Repetitorium Erkältung

Husten, Schnupfen, Heiserkeit

Christine Vetter
Erkältungsviren haben vor allem im Frühjahr und im Herbst Saison und machen auch vor dem Zahnarztstuhl nicht halt. Dabei verlaufen Erkältungen keineswegs immer harmlos, sondern können gravierenden Komplikationen den Weg bahnen.

Bei Erkältungen handelt es sich um sehr häufige, meist selbstlimitierende Erkrankungen. Die Beschwerden klingen üblicherweise innerhalb einer Woche ab. Eine Erkältung kann aber auch anhalten, mit einem erheblichen Krankheitsgefühl einhergehen und in eine Rhinosinusitis oder eine Bronchitis münden. Ursache von Erkältungen ist eine Virusinfektion der oberen Atemwege, die allerdings auch eine bakterielle Superinfektion fördern und beispielsweise zu einer Pneumonie oder einer Otitis media führen kann. 

Erkältungen entwickeln sich meist allmählich. Sie können durch mehr als 200 verschiedene Viren, beispielsweise Rhinoviren oder Coronaviren, ausgelöst werden. Daher schützt die Infektion mit einem Virustyp auch nicht vor der nächsten Erkältung. Dieser grippale Infekt ist von der Influenza, der echten Grippe, abzugrenzen. Diese wird durch Influenzaviren verursacht, beginnt plötzlich mit Fieber und Schüttelfrost, Muskel- und Gliederschmerzen und einem starken Krankheitsgefühl. 

Während die Grippe üblicherweise als „Grippewelle“ verläuft, können Erkältungen praktisch das ganze Jahr über auftreten mit jedoch deutlichen Erkrankungsgipfeln beim Übergang vom Winter ins Frühjahr und beim Beginn der nasskalten Jahreszeit in den Herbstmonaten. Besonders häufig entwickeln Kinder Erkältungen. Sie erkranken sechs- bis zehnmal pro Jahr, Erwachsene meist zwei- bis viermal.

Die Symptomatik kann vielgestaltig sein und ändert sich im zeitlichen Verlauf der Infektion, wobei es fließende Übergänge gibt. Die Virusinfektion kündigt sich typischerweise mit einem Kratzen im Hals oder Halsschmerzen und mit häufigem Niesen an. Dann beginnt die Nase zu laufen, und meist entwickelt sich anschließend auch Husten, der unter Umständen hartnäckig ist und zum Teil über Wochen anhalten kann. 

Prophylaxe und Therapie

Übertragen werden die Viren typischerweise als Tröpfcheninfektion beim Niesen und Husten über die Atemluft oder auch durch den Kontakt zu mit den Viren kontaminierten Flächen. Die beste Prophylaxe ist deshalb, den Kontakt mit erkrankten Personen möglichst zu vermeiden. Ist das – wie in der Zahnarztpraxis – nicht möglich, sollte durch hygienische Maßnahmen versucht werden, die Virusmenge, mit der das Immunsystem konfrontiert wird, möglichst zu limitieren. Besonders empfindlichen oder im Fall einer Erkältung bedrohten Menschen wie etwa Patienten mit einer chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung (COPD) oder einem schweren Asthma wird allgemein geraten, in der „Erkältungszeit“ größere Menschenansammlungen zu meiden. 

Es gibt zudem Empfehlungen zur Einnahme von Vitamin C und/oder Echinacea-Präparaten, wobei deren prophylaktische Wirksamkeit laut Aussagen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) aber nur begrenzt ist. So zeigen Studien des internationalen Forschungsnetzwerks Cochrane Collaboration, dass die tägliche vorbeugende Einnahme von Vitamin C die meisten Menschen nicht vor Erkältungen bewahrt, dass sich aber so möglicherweise ihre Dauer verkürzen lässt. Erst mit der Einnahme zu beginnen, wenn die Beschwerden einsetzen, hat dagegen keine Wirkung auf den Verlauf.

Erkältungen sind lediglich symptomatisch zu behandeln. Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure, Ibuprofen und Paracetamol können Kopf-, Glieder- und Ohrenschmerzen bessern. Nasensprays und -tropfen können die nasalen Symptome lindern, sollten laut IQWiG aber nicht länger als eine Woche zur Anwendung kommen, da sich sonst ein Dauerschnupfen ausbilden kann. Außerdem können pflanzliche Arzneimittel wie bestimmte Extrakte aus Pelargonienwurzel, Primelwurzel, Thymian, Eukalyptus oder Efeublättern den Husten möglicherweise etwas lindern. Da es sich um eine Virusinfektion handelt, sind Antibiotika primär nicht indiziert. 

