Dentales Erbe

Spendenaufruf

Ri/mth
Schon immer waren Zahnärzte außerordentlich kreativ, wenn es um den Nutzen ihrer Patienten ging. Gleiches gilt für die Dentalindustrie, die stetig verbesserte Versorgungslösungen auf den Markt brachte. Es ist keine Übertreibung, wenn man sagt: Die Zahnmedizin zeichnet sich durch stete Innovation aus! Allerdings scheint es beim Blick nach vorn keinen Blick zurück zu geben. Anders ist das traurige Dasein, das das dentale Erbe fristen muss, nicht zu erklären. Dr. Thomas Breyer, Präsident der Landeszahnärztekammer Sachsen, hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Umstand zu ändern. Was allerdings insbesondere Ihrer Hilfe bedarf.

Derzeit steht es um die einzige relevante dentalhistorische Sammlung in Deutschland nicht besonders gut. Das von ZTM Andreas Haesler gegründete und geleitete Dentalhistorische Museum (DHMZ) befindet sich im sächsischen Zschadraß in der Nähe von Leipzig. Leider ist der große Vorteil dieser „Location“ gleichzeitig auch ihr größter Nachteil. Und so wird das historische Erbe der deutschen Zahnärzteschaft eben nicht mittenmang in einer Großstadt präsentiert, sondern in beschaulicher Idylle auf dem Land. Mehr lassen die außerordentlich bescheidenen finanziellen Möglichkeiten nicht zu. Dennoch: Es ist die derzeit einzig relevante Sammlung und damit auch Heimstatt des historischen Erbes der deutschen Zahnmedizin.

Der Ausstellungsort in Zschadraß liegt auf historischem medizinischem Boden. Hier befand sich einst eine Lungenklinik von Weltruf. Allerdings bedürfen die vielfältigen Räumlichkeiten dringend der Renovierung, damit einerseits die Artefakte bestmöglich erhalten bleiben. Andererseits ist genügend Platz für thematisch wechselnde Ausstellungen vorhanden. Zudem ist das Dentalmuseum in Zschadraß so etwas wie die letzte Anlaufstelle für viele dentalhistorische Archive, sogar für Dentalfirmen. Perspektivisch bietet sich das Museum auch für die Proskauer/Witt-Sammlung der Bundeszahnärztekammer an. Auch wenn zuvor noch einige rechtliche Fragen zu klären sind, bedarf es bereits jetzt der Vorbereitung.

Und hier kommt Dr. Thomas Breyer ins Spiel, der sich dem dentalen Erbe der deutschen Zahnärzteschaft verpflichtet fühlt. Nun schafft Perspektive allein weder Museumsräume noch die Aufarbeitung der Sammlungsstücke, schon gar nicht deren Ausstellung. „Das vom Zahntechnikermeister Andreas Haesler aufgebaute Dentalhistorische Museum in Zschadraß eignet sich hervorragend als dentales Archiv wie auch als wissenschaftliche Arbeitsstätte. Zudem ist es sehr preiswert und erfordert keine hohen Summen. Alternativen zu Zschadraß sehen wir derzeit nicht. Es wäre doch hervorragend, wenn die schönsten Sammlungsstücke wissenschaftlich aufbereitet und deutschlandweit an wechselnden Standorten ausgestellt werden könnten“, sagte Dr. Breyer gegenüber den zm. Und fügte hinzu: Fernziel allerdings sei das DDM – Deutsches Dentalhistorisches Museum, an einem zentralen repräsentativen Platz in Deutschland. Und der Vorsitzende des Fördervereins des Museums, Andreas Haesler, ergänzt: „Mit der Proskauer/Witt-Sammlung käme eine weitere gewichtige Dokumentation in unser Haus, die als geschlossene Sammlung der deutschen Zahnärzteschaft erhalten bliebe.“

Wie bleiben die Artefakte bestmöglich erhalten?

Haesler erinnerte in diesem Zusammenhang an den Beginn der dentalen Geschichtsschreibung 1831. Warum 1831? In diesem Jahr erschien von Georg Carabelli, Edler von Lunkaszprie, die erste Abhandlung zum Thema „Geschichtliche Uebersicht der Zahnheilkunde“. In diesem 243-seitigen Standardwerk „Systematisches Handbuch der Zahnheilkunde“ widmete er mehr als 100 Seiten der Geschichte des Fachgebiets. Der ungarisch-stämmige Österreicher war Hof- und kaiserlicher Leibzahnarzt; nach ihm wurde ein akzessorischer Höcker an den oberen Mahlzähnen als Tuberculum carabelli beziehungsweise Carabellihöcker benannt. „Das war – auch international gesehen – das erste Mal, dass sich ein Zahnmediziner der Dentalhistorie widmete“, so Haesler.

Für einen möglichen Umzug der Sammlung Proskauer/Witt sieht er das DHMZ in Zschadraß bestens gewappnet. Neben einer museologisch-wissenschaftlichen Aufarbeitung in der Bibliotheca Dentarica sind auch Räumlichkeiten für einen endgültigen Aufbau in einem eigenen Schauarchiv vorhanden. Das Dentalhistorische Museum habe schon jetzt vielen großen und wichtigen Sammlungen und Dokumentationen bis weit über die Grenzen Europas hinaus eine Heimstatt gegeben, so der gelernte Zahntechnikermeister.

