Regina Först zur Frage „Sind Frauen die besseren Chefs?“

Jein.

Obwohl die Zahnmedizin zunehmend weiblich wird, haben Frauen in Führungspositionen noch immer mit Klischees zu kämpfen: Hält die Chefin dem Druck stand, kann sie „knallhart“ mit den Mitarbeitern verhandeln? Oder ist sie zu empfindlich, zu nachgiebig, zu sehr „auf Harmonie“ bedacht? Unternehmensberaterin Regina Först muss angesichts dieser Fragen laut lachen – dann findet sie klare Worte.

Frau Först, Sie selbst sind eine erfolgreiche Unternehmensberaterin. Wie bewerten Sie die Diskussion um die Geschlechterrollen?

Regina Först:

Oje! Quotenfrauen und Geschlechterrollen. Diese Diskussion mag ich eigentlich überhaupt nicht! Lassen Sie es mich also so sagen: Ich glaube, dass Frauen per se mit dem besser ausgestattet sind, was aktuell auf dem Markt gefragt ist, nämlich Sozialkompetenz! 

Vielleicht ist dies nun gerade eine Zeiterscheinung und in zehn Jahren erwartet man von einem guten Chef, dass er der perfekte Statistiker ist – derzeit jedoch zählt nicht das Know-how, sondern das Know-why. Und hier haben Frauen einen klaren evolutionären Vorteil. Schon als Urmenschen mussten Frauen viel mehr Kommunikation leisten als ihre Männer. Während diese sich ausschließlich auf das Jagen fokussierten, saß die Urfrau in der Höhle – und musste die Kommunikation übernehmen: Wo gibt es die besten Beeren? Wer passt auf mein Kind auf? Diese Fragen mussten die Frauen untereinander in der Gemeinschaft beantworten. Und genau dieses Verhalten des Urmenschen tickt immer noch in uns.

Dementsprechend ist es auch heute noch so, dass Frauen per se kommunikativer sind und auch über eine höhere Sozialkompetenz verfügen als Männer. Und diese Eigenschaften sind es, die heute einen guten Chef ausmachen. Aber ...

Aber Frauen haben meist ein höheres Harmoniebedürfnis als Männer?

Ganz genau! Im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen machen weibliche Chefs seltener klare Ansagen, weil sie ihr Gegenüber nicht verletzen wollen. Diese Harmoniesucht – das „Gemochtwerden“ von den Mitarbeitern – ist bei uns Frauen ebenfalls fest verankert. So kann es passieren, dass ich nach außen hin die nette Chefin abgebe, aber unbewusst einen Groll hege, weil mir alle Mitarbeiter auf der Nase tanzen. 

Genauso wichtig wie eine hohe Sozialkompetenz ist für einen guten Chef daher also auch das „Nein-Sagen-Können“, ebenso das „Mutig-Sein-Können“, wenn mal Klartext gesprochen werden muss. 

Die Frage „Sind Frauen die besseren Chefs?“ lässt sich also nicht so einfach beantworten?

Das stimmt. Frauen bringen zwar eine höhere Sozialkompetenz mit als Männer. Das heißt aber noch nicht, dass sie ausschließlich deshalb auch die besseren Chefs sind. Denn wenn weibliche Chefs trotz einer hohen Sozialkompetenz zum Beispiel nicht in der Lage sind, klare Anweisungen zu geben, dann wird es immer wieder zu Konflikten in ihrem Team kommen.

Und genauso gibt es natürlich auch Männer, die von Natur aus eine unglaublich hohe Sozialkompetenz mitbringen.

Nun gibt es in der Zahnarztpraxis die Besonderheit, dass häufig nicht nur die Chefin weiblich ist, sondern dass das ganze Team ausschließlich aus Frauen besteht. Macht das einen Unterschied? 

Auf jeden Fall! Sobald in einem Team ausschließlich Frauen oder ausschließlich Männer arbeiten, können sich schnell ganz komische Strukturen herausbilden – erkennbar durch Hahnenkämpfe in der Chefetage der Uniklinik oder durch das Zickentheater im Schwesternzimmer. Dies sind natürlich Extreme. Dennoch würde ich persönlich eine gute Mischung von Männern und Frauen in meinem Team immer bevorzugen. 

Aber Sie haben bereits angedeutet, dass es Branchen gibt, in denen es solch eine Mischung der Geschlechter einfach nicht gibt. Ich selbst komme aus der Modebranche, wo ebenfalls überwiegend Frauen arbeiten. Das kann unglaublich viel Spaß bringen, birgt aber leider auch die Gefahr, dass im Team „Spielchen“ gespielt werden. Denn Frauen achten sehr auf eine Gleichbehandlung. Im Umkehrschluss können so auch schell Eifersüchte entstehen und der Zickenterror ist vorprogrammiert. Daher benötigt man in reinen Frauengruppen eine Form der Führung, die darauf abzielt, dass solche „Eifersüchte“ nicht ausgelebt werden dürfen. 

Wie kann ich als Praxischef solche Streitereien im Team verhindern?

