Sie baten um eventuelle Gewalterfahrungen von Zahnärzten in ihren Praxen. Gern möchte ich Ihrer Bitte nachkommen. In den letzten Jahren haben sich nach meiner Erfahrung gravierende Veränderungen hinsichtlich des allgemeinen Auftretens einiger Patienten und der Sicherheitslage in den Praxen generell gezeigt. Es ist daher durchaus an der Zeit, dass sich jetzt auch die zm dieses für die Heilberufe in Deutschland brisanten Themas annimmt. Als selbst betroffener Mediziner in einer Zahnarztpraxis, die ich seit 1991 führe, möchte ich einige spezielle „Erlebnisse“ nur aus den vergangenen drei Jahren schildern.
Körperverletzung
Ein körperlich ausgesprochen rüstiger bayrischer Rentner (circa 175 cm, 120 kg) attackierte zuerst verbal meine Zimmerassistentin. Er war der Meinung, dass er nach erfolgter Anästhesie für seine chirurgische Behandlung zu lange (20 Minuten) auf den Beginn seiner Behandlung warten musste, weil ich in einem anderen Zimmer noch einen Akutpatienten operierte. Nachdem ich ihm erklärt hatte, dass seine Behandlung gleich wie geplant erfolgen wird, beschimpfte er mich als u. a. „Arschloch“, „Penner“ und „Wichser“. Daraufhin verwies ich ihn der Praxis. Unter weiteren Beschimpfungen verließ er auch das Behandlungszimmer. Nachdem die Tür des Behandlungszimmers bereits geschlossen war, riss der Patient die Tür wieder auf und schlug und trat sofort vehement auf mich ein.
Folge: Platzwunden über dem Auge und an den Händen Prellungen und Hämatome. Danach wurde ich vom Patienten gewürgt, da er die um meinen Hals hängenden Bänder der Lesebrille und die Kabel meiner Lupenbrille zu fassen bekam und diese in Verbindung mit dem Kragen des Poloshirts zum Würgen benutzte. Kurz vor der Bewusstlosigkeit gelang es mir dann aber, durch meine erst dann einsetzende, massive Gegenwehr den Patienten aus der Praxis zu werfen.
Folge: Zerstörte Lupenbrille, zerfetzte Praxiskleidung, blutige und verschmierte Praxiswände, abgebrochener Praxistag, Polizeieinsatz mit Protokollierung, polizeiliche Anzeige wegen Körperverletzung, verstörte Mitarbeiter und Patienten.
Von dem Patienten erfolgte seinerseits ebenfalls eine Anzeige gegen mich wegen Körperverletzung. Danach folgten unzählige Termine und Schriftsätze mit den Anwälten und eine Gerichtsverhandlung, wofür die Praxis einen Tag geschlossen wurde, da ich mit dem gesamten Personal inkl. der am Tag des Vorfalls anwesenden Patienten als Zeugen zur Verhandlung musste.
Die Lebenspartnerin des Patienten musste unter Klageandrohung eine Unterlassungserklärung abgeben, da diese Frau meine Praxis generell, meine Mitarbeiter und mich persönlich verunglimpft hatte.
Schlussendlich und nach über einem Jahr wurde der Patient zur Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld verurteilt. Der Patient stottert jetzt für die nächsten Jahre 50 Euro monatlich ab.
Alle Artikel der Titelgeschichte zum Thema Videoüberwachung
Es ist der klassische Drahtseilakt: Auf der einen Seite soll die Kamera im Wartebereich
vor kriminellen Übergriffen schützen – auf der anderen Seite gilt es,
den Datenschutz der Patienten zu beachten. Nicht jeder Praxisinhaber kann
die Balance halten, wie ein aktuelles Urteil zeigt.
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Wurden Sie schon einmal mit aggressivem Verhalten von Ihren Patienten konfrontiert? zm-online hat im Mai dieses Jahres nachgefragt. Hintergrund ist eine bundesweite Studie
aus der hervorgeht, dass 73 Prozent von 831 Hausärzten innerhalb eines Jahres Aggressionen in der Praxis erlebten. Trifft das auch für Zahnärzte zu, fragte die Redaktion. Mit diesem „Erlebnisbericht“ haben wir nicht gerechnet.
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Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden: Videoüberwachung
in Behandlungszimmern ist erlaubt, da es sich hierbei nicht um einen öffentlichen Raum handelt. Für Dr. Thomas H. Lenhard, Datenschutzbeauftragter der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK), „absolut nicht nachvollziehbar“.
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