Allgemeine Maßnahmen können die Symptomatik oft positiv beeinflussen: Das Einatmen von Wasserdampf mit oder ohne Zusätzen wie Kamille oder Pfefferminzöl empfinden laut IQWiG viele Menschen als angenehm, da Wärme und Feuchtigkeit kurzfristig die Nasenschleimhäute beruhigen können. Das Inhalieren habe aber keine eindeutige Wirkung auf Erkältungssymptome. Ähnlich ist es mit der oft zu hörenden Empfehlung, bei einem grippalen Infekt besonders viel zu trinken. Wissenschaftlich ist hierfür kein Therapieeffekt belegt, so dass man sich nicht dazu zwingen sollte. Andererseits wird das Trinken von heißem Tee oder heißer Milch vielfach als wohltuend und wärmend empfunden.

Akute und chronische Rhinosinusitis

Wiederholte Erkältungen können das Auftreten einer akuten und möglicherweise auch rezidivierenden oder chronischen Rhinosinusitis (RS) begünstigen. Als akut wird die Erkrankung entsprechend den Angaben in den Leitlinien eingestuft, wenn die Beschwerden nicht länger als zwölf Wochen anhalten. Von einer rezidivierenden RS ist auszugehen, wenn mindestens viermal pro Jahr Symptome auftreten, wobei die Beschwerden zwischen den Episoden komplett abklingen. Ist das nicht der Fall, so liegt eine chronische RS vor. 

Charakteristisch für die RS sind eine Behinderung der Nasenatmung, eine anteriore und/oder posteriore Sekretion, ein Gesichtsschmerz sowie eine Riechstörung. Außerdem können Fieber und Kopfschmerzen auftreten. Zur Diagnose einer chronischen RS müssen die pathologischen Befunde laut Leitlinie mittels einer Rhinoskopie oder auch einem bildgebenden Verfahren der Untersuchung der Nasennebenhöhlen dokumentiert werden. Während die akute RS bei 60 bis 80 Prozent der Patienten innerhalb von zwei und bei 90 Prozent innerhalb von sechs Wochen spontan ausheilt, kann die chronische RS über Jahre, möglicherweise sogar lebenslang persistieren.

Bei der akuten RS werden in der Leitlinie lokale Anwendungen mit physiologischer Kochsalzlösung zum Beispiel als Nasentropfen oder -spray empfohlen, die Inhalation heißer Dämpfe (38 bis 42 °C), definierte Eukalyptusextrakte und auch Dekongestiva, die jedoch frei von Benzalkoniumchlorid sein und nicht länger als zehn Tage angewandt werden sollten. Bei einer akuten allergischen und auch bei rezidivierender RS wird ferner zur lokalen Kortikoid-Anwendung geraten.

Bei der symptomatischen Therapie der chronischen RS wird ebenfalls die nasale Anwendung von Salzlösungen empfohlen und zwar als hochvolumige, iso- bis leicht hypertone Spülung. Dekongestiva sind nicht unproblematisch und sollten wegen des Risikos der Ausbildung einer Rhinitis medicamentosa nicht angewendet werden. Inzidiert sind jedoch topisch wirksame Kortikosteroide, in Einzelfällen ist auch eine systemische Kortikoidtherapie zu erwägen.

Die Wirksamkeit von Akupunktur und Homöopathie kann, heißt es in den Empfehlungen, aufgrund der uneinheitlichen Datenlage generell nicht abschließend beurteilt werden. Die Leitlinien sprechen sich auch gegen eine generelle Antibiotikagabe aus. Sie ist lediglich zu erwägen bei Patienten mit RS und besonderen Risikofaktoren wie einer chronisch entzündlichen Lungenerkrankung und/oder einer Immundefizienz oder Immunsuppression. Die Gabe von Antibiotika kann außerdem bei Hinweisen auf potenzielle Komplikationen erwogen werden, also etwa beim Auftreten von starken Kopfschmerzen, Gesichtsschwellungen und/oder Lethargie. Auch bei einer Verstärkung der Beschwerden im Verlauf der Erkrankung, bei starken Schmerzen und/oder Fieber über 38,5°C sind Antibiotika indiziert. 

