Die zm-Kolumne rund um die relevanten Praxisfragen

Praxisübergabe: Was am Ende zählt

Christian Henrici
Meine Gedanken zur Praxisübergabe, die ich in der letzten Kolumne mit Ihnen geteilt habe, möchte ich aufgrund der vielen Nachfragen tiefer gehend thematisieren und anhand dreier Fragen konkretisieren.

Frage 1: 

Warum ist es notwendig, sich schon im Alter zwischen 50 und 60 Jahren mit der Praxisabgabe zu beschäftigen? 

Meine Antwort mit eindeutiger Empfehlung:

Am Ende des Tages arbeiten Sie an einem Objekt, der Zahnarztpraxis. Mit Gründung oder Übernahme steht bereits fest, dass ein Übergabeprozess mit fortlaufendem Betrieb ein fester Bestandteil Ihres beruflichen Werdegangs ist. Um diesen Prozess so erfolgreich wie möglich zu gestalten, ist es dringend erforderlich, (notwendige) Maßnahmen zur Unternehmenswerterhaltung zu ergreifen. 

Anhand einer objektiven Wertermittlung für ein Unternehmen – einer Praxisbewertung – zu einem frühen Zeitpunkt (das heißt einige Jahre vor der Übergabe) werden die Chancen, Gefahren und Möglichkeiten, die die eigene Zahnarztpraxis bietet und die Dinge, die nicht ideal laufen – positiv formuliert: das Potenzial –, aufgezeigt. Idealerweise kann man im Anschluss daran, wie bei einem Backrezept, die bewerteten Schwachstellen bearbeiten und formen, den Arbeitswert erhöhen, den Unternehmenswert der Zahnarztpraxis steigern und somit zu guter Letzt auch ein klares Zeichen an das Praxispersonal senden. Denn: Investitionen, egal welcher Art, fördern nicht nur die Wirtschaftlichkeit, sondern auch das Image der Praxis und die Motivation der Mitarbeiter.

Frage 2: 

Für wen erstelle oder erbaue ich meine Zahnarztpraxis? Wer ist an einem hohen wirtschaftlichen Wert meiner Praxis interessiert? Sind es noch die jungen Mediziner, die sich selbstständig machen wollen? 

Meine Antwort: 

In den letzten Jahren hat sich die Übernahmeleidenschaft leider gelegt. Das heißt: Waren vor circa zehn Jahren bei einer validen, wirtschaftlich und perspektivisch interessanten Praxis etwa sechs bis acht Zahnärzte an einer Übernahme interessiert, ergeben sich heutzutage – je nach Region – nicht selten drei oder weniger Interessenten. Die Tendenz ist eher abnehmend. 

Neben dem demografischen Wandel ist dies vor allem mit der Feminisierung der Zahnmedizin zu begründen. Hinzu kommt häufig der Wunsch von jungen Zahnmedizinern, nicht in einem Bestand zu gründen, sondern sich in einer Praxisneugründung zu verwirklichen. In Zeiten wie heute, in denen das Geld günstig ist, ist dies auch zu einer wirtschaftlich sehr relevanten Alternative geworden. Die andere Gruppe, die möglicherweise an der Übernahme Ihrer Praxis interessiert sein könnte, ist die Gruppe der expandierenden Praxen und gegebenenfalls auch der neu entstehenden Praxisverkettungen. 

Frage 3:

Woran erkennt man, dass eine Praxis nicht mehr oder nur für den symbolischen Euro abgebbar ist?

Meine Antwort: 

Stellen Sie sich doch selbst einmal die Frage, was eine moderne, attraktive Praxis in Ihren Augen auszeichnet. Und betrachten Sie anschließend einmal die Punkte, die Sie selbst abschrecken würden. Letztlich zählen die harten Fakten: Wie wirtschaftlich ist die Praxis? Wie modern ist die Ausstattung? Wie präsentieren sich die Mitarbeiter? Wie groß ist der Patientenstamm? Wie viele potenzielle Neupatienten bietet die Region? All diese Fragen sollten idealerweise positiv beantwortet werden. Wenn nicht, ist ein Verkauf mit einem hohen Erlös nur selten denkbar.

Sie müssen bieten, was gefragt ist

Wie beschrieben ist es – unabhängig von der Wirtschaftlichkeit der Praxis – generell schwierig, einen Verkauf zu realisieren, wenn man sich zu spät um die Einleitung des Prozesses kümmert. Im Lauf des Lebenszyklus der Praxis ist es immer empfehlenswert, nicht nur auf sich selbst, sondern auch auf die (engere) Umgebung zu achten. Dies ist vor allem in einer ländlich geprägten Umgebung wichtig, in der sich andere Gewerke und/oder Strukturen zusehends zurückentwickeln. Hier stelle ich die folgenden Fragen:

  • Wo ist die nächste Grundschule? 

  • Wo ist der nächste Kindergarten?

  • Wo ist der nächste aktive Sportverein?

  • Wo oder wie weit entfernt ist die nächste Nahversorgung?

Diese Aufzählung sollten Sie nicht als abschließend betrachten, sondern vielmehr als kleinen Indikator mit hoher Bedeutung. Verliert meine Region an Attraktivität, so leidet auch meine Praxis unter dieser Entwicklung. Diese Überlegungen können auf Stadtpraxen übertragen werden. Ein regelmäßiger Blick auf die Bebauungs- und Entwicklungspläne der Region helfen, die Entwicklung proaktiv einschätzen und gegebenenfalls reagieren zu können.


Weitere Faktoren für eine schwierig zu übergebende Praxis sind eine veraltete Ausstattung oder ein hohes Patientendurchschnittsalter ohne ein entsprechendes Angebot an Leistungen in der Alterszahnheilkunde (hier wurden von der KZBV unter besonderem Engagement von Dr. Wolfgang Eßer Positionen geschaffen, die eine Versorgung – auch wirtschaftlich vernünftig – ermöglichen). Gesehen habe ich das aber in diesen Praxen doch sehr selten. Eine Nutzung des „brachliegenden“ Potenzials, so naheliegend es ist, wird aus verschiedenen Gründen nicht konsequent vorgenommen. Summiert ergeben auch nur Teile dieser Aufzählung eine beträchtliche Unattraktivität, die zu einer Unverkäuflichkeit und somit einer Praxisschließung führt.

Ich habe zu diesem Artikel sehr, sehr viele An- und Nachfragen erhalten. Gern stehe ich Ihnen auch telefonisch für weitere Fragen zur Verfügung und werde diese dann in meine kommenden Beiträge einfließen lassen.


Ihr Christian Henrici

Henrici@opti-zahnarztberatung.dewww.opti-zahnarztberatung.de

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