Praxis-Outfit

Legen Sie einen Dresscode fest!

Gerade die Außenwirkung des Praxisteams hat einen großen Anteil daran, wie Patienten eine Praxis insgesamt bewerten. Das Image wird wesentlich durch das äußere Erscheinungsbild mitbestimmt. Doch was ist angemessen? Was geht in Sachen Kleidung, Schmuck und Haare beim Praxispersonal - und was geht nicht?

Eines vorweg: Das Weisungsrecht gibt dem Zahnarzt als Praxisinhaber und Arbeitgeber das Recht, die Arbeitsbedingungen näher zu bestimmen. Darunter fällt auch, die Art der Kleidung festzulegen, mit der sich die Praxis nach außen zeigt. Damit sich die Mitarbeiter in der Kleidung aber auch wohlfühlen und es deswegen nicht zu Unstimmigkeiten oder Missstimmungen kommt, raten Experten, sich vorher mit ihnen abzustimmen. Schließlich müssen Kleidungsvorgabe, Stil, Tragekomfort und persönliches Wohlbefinden unter einen Hut gebracht werden.

Das weiß auch Praxistrainerin Christa Maurer aus Lindau am Bodensee, die sich auf die Betreuung und das Coaching von Zahnarztpraxen spezialisiert hat. „Wichtig ist, dass bereits bei der Einstellung verbindlich fest gelegt wird, wie sich der künftige Mitarbeiter dienstlich zu kleiden hat. Dann gibt es keine Verunsicherungen, ob bauchfrei erlaubt ist oder nicht, ob kurz- oder langärmlig getragen werden soll, ob kurze Hosen oder lange erwünscht sind, ob Jeans oder Berufshosen zu tragen sind, T-Shirts, Sweatshirts oder Berufskleidung.“

Auch andere Experten empfehlen, innerhalb der Praxis eine bestimmte Kleiderordnung festzulegen – möglichst gemeinsam mit den Mitarbeitern. Es ist zwar immer ein Kompromiss nötig, um die Überlegungen des Praxisinhabers und die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen unter einen Hut zu bekommen.

Doch mittlerweile zählt es zum Allgemeingut, dass die Mitarbeiterinnen auch Botschafter der Praxis sind – nicht nur als erste Anlaufstelle für die Patienten. Und die will man ja schließlich für die Praxis gewinnen. Maurer: „Kein aufdringliches Parfüm sowie saubere und gut sitzende Berufskleidung gelten nach wie vor als Standard.“ Zu bedenken sei, dass die Altersspanne der Patienten oft über mehrere Generationen reicht – jede mit eigenen Vorstellungen. Daher sollten ausgefallene Outfits privat getragen werden.

Auf hochwertige Kleidung achten

Was ja auch passiert in Deutschlands Zahnarztpraxen: Vielfach werden weiße Hosen und Shirts mit Praxislogo als „Grundkleidung“ getragen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Kleidung hochwertig und farbecht ist und nach einem langen Arbeitstag immer noch gut aussieht. Maurer: „Hochwertige Zahnmedizin darf nicht in drittklassiger Kleidung stattfinden, sonst leidet die Glaubwürdigkeit der Praxis.“

Und wenn der Mitarbeiter mit seinem Outfit doch über die Stränge schlägt? Wo verläuft die Grenze? Welche Outfits muss der Zahnarzt tolerieren und wogegen kann er einschreiten? „Hier gilt es abzuwägen zwischen der Wahrung der Persönlichkeitsrechte des Mitarbeiters und dem Weisungsrecht des Praxisinhabers“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Köln. „Bei Mitarbeitern mit Patientenkontakt, zumal an der Rezeption, kann der Praxisinhaber das äußere Erscheinungsbild im Wesentlichen vorschreiben. So kann er verfügen, eher gedeckte statt knallbunte Kleidung zu tragen oder T-Shirts zu wählen, die nicht zu tief ausgeschnitten sind. Auch Piercings und sichtbare Tattoos kann er untersagen, wohingegen er gegen ein verdecktes Tattoo nichts einwenden kann.“

Was ist mit den Schuhen? Sind Sandalen oder gar Crocs oder Flip-Flops zu tolerieren? Einheitlichkeit ist beim Schuhwerk nicht zwingend, so Maurer. Der Praxisinhaber entscheide, ob Turnschuhe erlaubt oder erwünscht sind, ob weiße oder bunte Schuhe getragen werden sollen, sowie darüber, ob Sandalen akzeptabel sind. Allerdings sollten lang getragene Lieblingsstücke irgendwann ausgetauscht werden. Denn schiefe Absätze oder vergilbtes Leder wirkten ungepflegt.

