Volker Looman zur Entscheidung zwischen Aktien und Immobilien

Eine Immobilie ist – wie eine Frau, oder ein Mann – ein Klumpenrisiko

Volker Looman
Die heutige Kolumne, verehrte Leserinnen, werte Leser, ist mal wieder etwas für die Spekulanten unter Ihnen, und davon scheint es ja nicht gerade wenige zu geben. Ich will mit Ihnen die Frage untersuchen, was herauskommen kann, wenn Sie zu Ihrer lieben Hausbank um die Ecke gehen, sich eine halbe Million (Euro) borgen und das Geld in fünf Aktien-Index-Fonds stecken. Jawohl! Sie haben richtig gelesen. Es geht um den Kauf von Aktien auf Pump. Mir ist klar, dass viele von Ihnen jetzt denken: „O Gott, der Looman hat einen Knall!“ Ich erlaube mir aber, erwidern zu dürfen, dass dieser Vorwurf jeder Grundlage entbehrt. Eher ist das Gegenteil der Fall, weil ich mich im Recht fühle, Sie fragen zu dürfen, was Sie veranlasst, sich die fünfte Immobilie auf Kredit zu leisten. Kurzum: Es geht um die Frage, wer der größere Spekulant, wer der vorsichtigere Investor ist, wenn es um die Überlegung geht, fremdes Geld zum eigenen Nutzen anzulegen.

Hier die Daten des aktuellen Falls: Der Anleger ist 50 Jahre alt und Zahnarzt von Beruf. Er besitzt schon einige Immobilien. Das Eigenheim und die Ferienwohnung sind schuldenfrei, auf den anderen Objekten, die zum Teil aus Erbschaften stammen, lasten noch Schulden. Statt beim Abbau dieser Verbindlichkeiten aufs Gaspedal zu drücken, möchte sich der Freiberufler weiter verschulden. Die niedrigen Kreditzinsen sind so verlockend, dass er zusätzliche „Zinsdifferenzmodelle“ ins Auge fasst, ganz nach dem Motto: „Geld billig aufnehmen, Geld teuer anlegen, die Differenz macht mich reich!“

Der Zahnarzt möchte „brachliegende“ Grundschulden nutzen und 500.000 Euro aufnehmen. Die halbe Million soll in Aktien gesteckt werden und bis zum Rentenbeginn in 15 Jahren jährlich 5 Prozent abwerfen. Die Rendite muss natürlich um die Abgeltungssteuer von 26,375 Prozent gekürzt werden, so dass dem Spekulanten noch 3,68 Prozent bleiben. In der Kreditphase sind Sollzinsen von 1,5 Prozent pro Jahr fällig, die nicht als Werbungskosten absetzbar sind. Das führt zu einer Zinsdifferenz von 218 Basispunkten und der Frage, wie hoch die tatsächliche Rendite dieses Anlagemodells ist.

Ideal wäre die „Stundung“ der Soll- und Habenzinsen. Damit würden zwei Endwerte angestrebt – und die Differenz wäre der Lohn der Spekulation. In der Praxis funktioniert dieses Modell aber nicht. Das liegt an der Weigerung der Banken, die Zinsen auflaufen zu lassen. Sie bestehen darauf, dass der Anleger die jährlichen Sollzinsen von 1,5 Prozent in monatlichen Teilbeträgen von 625 Euro berappt. Dadurch entsteht ein simpler Sparplan, der sich aus 179 Raten à 625 Euro und einer Schlusszahlung von insgesamt 500.625 Euro zusammensetzt. Dafür winkt dem Anleger, wenn alles gut geht, ein Aktiendepot im Wert von 860.000 Euro. Die Verzinsung dieses Geschäfts beträgt 14,34 Prozent pro Jahr. Das mag für Sie vielleicht noch nicht das Geschäft Ihres Lebens sein, liebe Leserinnen und Leser, doch ich möchte Sie trotzdem fragen, ob Sie ähnliche Ergebnisse fordern, wenn Sie Ihre monatlichen „Sparraten“ in Häusern oder Hotels an der Parkstraße oder in der Schlossallee verbuddeln.

Sollte das wider Erwarten nicht der Fall sein, möchte ich Sie einladen, über die Chancen und Risiken des Modells zu diskutieren. Halt, ich möchte Ihnen eher die Frage stellen, warum Anleger bereit sind, eine halbe Million aufzunehmen und in eine Immobilie zu stecken, sich Privatleute aber weigern, 500.000 Euro aufzunehmen und in 3.000 oder 4.000 Aktien zu investieren. Das ist doch eigenartig, oder finden Sie dieses Verhalten normal?

Die Fragen bekunden keine Abneigung gegen Immobilien. Ich habe nichts gegen anständige Objekte in guter Lage, die 20 Jahresmieten abwerfen. Mir ist aber bewusst, dass es für konstante und steigende Immobilienpreise keine Garantie gibt. Genauso werden Sie mir zustimmen (müssen), dass eine Immobilie – genauso wie eine Frau oder ein Mann im Leben – ein veritables Klumpenrisiko ist. Folglich ist es doch eine Überlegung wert, wenigstens einen Brocken aus dem Weg zu räumen, wobei ich Ihnen die Wahl überlasse, welchen Sie anpacken. Ich kümmere mich auf alle Fälle um die Aktien und schlage Ihnen fünf Indexfonds vor, mit denen das Zinsdifferenzgeschäft klappen könnte.

Ich würde die 500.000 Euro zu je 40 Prozent in Nordamerika und Europa und zu jeweils 5 Prozent in China, Indien, Korea und Japan investieren. In den Vereinigten Staaten können jeweils 100.000 Euro in den S&P 500 und in den S&P 600 investiert werden. In Europa sollten die 200.000 Euro in den Stoxx 600 Europe investiert werden. Die restlichen 100.000 Euro fließen zu gleichen Teilen in den MSCI China, MSCI India, MSCI Korea und MSCI Japan. Mit dieser Mischung kommen Sie auf rund 3.500 Titel, da kann von Klumpenrisiko wirklich keine Rede mehr sein. 

Jetzt brauchen Sie „nur“ noch Gelassenheit und Gottvertrauen, dass die Geschichte in 15 Jahren gut enden wird. Bei Immobilien scheinen mir beide Dinge im Überfluss vorhanden zu sein, doch bei Aktien sieht die Sache in der Regel anders aus. Wollen Sie es nicht doch einmal versuchen? Ich finde die Entscheidung für einen Partner und viele Aktien prickelnd, oder finden Sie die umgekehrte Lösung prickelnder?

Kolumnen entsprechen nicht immer der Ansicht der Herausgeber.

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