„Das gemeinsame Ziel von BZÄK, der Landeszahnärztekammer Sachsen und dem Dentalhistorischen Museum ist, unsere Fachgeschichte gemeinsam zu bewahren und ein Zentrum zu schaffen, wo umfangreiche wissenschaftliche Forschungsarbeit möglich ist“, erklärt der Zschadraßer Vereinsvorsitzende. Denn nur durch große Zusammenschlüsse sei auch eine umfassende Aufarbeitung eines Fachgebiets gegeben. Für sich allein stehend wären die vielen Sammlungen zu klein und somit wissenschaftlich nur begrenzt aussagefähig. „Allein von der teilweise aufgelösten ‚Deutschen Zahnärzte-Bücherei‘ [die im Gebäude der BZÄK in Berlin untergebracht war, Anmerkung der Redaktion] sind schon 45 Prozent vom Gesamtbestand bei uns. Das sind etwa 40.000 Positionen.“ In diese 40.000 Positionen sind laut Büchereikurator Bernd Niehusen neben Büchern auch Kataloge und Zeitschriften eingerechnet. „Insgesamt findet man im Dentalhistorischen Museum schon heute mehr als 230.000 Positionen und ungezählte Papiere, dazu alle Medien von der alten Glasplatte bis hin zu Praxisaufnahmen aus den 1930er-Jahren auf Schellackplatten.“ In diesem Zusammenhang gebühre auch dem Arbeitskreis Geschichte der Zahnheilkunde der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e. V. (DGZMK) besonderer Dank.

So wird Forschung möglich

Für Thomas Breyer alles gute Gründe, sich dem Fortbestand dieser mittlerweile einzigartigen Sammlung – der Basis für dentalhistorische Forschungen – anzunehmen. „Wir rufen daher die deutsche Zahnärzteschaft auf, sich ihres Erbes anzunehmen. Die Spendenbereitschaft unter den Kolleginnen und Kollegen sehen wir optimistisch. 2002 kamen bei der sogenannten Jahrhundertflut in kurzer Zeit durch die Spenden der Kolleginnen und Kollegen eine Million Euro zusammen. Und nicht zu vergessen – eine der tragenden Säulen der Dresdner Frauenkirche war den Zahnärzten in diesem Land 600.000 Euro wert. Die BZÄK und das DHMZ wenden sich auch an die Dentalindustrie und deren Verbände, die ihre Archive schon zahlreich dem Museum übergeben haben. Ich sehe da besonders dier deutsche Dentalindustrie und den Dentalhandel als Partner. Aber auch die zahlreichen Firmen, die ihre Archive nach Zschadraß gegeben haben, rufe ich zur Unterstützung auf“, so der Präsident der Landeszahnärztekammer Sachsen.

Haesler ergänzt: „Durch die außergewöhnliche Spendenbereitschaft nach unserem Hilferuf vom Herbst 2018 [die zm berichteten] und durch die neuen Fördermitglieder konnten wir einige Fördermaßnahmen beantragen. Das dauert seine behördliche Zeit. Aber insgesamt hat sich die Situation seitdem deutlich entspannt und wir konnten das Museum offenhalten. Mit Ihrer Hilfe kämpfen wir weiter, dieses Zentrum der Dentalgeschichte bestmöglich zu entwickeln und durch den Blick in die Vergangenheit den richtigen Weg für die Zukunft zu finden.“

Helfen Sie mit!

Bleibt die Frage an den Initiator Thomas Breyer, welches Spendenziel denn erreicht werden soll. Die Antwort lautet kurz und knapp: 200.000 Euro! Eigentlich ein schnell erreichbares Ziel, denn wenn nur jeder tätige Zahnarzt einmalig 3 Euro spendet …

Andreas Haesler,
Gründer und Leiter des Dentalhistorischen Museums in Zschadraß

Dr. Thomas Breyer,
Präsident der LZK Sachsen

Die Sammlung Proskauer/Witt

Die Geschichte der Sammlung Proskauer/Witt beginnt mit dem deutsch-jüdischen Zahnarzt Dr. Curt Proskauer (1887–1972), der die Sammlung 1907 anlegte. Auf seine Initiative erfolgte 1927 die Gründung des „Reichsinstituts für Geschichte der Zahnheilkunde“. Im selben Jahr verkaufte Proskauer seine – vom Medizinhistoriker Prof. Dr. Karl Sudhoff (1853–1938) auf 50.000 Reichsmark geschätzte – umfangreiche Bibliothek und Privatsammlung an den „Reichsverband der Zahnärzte Deutschlands e. V.“ (RV). Gefördert wurden die Gründung und der Ankauf vom damaligen Vorsitzenden des RV, Dr. Fritz Linnert (1884–1949), und vom zweiten und späteren ersten Geschäftsführer des RV, Dr. Fritz H. Witt (1887–1969), der Proskauer vom Studium in Jena her kannte und sein Interesse an der Geschichte der Zahnheilkunde teilte. Witt erweiterte die Sammlung und rettete sie nach dem zweiten Weltkrieg nach Köln. (Eine ausführlichere Historie finden Sie in Heft 1-2/2019 im Artikel „Nehmen Sie das Erbe an?“ von Dr. Gisela Tascher vom Arbeitskreis Geschichte der Zahnheilkunde der DGZMK.)

Seit dem Umzug der Bundeszahnärztekammer 2000 von Köln nach Berlin lagert die Sammlung in Containern. Einige Gemälde befinden sich noch in den Räumen anderer zahnärztlicher Körperschaften. Der BZÄK-Vorstand hält die Einlagerung der Sammlung Proskauer/Witt in Containern für keinen auf Dauer tolerierbaren Zustand.

Ri/mth

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