Mittel der ersten Wahl ist dann Amoxicillin oder ein Cephalosporin. Alternativ kann mit einem Makrolidantibiotikum behandelt werden. Bei Versagen der konservativen Behandlung ist eine operative Therapie zu erwägen.

Differenzialdiagnose des Hustens

Eine weitere mögliche Komplikation einer Erkältung ist ein anhaltender Husten, wobei bis zu einer Dauer von acht Wochen von einem akuten Husten auszugehen ist. Differenzialdiagnostisch ist zunächst an eine akute Bronchitis als Folge einer Erkältung zu denken, wobei der Übergang von der Erkältung zur Bronchitis fließend ist. 

Der Husten kann ebenso durch ein Asthma bronchiale sowie durch eine Allergie bedingt sein. Er kann zudem im Zusammenhang mit einer COPD manifestiert sein, auf eine Pneumonie hindeuten oder auch die Folge einer Virusgrippe sein. Auch bei Erwachsenen ist an die Möglichkeit einer Pertussis zu denken. Anhaltender Husten kann außerdem durch einen gastroösophagealen Reflux bedingt sein, als Nebenwirkung von Medikamenten wie einem ACE-Hemmer und auch im Rahmen einer akuten Linksherzinsuffizienz mit Stauung auftreten.

Davon abgesehen kann der Husten hinweisend sein auf eine Notfallsituation. So ist an eine Lungenembolie zu denken, wenn der betreffende Patient tachykard ist, unter einer Tachypnoe und einer Dyspnoe leidet und Thoraxschmerzen angibt. Fallen neben der Tachy- und Dyspnoe ein verschärftes Atemgeräusch sowie feuchte Rasselgeräusche auf, so ist ein Lungenödem als Ursache möglich. Bei einem expiratorischen Giemen kann ein Status asthmaticus vorliegen und bei einem stechenden Thoraxschmerz, asymmetrischen Thoraxbewegungen und einem einseitig abgeschwächten Atemgeräusch ein Pneumothorax. 

Die Behandlung richtet sich nach der Grunderkrankung. Ist eine Erkältung die Ursache des Hustens, sind die allgemeine symptomatische Therapie der Erkältungsbeschwerden sowie Expektorantien (Sekretolytika, Mukolytika) indiziert. Mit Antitussiva sollte ein akuter Husten im Rahmen eines Infekts nach Angaben in den Leitlinien nur in Ausnahmefällen behandelt werden. 

Auch eine Antibiotikabehandlung wird bei der unkomplizierten akuten Bronchitis nicht als erforderlich erachtet. Sie ist lediglich bei Patienten mit schweren kardialen oder respiratorischen Erkrankungen sowie angeborenen oder erworbenen Immundefekten zu erwägen und auch bei älteren und alten Patienten, da bei diesen die Abgrenzung zur Pneumonie schwierig sein kann.

Christine Vetter

Gesundheitspolitische Fachjournalistin

Weiterführende Informationen:

  • Leitlinie Rhinosinusitis der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), www.awmf.org/Leitlinien

  • Leitlinie Husten der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), www.awmf.org/Leitlinien 

  • IQWiG Gesundheitsinformationen Atemwege/Erkältungen, www.gesundheitsinformation.de/erkaeltung

Aus Sicht der Zahnmedizin

Die odontogene Rhinosinusitis

Rhinosinusitis:

Bei der Rhinosinusitis handelt es sich um eine weit verbreitete Entzündung von Nasen- und Kieferhöhlenschleimhaut, die nahezu immer gemeinsam betroffen sind und daher als funktionale Einheit betrachtet werden. Sollte es nach mehr als zwölf Wochen nicht zu einer vollständigen Genesung gekommen sein, spricht man von einer Chronifizierung, wobei die chronische Rhinosinusitis zu den derzeit häufigsten chronischen Erkrankungen überhaupt gezählt wird. Typische Symptome sind eine behinderte Nasenatmung, Riechstörungen, nasale Sekretion, eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Infektionen sowie ein Druck- und Spannungsgefühl vornehmlich, aber nicht ausschließlich, im Oberkieferbereich. Eine erfolgreiche Therapie besteht zumeist aus der Kombination von Antibiotika und Kortikosteroiden sowie – wenn notwendig – einer funktionalen endoskopischen Kieferhöhlenoperation (zu den Details: siehe Repetitorium). Dieser Behandlungsansatz scheitert jedoch nicht selten in Fällen von Rhinosinusitiden odontogener Genese.

