen Bereich aus und forderten eine Reform der Parodontalbehandlung.

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