Kommunikation mit Angstpatienten

Mit Humor schwierige Situationen entspannen

Eva Ullmann
,
Kareen Seidler
Für manche Patienten fängt der Zahnarztbesuch schon vor dem eigentlichen Termin an, vielleicht ein paar Stunden, vielleicht sogar Tage vorher – mit der Angst vor dem Zahnarzt. Kaum ein anderer Arztbesuch ist mit solchen Gefühlen behaftet. Umso ermutigender, wenn der behandelnde Zahnarzt dem durch Empathie, Leichtigkeit und wohldosierten Humor entgegenwirkt.

Aber Humor ist nicht Humor. Stellen Sie sich folgende Situationen vor: Ein Patient hat sichtlich Angst vor dem Bohrer, der sich schon gefährlich nah an seinem Mund befindet. Daraufhin sagen Sie: „Stellen Sie sich nicht so an! Der will doch nur bohren!“ Das ist witzig gemeint – wird aber nicht unbedingt auch so verstanden. Der Patient könnte sich nicht ernst genommen fühlen. 

Sagen Sie stattdessen „Sieht ein bisschen unheimlich aus, oder? Ganz entspannt. Der weiß ganz genau, was er tut.“ erzielen Sie eine ganz andere Wirkung – der Patient entspannt sich. Beide Arten von Humor haben eine Wirkung – aber eben nicht unbedingt dieselbe. Um diese Wirkung richtig abschätzen zu können, ist es nützlich, die verschiedenen Arten von Humor auseinanderhalten zu können. Die Humorwissenschaft unterscheidet vier Humorstile.

Humorstile

Nähe

 

Distanz Selbst

Selbstaufwertender Humor

Selbstabwertender Humor

Andere

Sozialer Humor

Aggressiver Humor

Tabelle: Unterscheidung der Humorstile nach Martin et al. [2003] und Scheel et al. [2016]; Quelle: Deutsches Institut für Humor

Humor kann demnach auf- oder abwerten und sich auf einen selbst oder auf andere beziehen. Im Umgang mit Patienten kommen vor allem die zwei Humorstile infrage, die bei der Interaktion mit anderen Menschen eine Rolle spielen: sozialer Humor und aggressiver Humor. Wie das obige Beispiel zeigt, empfiehlt sich im Umgang mit Patienten, zumal mit ängstlichen, eher der soziale Humor. Er ist in solchen Situationen einfach ungefährlicher. Beispiel: 

Patientin: „Ich habe wirklich Angst vor der Zahnbehandlung.“


Zahnärztin: „Sie dürfen sich auf mich verlassen: Ich bin die Königin der Behutsamkeit.“


Auch wenn die Angst schon vorm Betreten der Praxis anfangen kann, muss man sie nicht erst im Behandlungszimmer bekämpfen. Das kann schon vorher geschehen, beim Empfang und im Wartezimmer. Auch wenn das selbstverständlich klingen mag: Ein freundlicher Empfang durch die ZFAs und eine angenehme Atmosphäre im Wartezimmer können Wunder bewirken. Ein Patient, der Angst hat, möchte nicht durch einen „Sprechstundendrachen“ noch weiter eingeschüchtert werden. Sie können sogar überlegen, im Wartezimmer lustige Comicsammlungen (die nicht zwingend einen Zahnarztbezug haben müssen) auszulegen oder sogar mit Kopfhörern ausgestattete Tablets, auf denen wartende Patienten sich lustige Clips anschauen können, die sie vor der Behandlung auf andere Gedanken bringen. Wenn ein Patient schmunzelt, während er im Wartezimmer sitzt, steckt das andere Patienten an. Das erleichtert Ihnen Ihren Praxisalltag.

Humor verändert die Perspektive

Eine nützliche Humortechnik, die man zum Einsatz bringen kann, ist die positive Umdeutung. Bei einem Angstpatienten spielt sich vermutlich vor der Behandlung ein ziemliches Kopfkino ab. Er hat Angst vor Schmerzen und steigert sich da hinein. Als Arzt können Sie versuchen, ihm eine andere, positivere Perspektive auf das Bevorstehende zu geben. Häufig hilft schon eine andere Einstellung, ein Perspektivwechsel, um die Dinge in ein milderes Licht zu rücken. Beispiel:

Zahnarzt: „Nächste Woche werde ich mit der Wurzelspitzenresektion beginnen.“

Patientin: „Das wird sicher schrecklich wehtun.“

Zahnarzt: „Ich spritze Ihnen ein gutes Schmerzmittel. Wichtig ist, dass wir Ihre ganze Energie auf das Durchhalten konzentrieren. Dann tut es weniger weh. Die Behandlung dauert nur eine Weile. Und ich brauche Ihre gesamte Geduld dafür. Sie müssen mich gut unterstützen.“


Positive Umdeutungen sind nicht immer humorvoll, können es aber sein. Sie lenken die Aufmerksamkeit erst mal in eine andere, möglichst produktive Richtung.
Auch eine bevorstehende Betäubungsspritze kann Angst machen – besonders Kindern. Hier kann die Zahnärztin – augenzwinkernd – eine Geschichte erzählen: „Du liegst am Strand, die Sonne scheint, die Palmwedel und die Wellen rauschen. Plötzlich fliegt Dir eine kleine Mücke in den Mund und piekst Dich.“ Das ist natürlich besonders effektiv, wenn bereits eine Lokalbetäubung aufgetragen wurde, sodass der Pieks sich wirklich fast wie ein Mückenstich anfühlt. Eine positive Umdeutung, die für Entspannung sorgen kann.

Mit positiven Umdeutungen oder sozialem Humor können Sie Ihren Patienten einen Teil der Angst nehmen. Ein Schmunzeln oder Lächeln kann dabei helfen, den gefühlten Knoten in der Brust zu lösen.


Das Projekt „Arzt mit Humor“ fördert wertschätzenden Humor bei Ärzten und Pflegekräften aller Fachrichtungen. www.arztmithumor.de

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