Streitpunkt Kopftuch

Anlass zu Diskussionen bietet bisweilen auch das Thema Kopftuch als Teil des persönlichen Dresses. Hier gerät die Direktions- und Weisungsbefugnis des Unternehmers in einen Konflikt, nämlich dann, wenn eine Mitarbeiterin das Kopftuch als Glaubensbekleidung trägt, sagt Dr. jur. Gwendolyn Gemke, Fachanwältin für Medizinrecht aus München. Das Tragen religiöser Symbole, worunter auch das Kopftuch fällt, genieße durch die in der Verfassung garantierte Religionsfreiheit einen sehr hohen Schutz. Dieser Schutz greife auch im Rahmen der Berufsausübung, so dass zwei Grundrechte aufeinanderprallten: einerseits die Religionsfreiheit der Mitarbeiterin gemäß Art. 4 Grundgesetz (GG), anderseits die Unternehmerfreiheit des Arbeitgebers gemäß Art. 12 GG. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 14. März dieses Jahres dazu eine Grundsatzentscheidung getroffen: Arbeitgeber dürfen das Tragen von Kopftüchern verbieten. Im Unternehmen müsse es dafür aber eine allgemeine Regel geben, die diskriminierungsfrei umgesetzt wird.

Grundlage des Urteils (Az.: C-157/15 und C-188/15) waren zwei Klagen muslimischer Frauen. So wurde etwa in Belgien einer Rezeptionistin gekündigt, weil sie das Kopftuch auch während der Arbeitszeit tragen wollte. Das widersprach jedoch der internen Arbeitsordnung des Arbeitgebers, die sichtbare Zeichen von „politischen, philosophischen oder religiösen Überzeugungen“ nicht erlaubt. Unter diesen Umständen stelle ein Kopftuchverbot keine unmittelbare Diskriminierung dar, so die Luxemburger Richter. Und eine „mittelbare Diskriminierung“ könne gerechtfertigt sein, um etwa politisch, philosophisch oder religiös Neutralität gegenüber den Kunden zu wahren, so das Gericht.

No-Go: durchschimmernde Unterwäsche

Und wie sieht es mit Vorgaben zur Unterwäsche aus? Dass Unterwäsche bei weißer Dienstkleidung nicht durchschimmern darf, kann der Arbeitgeber tatsächlich vorschreiben, weiß das Internetportal „arbeits-abc“. Es gehe darum, Anstößigkeiten auf der Arbeit zu unterbinden. Bei Farbe, Design oder Stoffen greife dann aber das Persönlichkeitsrecht.

Die Balance zwischen Persönlichkeitsrecht und Kleidungsvorgaben zu wahren, sei auch angesichts eines möglicherweise noch so detaillierten Dresscodes angezeigt, warnt Dr. Bert Howald, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Stuttgart. Zwar seien Kleiderordnungen grundsätzlich der Gefahr ausgesetzt, sich allzu sehr in die private Lebensführung der Mitarbeiter einzuschalten. Doch sollte dies Arbeitgeber nicht davon abhalten, von ihrem Recht Gebrauch zu machen, bei einem schützenswerten Interesse Kleidervorgaben im Sinne eines einheitlichen Erscheinungsbildes zu machen.

Machbar: Das Dirndl als Arbeitskleidung

Was alles geht beim Thema Dresscode, zeigt folgendes Beispiel: In München hat die Kieferorthopädin Dr. Marie-Catherine Klarkowski das Ausgefallene zum Standard gemacht – und unterstreicht damit, dass das Praxis-Outfit zum Kern des Außenbildes gehört, mit dem man sich von anderen Praxen abhebt. Klarkowski und ihre Praxismitarbeiterinnen arbeiten nur im Dirndl als Arbeitskleidung – unter Einhaltung der hygienischen Vorgaben und mit Genehmigung der bayerischen Landeszahnärztekammer.

