Die zm-Kolumne rund um die relevanten Praxisfragen

Bewertungsplattformen: Segen oder Fluch?

Heute möchte ich mich einem Thema widmen, das die Medienlandschaft seit Jahren regelmäßig durchzieht: Bewertungsplattformen. Immer wieder ist von Gerichtsverfahren und -urteilen zu lesen, die die Art und Weise öffentlicher Bewertungen anzweifeln und teilweise einschränken. Bei diesem Thema kommt keine Langeweile auf.

Bewertungsplattformen sind mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten, bieten der Zahnarztpraxis in Zeiten gestiegenen Konkurrenzdrucks aber gleichzeitig auch die Möglichkeit, sich von der Masse abzuheben, bestehenden Patienten eine Feedbackmöglichkeit einzurichten und potenzielle mit den Vorzügen der Praxis vertraut zu machen. 

Empfehlungsmarketing als A und O

Wer von Ihnen kennt es nicht? Ob auf der Suche nach einem Hotel für den kommenden Sommerurlaub, bei der Recherche nach einem Restaurant für das abendliche Dinner oder beim Online-Shopping: Bewertungen anderer Nutzer haben einen hohen Einfluss auf unsere Entscheidungen. Dieses Prinzip bildet die Grundlage der Bewertungsplattform jameda, über die Informationen über (Zahn-)Ärzte kostenfrei abgerufen werden können. Die Listung in Form eines Basisprofils – dazu gehören akademischer Grad, Name, Fachrichtung, Kontaktdaten sowie Sprechzeiten – übernimmt jameda automatisch, ohne dass ein aktives Handeln des Arztes beziehungsweise der Praxis erforderlich ist. Alle bei jameda gelisteten Ärzte können dann von Patienten, die sich zuvor mit ihrer E-Mail-Adresse auf dem Portal registriert haben, in verschiedenen Kategorien bewertet werden. So weit, so gut – gilt Empfehlungsmarketing doch bis heute als sicherste und seriöseste Form der Werbung. 

Seien Sie sich im ersten Moment darüber bewusst, dass – Stand 7. Februar – jede neue Praxis automatisch auf jameda erfasst und zur Bewertung freigegeben wird. Um nicht Opfer einzelner schlecht gelaunter Patienten zu werden, bietet es sich an, den Patienten nach der Behandlung um eine kurze Bewertung auf der Plattform zu bitten. So können Sie sich sicher sein, dass Sie ein unmittelbares Feedback in einem zeitlich relevanten Abstand erhalten. Theoretisch. 

Anonymität als Risiko

Wie bei nahezu allen Bewertungsportalen hat auch der jameda-Kunde das Problem, dass außer einer verifizierten E-Mail-Adresse nichts über den bewertenden Patienten bekannt ist. Auch nicht weiter verwunderlich ist, dass sich das Unternehmen über kostenpflichtige Inhalte präsentiert. So können Bilder, individuelle Inhalte oder auch die Praxis-Website nur bei Buchung eines der kostenpflichtigen Pakete, die ab 59 Euro monatlich beginnen, platziert werden. Gleichzeitig ermöglicht ein kostenpflichtiges Profil den Schutz vor Einblendungen der Konkurrenz, während die Werbung zahlender Ärzte neben Basisprofilen erscheint. Auch wenn kostenpflichtige Benutzerkonten als solche gekennzeichnet und damit erkennbar gemacht werden, hält sich hartnäckig der Vorwurf unlauteren Wettbewerbs. 



Hinzu kommt, dass Sie als Zahnarzt dazu gezwungen sind, sich auf jameda bewerten zu lassen. Auch wenn die Entfernung einzelner, nachgewiesen falscher Bewertungen zulässig ist, kann aufgrund des großen Interesses an Transparenz im Gesundheitsmarkt keine Löschung des Gesamtprofils vorgenommen werden (BGH-Urteil vom 23. September 2014). Genau dagegen klagt nun eine Kölner Dermatologin, die nicht bereit ist, in ein kostenpflichtiges Profil zu investieren, vor dem Bundesgerichtshof. Durch die Bevorzugung kostenpflichtig registrierter Ärzte sieht sie ihr Persönlichkeitsrecht verletzt.

Ein Urteil wird für den 20. Februar erwartet. 

Ich bin kein Jurist und werde daher auch kein juristisches Urteil zu der Thematik abgeben. Jedoch habe meine ganz eigene Meinung zu dem Thema: Bewertungsplattformen und der Wettbewerb leben von Transparenz. Als Patient sollte ich die gleichberechtigte Möglichkeit erhalten, Praxen in meiner Region wahrnehmen und beurteilen zu können – unabhängig von der Zahlkraft des jeweiligen Arztes. Als Arzt sollte ich an der Zufriedenheit meiner Patienten orientiert sein. Sie betreiben also dann die beste Werbung, wenn Sie Ihre Patienten um ein aktives Feedback bitten. Dafür reicht ein Basisprofil. Als professionell geführte Praxis ist die Angst vor schlechten Bewertungen unangebracht. Qualität setzt sich durch. 

Bewerten Kollegen besser?

Um sicher mit Bewertungsplattformen umgehen zu können, ist ein Verständnis der Vorgehensweisen und Bewertungsgrundlagen nötig. So kommen bei der Ärzteliste des Magazins Focus neben einem Fragebogen, den Sie als Zahnarzt selbst ausfüllen, mit hoher Gewichtung auch die Meinungen und Empfehlungen zahnärztlicher Kollegen zum Tragen. Diese entscheiden mit kleinen Aussagen entsprechend schnell über das (Un-) Wohl Ihrer Praxis. Insbesondere bei den Arztempfehlungen müssen überdurchschnittlich gute Ergebnisse vorliegen, um eine gute Platzierung zu erzielen. Hinzu kommen Empfehlungen von Patienten und Auswertungen von Publikationen. Auch wenn Sie mit den Bewertungsmaßstäben vertraut sind, heißt es nicht, dass Sie automatisch Erfolg haben. Oder kennen Sie viele junge Kolleginnen und Kollegen, die auf eine Vielzahl an Publikationen zurückgreifen können?

Bedenken Sie immer eines: Die wahre Qualität der Praxis misst sich nicht in Bewertungen einzelner Patienten. Vielmehr ist die Gesamtqualität entscheidend. Hierbei spielen insbesondere Ihre Mitarbeiter, ein starkes Überweiser-Netzwerk und vor allem Ihre Patienten eine entscheidende Rolle.

Welche Auswirkungen sich durch das für den 20. Februar angekündigte Gerichtsurteil ergeben und wie Sie als Praxis darauf reagieren sollten, lesen Sie in der kommenden Ausgabe meiner Kolumne.

In diesem Sinne ...

Ihr Christian Henrici Henrici@opti-zahnarztberatung.dewww.opti-zahnarztberatung.de

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