Editorial

Kultur ist, was man selber daraus macht

Ich hoffe, dass Sie gut in das neue Jahr gekommen sind, für das ich Ihnen von Herzen alles Gute, Erfolg und Gesundheit wünsche. Und dass Sie Ihre gute Laune ob all der Aufgaben und auch Problemstellungen, vor denen die Zahnärzteschaft steht, nicht verlieren mögen. Ich fürchte jedoch, dass es wohlmeinende Worte bleiben werden.

Und dieses nicht nur, weil unsere Kultur, unsere Art und Weise zu leben, heftigen Angriffen ausgesetzt ist. Der Anschlag in Berlin auf den Weihnachts(!)markt an der Gedächtnis(!)kirche, aus meiner Sicht also auf zentrale Symbole unserer Kultur, gibt wie durch ein Brennglas den Blick frei auf eine gesellschaftliche Entwicklung, von der wir uns ernsthaft fragen müssen: Wollen wir diese wirklich so haben? Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang einen kleinen Exkurs, um die Herkunft und die Bedeutung des Begriffs „Kultur“ vor Augen zu führen.

Kultur entlehnt sich dem lateinischen colere, was so viel heißt wie anbauen, pflegen, wohnen. In der cultura steckt etymologisch neben dem Landbau (die Bodenkultur) auch die Pflege der geistigen Güter (die Geisteskultur). Die heutige Begrenzung des Begriffs Kultur auf die „Gesamtheit der geistigen und künstlerischen Lebensäußerungen einer Gesellschaft“ und folglich deren Delegation an „Kulturschaffende“ führt offensichtlich zu der Fehleinschätzung, dass „man selber nichts für die Kultur zu tun braucht“. Es ist genau andersherum: Wie in der Landwirtschaft gedeihen Pflanzen nur mit Pflege – eigener Pflege!

Was mich zu der Vielzahl an Aufgaben führt, die in diesem Jahr von der verfassten Zahnärzteschaft in Angriff zu nehmen sind. Und diese haben es wahrlich „in sich“. Eine nicht vollständige Auswahl: das Selbstverwaltungsstärkungsgesetz, die neue Approbationsordnung Zahnärzte, die Neuausrichtung der Parodontitis-Behandlung in der vertragszahnärztlichen Versorgung, die Festlegung von Art und Umfang der neuen zahnärztlichen Leistungsbereiche zur Prävention bei Patienten mit Handicap und der zahnärztlichen Betreuung der Null- bis Dreijährigen, das Thema Praxislabor und die MVZ-Problematik samt der Vergewerblichung und Industrialisierung der Zahnheilkunde sind die nach wie vor auf der Agenda stehenden Arbeitspunkte. Aber auch so mancher innerzahnärztliche Zwist …

Der Aufgabenmarathon 2017 startet Mitte Januar mit der Anhörung zum Entwurf für das unsägliche Selbstverwaltungsstärkungsgesetz. Selten ist die Wortwahl politisch so entlarvend gewesen. Denn wenn das Wort Stärkung gleichbedeutend ist mit der tatsächlichen Schwächung der Selbstverwaltung, dann stellt sich die Frage nach dem Nutzen nicht mehr. Müsste es der Politik nicht zu denken geben, wenn die Selbstverwaltungen – neben KZBV, KBV, GKV-Spitzenverband, der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und der G-BA – geschlossen und mit allen rechtstaatlichen Mitteln dagegen argumentieren? Wohlgemerkt sind das die Organisationen, die nicht gerade dafür bekannt sind, Freunderlwirtschaft zu betreiben. Wenn die Politik aber trotzdem nur zu kosmetischem Entgegenkommen bereit ist, dann ist so ein Verhalten eben keine Beratungsresistenz mehr, sondern das Abarbeiten einer „anderen“ politischen Agenda. Eine Agenda, in der die „Selbst“verwaltung in eine „Staats“verwaltung umfunktioniert werden soll. Will man dieses nicht, muss man sich statt wehren zu lassen eben auch selber wehren. Abgeordnete sind in ihrem Wahlkreis ohne großen Aufwand erreichbar!

Dr. Wolfgang Eßer hatte es so formuliert: „Ohne eine funktionierende Selbstverwaltung wird es keine freiberufliche Ausübung der Zahnheilkunde in Deutschland mehr geben!“

Eben, genau das steht auf dem Spiel.

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