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Abbildung 1:In die Kieferhöhle überstopftes Wurzelfüllmaterial | 

Foto: aus Buttchereit I, Kämmerer PW: Der besondere Fall mit CME. Fremdkörper in der Kieferhöhle. Zahnärztliche Mitteilungen 2016.106(23):52–58.

Odontogene Rhinosinusitis:

Bei diesem Subtyp der Rhinosinusitis handelt es sich um eine Erkrankung mit dentaler Ursache. Es wird geschätzt, dass 10 bis 40 Prozent aller maxillären Sinusitiden sowie bis zu 75 Prozent der unilateralen Rhinositiden einen derartigen Ursprung haben, es handelt sich also nicht um eine seltene Erkrankung. Trotzdem kommt es oftmals zu einer Nichtbeachtung dieser Pathogenese bei ähnlichen, wenn nicht sogar gleichen, unspezifischen Symptomen wie bei der nicht-odontogenen Rhinosinusitis. Selbst Zahnschmerzen und/oder Hypersensitivität sind nicht prädiktiv und kommen lediglich bei circa einem Drittel der betroffenen Patienten vor. Die höchste Spezifität hat faulig wirkender Ausfluss aus der Nase und/oder ein ausgeprägter Mundgeruch (bis zu 40 Prozent der Patienten). 

Die odontogene Rhinosinusitis zeigt eine leichte weibliche Prävalenz bei einem Häufigkeitsgipfel zwischen der vierten und der sechsten Lebensdekade. Am häufigsten handelt es sich um eine iatrogene Problematik, vor allem nach Zahnextraktionen, gefolgt von einer infektiösen (zum Beispiel bei Vorliegen einer apikalen Entzündung), Fremdkörper bedingten (Abbildung 1) und traumatischen Genese. Bei nicht adäquaten diagnostischen Algorithmen (Klinik, 2-D- und 3-D-Bildgebung) und daher unzureichender Therapie ist neben der Persistenz auch eine Ausbreitung in die benachbarten Sinus, in den periorbitalen Raum oder sogar in den Sinus cavernosus möglich. Die potenziellen Folgen einer solchen Exazerbation, wenn auch selten, sind eine Pansinusitis, eine Osteomyelitis, eine Meningitis oder gar eine Erblindung. Nach der Diagnose einer odontogenen Rhinosinusitis ist die Elimination des Fokus essenziell um eine Ausheilung zu erreichen. Hier bietet sich die Kombination aus oralchirurgischer Behandlung und, wenn notwendig, endoskopischer Kieferhöhlenoperation an. Fremdkörper (Abbildung 2) sollten entfernt und Mund-Antrum-Verbindungen verschlossen werden.

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Abbildung 2: In die Kieferhöhle disloziertes dentales Implantat | 

Kämmerer

Fazit für die Praxis:

  • Bei der odontogenen Rhinosinusitis handelt es sich um eine häufig unterdiagnostizierte Erkrankung mit pathophysiologischen Mechanismen und einer Therapie, die sich von denen der nicht-odontogenen Rhinosinusitis unterscheiden.

  • Die multidisziplinäre Arbeit, zum Beispiel gemeinsam mit der HNO und der Allergologie, ist notwendig.

  • Insbesondere die Kombination aus vorherigem zahnärztlichen Eingriff im Oberkiefer, einer unilateralen Kieferhöhlenverschattung und fauligem Ausfluss/Geruch sollte das Augenmerk auf eine mögliche dentogene Rhinosinusitis lenken.

  • Die 2-D-Bildgebung allein (Zahnfilme, Panoramaschichtaufnahmen) ist oftmals für eine suffiziente Diagnose nicht ausreichend, sodass eine 3-D-Bildgebung (DVT, CT) als derzeitiger Goldstandard empfohlen wird.

  • Im Rahmen der Bildgebung sind periapikale Transluzenzen in Kombination mit einem verschatteten Sinus hinweisend auf eine dentogene Rhinosinusitis, wobei auch der Boden der Kieferhöhle auf Knochensubstanzverluste, Fremdkörper und Verdickungen hin untersucht werden sollte.

PD Dr. Dr. Peer W. KämmererKlinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie der Universitätszahnklinik MainzAugustusplatz 2, 55131 Mainz

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