Kurz gesagt, indem Sie Ihre Mitarbeiter gut führen. Die Schwierigkeit dabei: Woher sollen Sie als Praxisinhaber überhaupt wissen, wie das geht?! Hier zeigt sich das eigentliche Problem: Niemand bringt den angehenden Praxisinhabern im Studium bei, wie sie später ihre Mitarbeiter führen sollen. Das ist eine Katastrophe! Versetzen Sie sich in die Lage des Zahnarztes: Er durchläuft die Uni, sammelt Erfahrungen im Angestelltenverhältnis, und wagt dann – mit unglaublichen Invesititionssummen – endlich den Schritt in die Niederlassung. ‚Hurra‘, denkt dann vermutlich jeder frischgebackene Praxisinhaber, ‚jetzt habe ich die größten Hürden endlich überwunden‘. Und dann kommt die Ernüchterung: Das Team entpuppt sich als wahrer Zickenhaufen. Dauernd kommt jemand zu ihm ins Behandlungszimmer rein und sagt ‚Die hat gesagt, dass ...‘ Puh!

Führerschein für Führungskräfte

Vom ICH zum DU zum WIR

Regina Först hat das E-Learning-Training „Führerschein für Führungskräfte“ entwickelt, das (vor allem) Sozialkompetenzen nachhaltig vermitteln soll. Drei Aspekte stehen dabei im Vordergrund:

ICH-Training: Durch innere Klarheit die ICH-Kompetenz schärfen, Weitsicht entwickeln und mit natürlicher Autorität vorangehen. Themen: Gedankenmuster, Energiemanagement, Ziele. 

DU-Training: Intrinsische Motivation bei Mitarbeitern fördern, wertschätzend führen und sie optimal in Positionen und Projekten einsetzen. Themen: Die Kunst des Zuhörens, Authentische Kommunikation, Motivation, ...

WIR-Training: Das ICH-DU-WIR-Gefühl an Bord holen und diesen Erfolgsfaktor als Führungskraft gezielt für Umsatzentwicklung und Qualitätssicherung einsetzen. Themen: Kräfte bündeln, Image nach außen, Erfolg.

Mehr Infos:

www.people-foerst.den

Wenn man als frischgebackener Praxisinhaber solch eine Situation erlebt, dann empfehle ich immer, sich einen Coach an die Seite zu holen. Bei unserem Training bieten wir zum Beispiel den ‚Führerschein für Führungskräfte‘ an. Dabei geht es in erster Linie darum, dass der Chef eine neue Haltung gegenüber seinen Mitarbeitern entwickelt. Unser Motto lautet ‚Vom ICH zum DU zum WIR‘. Dafür benötigt man auch keine langwierigen Seminare. Wichtig ist, sich einmal dieses Expertenwissen anzueignen, dann bin ich als Führungskraft auch gut auf Streitigkeiten im Team vorbereitet. 

Dennoch – auch in einem gut geführten Team können Konflikte auftreten. Wie gehe ich als Praxisinhaber dann damit um? 

Eine Regel lautet: Kritik nie vor anderen! Einfach weil es verletzend ist. Eine zweite Regel: Kritik so schnell wie möglich bringen. Ich würde versuchen, einen Konflikt immer am selben Tag zu klären. Schwierig wird dies natürlich, wenn mein Mitarbeiter um 15 Uhr Feierabend hat, ich selbst aber noch in der Behandlung stecke. Wichtig ist in solch einem Fall, das kurze Gespräch. Sagen Sie zum Beispiel ‚Das ist heute leider nicht so rund gelaufen. Lassen Sie uns das bitte morgen sofort klären.‘ Dies sollte nicht als Drohung verpackt werden, sondern als klare Ansage, dass der Konflikt so schnell wie möglich aus dem Weg geräumt werden soll.

Die dritte Regel: Sie dürfen nur auf der Verhaltensebene kritisieren. Leider können dies die wenigsten Chefs – und kritisieren den Menschen an sich. Sätze wie ‚Sie verhalten sich scheiße!‘ oder ‚So geht das gar nicht!‘ – alles schön gehört! – stellen den Mitarbeiter an sich infrage. Stattdessen sollte die Führungskraft auf der Verhaltensebene Ich-Botschaften senden, wie ‚Ich habe wahrgenommen, dass...‘ oder ‚Ich habe das so erlebt, ...‘. Wer diese Regeln beherzt, kann Konflikte meist recht unproblematisch lösen.

Die Kunst, Menschen kritisieren zu können, ohne dass sich diese verletzt fühlen, habe ich gerade erst in einem Warenhaus erlebt. Ein Filialleiter erzählte mir, dass er von seinem Personalchef eine Abmahnung erhalten hatte und trotzdem glücklicher aus dem Gespräch hinaus gegangen sei, als er hinein gegangen war. ‚Donnerwetter‘, dachte ich mir, ‚hat man dem Drogen in den Kaffee geschüttet?‘ (lacht). 

Im Seminar haben wir die Situation dann aufgedröselt und es hat sich herausgestellt, dass dem Filialleiter sehr kurz und präzise gesagt wurde, was im Unternehmen geht und was nicht geht. Gleichzeitig wurde ihm aber auch gesagt, wie sehr man ihn schätzt, wie wertvoll er für das Team ist, welche Fähigkeiten er hat. Und genau aus diesem Grund ist der Mitarbeiter dann auch gut und positiv aus diesem Gespräch herausgegangen – obwohl er eine Abmahnung kassiert hat. Das ist die Kunst.

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