Editorial

Mehr Frauen in die Standespolitik ...

Uwe Axel Richter

Auch wenn ich es bedauere, so kann ich doch verstehen, dass Ereignisse wie die alljährlich zum Deutschen Zahnärztetag stattfindende Bundesversammlung häufig unter dem Wahrnehmungsradar weiter Teile eben jener Zahnärzteschaft bleiben, für die sie eigentlich abgehalten werden. Sicher, die Themen der standespolitischen Debatten scheinen manchmal sehr weit weg von den Alltagsproblemen in der Praxis. Zudem haben manche der diskutierten Themen – Beispiele erspare ich Ihnen an dieser Stelle – einen gewissen Ermüdungsfaktor, gleichen diese doch aus Sicht der überwiegend nicht politisch tätigen Zahnärztinnen und Zahnärzte eher einer Springprozession als einem zügigen Angang samt Lösung des Problems. Zur Ehrenrettung sei jedoch nachdrücklich gesagt, dass viele Themen ohne die Politik in Bund und Ländern von den zahnärztlichen Organisationen gar nicht zu einer Lösung gebracht werden können. Das gilt jedoch beileibe nicht für alle Themen, wie die kontrovers diskutierten Tagesordnungspunkte der letztjährigen Bundesversammlung* deutlich gemacht hatten: Zucker und Frauen. An dieser Stelle soll die Zuckerreduktion kein Thema sein, umso mehr jedoch die Frauenzunahme, und zwar in der zahnärztlichen Berufs- und Standespolitik.

Nun sind die Fans der politisch häufig geforderten Quote für die Gremien der zahnmedizinischen Professionspolitik selbst unter den Zahnärztinnen überschaubar, wie die entsprechenden Redebeiträge belegten. Und überhaupt – so ein immer wieder gebrauchtes(!) Argument – gebe es ja gar nicht genug Frauen, die ernsthaft an der berufspolitischen Kärrnerarbeit interessiert seien. Work-Life-Balance, Familie und so. Ein Blick in so manche Kammer-, VV- und Delegiertenversammlung scheint das vordergründig zu bestätigen. Wenige Frauen und noch weniger Frauen und Männer, die man als jung bezeichnen darf. Ob es für dieses Situation auch andere Gründe geben mag, überlasse ich an dieser Stelle Ihrer Fantasie. Umso bemerkenswerter sind aktuelle Nachrichten, dass sich trotz aller Unkenrufe anlässlich einer anstehenden Kammerwahl eine ausschließliche Frauenwahlliste konstituiert hat. 14 Frauen, die sich als Zahnärztinnen und Mütter, standespolitisch erfahren, engagiert und mit langer Erfahrung in den Bereichen Niederlassung, Vereinbarkeit von Familie und Praxis mit der Besonderheit weiblicher Unternehmensgründung vorstellen. Man kann von einer Frauenliste halten, was man will, aber die Tatsache, dass Zahnärztinnen in den meisten Kammerversammlungen unterrepräsentiert sind, ist kaum wegzudiskutieren. Das gleiche gilt übrigens auch für junge Zahnärztinnen und Zahnärzte unter 45 Jahren. Jeder der mich kennt weiß, dass ich kein Freund der Quote bin, Argumente siehe hier*. Deshalb begeistert mich dieses Wahlangebot – und zwar aus zwei Gründen: Den Mut, sich einer Wahl zu stellen, bei der man auch verlieren kann! Und das hier Frauen antreten, die erfolgreich Praxis und Familie meistern, vulgo wissen, wovon sie reden. Ich finde, das ist ein starkes Signal für die Professionspolitik. Natürlich ist das nicht der einzige Weg, damit mehr Frauen den Weg in die Standespolitik finden.

Ein anderes Beispiel findet sich im hohen Norden, in Schleswig-Holstein. Dort finden sich sowohl im Heilberufekammergesetz*** wie auch in der Wahlverordnung der Zahnärztekammer**** klare Regelungen, die bis dato typische Zusammensetzung von Männlein und Weiblein in zahnärztlichen Gremien positiv zu ändern. Dort heißt es: „Frauen und Männer sind bei der Bildung der Kammerversammlung entsprechend ihrem Anteil an der Gesamtzahl der wahlberechtigten Berufsangehörigen zu berücksichtigen.“ Soweit das Heilberufekammergesetz gemäß § 14.1. Und in der Wahlverodnung wird in § 7.2. bestimmt: „Die Wahlvorschläge müssen mindestens Bewerberinnen und Bewerber in einer Anzahl enthalten, […] die dem Verhältnis zwischen weiblichen und männlichen Wahlberechtigten im Wahlkreis, das von der Wahlleiterin oder dem Wahlleiter im Höchstzahlenverfahren (§ 6 Absatz 2) ermittelt worden ist, entspricht.“ Schade nur, dass die Sache mit dem Alter nicht auch so geregelt werden kann. Denn dann gäbe es auch für die jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte eine Ausrede weniger, gemäß dem bereits zitierten Bonmot von Dr. Julius Beischer, Niedersachsen, auf der Bundesversammlung 2018: „Ich schließe mich den Ausreden meiner Vorredner an“.

Dr. Uwe Axel Richter
Chefredakteur

Dr. Uwe Axel Richter

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