Checkliste Kleiderordnung

Das kann der Praxisinhaber vorschreiben:

  • Für alle Mitarbeiter mit Patientenkontakt das Tragen einer einheitlichen, von ihm zur Verfügung gestellten Arbeitskleidung (z. B. Poloshirts mit Praxislogo)

  • Sichtbare Piercings und  Tattoos zu bedecken, sofern diese auffällig sind

  • T-Shirts zu tragen, die den Bauch vollständig bedecken

  • Existiert ein Regelwerk über Kleidungsvorschriften, wonach in der Praxis generell eine religiöse und  weltanschauliche Neutralität gelten soll, kann der Zahnarzt festlegen, ob Kopftücher erlaubt sind oder nicht, aber nur bei Mitarbeitern, die in Patientenkontakt kommen (nicht etwa bei Labormitarbeitern).

  • Röcke zu tragen, die nicht anstößig wirken. Das Gleiche gilt für Unterwäsche, die Ausschnittstiefe von Blusen, Hemden oder T-Shirts.

  • Die Wahl der Schuhe: Es  kann – allein aus Sicherheitsgründen – festgelegt werden, keine Flip-Flops, Crocs oder  Sandalen zu tragen. Zudem hat der Praxisinhaber die Option zu verfügen, dass alte Schuhe, die einen schlechten Eindruck hinterlassen, durch neue ersetzt werden.

  • Ist die Frisur verdächtig, einen schlechten Eindruck über das Unternehmen  zu fördern, kann auch diese festgelegt werden. Beispiel: Einem als Rezeptionisten  tätigen Mitarbeiter mit buntgefärbter Punk-Frisur kann deren Änderung vorgeschrieben werden.

  • Der Praxisinhaber kann aus hygienischen Gründen und zum Zweck der Unfallverhütung das Tragen von Schmuck an Fingern und Handgelenken sowie von langen Halsketten untersagen.

  • Trägt der Mitarbeiter verschmutzte oder erheblich verschlissene Kleidung (z. B. eine zerrissene Jeanshose), kann der Praxisinhaber ihn zum Tausch der Kleidung auffordern.

Das ist vom Praxisinhaber zu tolerieren:

  • verdeckte Piercings oder Tattoos

  • Ohr- und  Halsschmuck  (mit  Ausnahme von langen Halsketten)

  • Make-up, sofern es nicht anstößig wirkt

  • Farbe, Design oder Stoff von Textilien (es sei denn,  diese sind nicht mit dem – auch von den Patienten erwarteten – Erscheinungsbild und Image der Praxis vereinbar)

  • das  Tragen  religiöser Zeichen  (Kreuzanhänger, Kopftuch), es  sei denn, es  gibt ein einheitliches, zur religiösen Neutralität verpflichtendes Regelwerk (s.o.)

Hinzuzufügen ist, dass es nach juristischem Ermessen stets auf die Umstände des Einzelfalls, auf das Erscheinungsbild und das Image der Praxis sowie auf die dort herrschenden Gepflogenheiten ankommt.

RA Patrick Klinkhammer, LL.M.

RPO Rechtsanwälte
Im Mediapark 6d, 50670 Köln

„Ich vergleiche den Dresscode für das Unternehmen Praxis gern mit einer Fluggesellschaft“, sagt sie auf Nachfrage. „Das einheitliche Outfit der Airline-Mitarbeiterinnen ist markenkonform und landestypisch ausgewählt, steht für Professionalität und repräsentiert den CI(Corporate Identity)-Anspruch des Unternehmens. Von diesem Ansatz ausgehend war es nur logisch und konsequent, dem alpinen Ambiente der Praxis in Sachen Praxiskleidung Rechnung zu tragen und die Mitarbeiterinnen mit maßgeschneiderten Trachtenoutfits auszustatten. Bei der Auswahl der Stoffe richte ich das Augenmerk auf die besonderen Praxisanforderungen im Hinblick auf die Hygienebestimmungen. Jede Mitarbeiterin erhält selbstverständlich ausreichend Kleidung zum Wechseln.“

sg

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