Retro-Praxiseinrichtung

„So, dass ich mich wohlfühle“

Eine Bulli-Front dient als Tresen, alte Arztmetallschränke und Bunkerlampen sorgen für Atmosphäre. Christopher Ziegler hat in seiner Praxis Z-hoch-Zwei in Wolfsburg seine Leidenschaft für Oldtimer integriert – damit es auf den ersten Blick gar nicht nach Zahnarzt aussieht.

Warum retro? Neue Praxen gehen oft in die Richtung modern, hell, Holz, Glas, weiß. Da setzen Sie mit Ihrer Praxis im Retro-Style einen Kontrapunkt.

Christopher Ziegler: Ich mag alte, zeitlose Dinge. Seit Jahren bin ich Oldtimer-Fan und sammle seltene Stücke aus diesem Bereich. Die meiste Zeit seines Lebens verbringt man nun mal auf Arbeit – warum die Praxis dann nicht so gestalten, dass man sich wohlfühlt?

Anfang 2018, als es um das Konzept für eine neue Praxis ging, stand für mich fest, die Leidenschaft für Oldtimer und Raritäten in die Praxis zu integrieren. Ein gutes Jahr konnten meine Ideen und Bilder im Kopf reifen, dann stand das Konzept der „Retro-Praxis“ – mit alten Arztmetallschränken aus den 1960ern: zeitlose Klassiker, eben echte Hingucker.

Ich wollte mit dem Konzept die Emotionen der Patienten ansprechen und sie mit Dingen begeistern, die auch mich immer wieder begeistern! Alle diese Aspekte findet man jetzt in der Praxis wieder – Beton-Look an den Wänden, Holzbodenoptik, Bunkerlampen, Vintage-Stahlabtrennung. Alles Elemente, die die Region und die Geschichte Wolfsburgs geprägt haben, wie der Käfer und der Bulli. Als besonderes Highlight findet sich an den Wände noch eine Art Fotofilm mit alten Schwarz-Weiß- Fotos.

Was sagen Ihre Patienten dazu? Sind die eher irritiert oder gefällt es Ihnen?

Die meisten Patienten, egal ob jung oder alt, sind begeistert und freuen sich über die „Verwandlung“. Manche ältere Patienten geraten gar ins Schwärmen und erzählen zum Beispiel von eigenen Campingreisen oder dass sie mit ihrem Bulli mal Rennen gefahren sind. Es gibt allerdings auch Patienten, denen der Umbau nicht gefällt. Aber das ist ja alles eine Frage des Geschmacks. Und da hat zum Glück jeder seinen eigenen.

Alle prägnanten Sprüche und ersten Eindrücke der Patienten nach dem Umbau haben wir aufgeschrieben und wollen diese zum einjährigen Jubiläum am 1. April 2020 auf einer Glaswand im Hauseingang veröffentlichen.

Welches Stück war das erste, welches das letzte, das Sie erworben haben?

Das erste Teil war der alte Cola-Automat. Den habe ich bereits in meiner Studienzeit bei Ebay Österreich erstanden. So ein Gerät hatte ich vor Jahren in einer Oldtimerwerkstatt am Flughafen Böblingen, der heutigen Motorworld, gesehen und wusste sofort: So einen muss ich auch haben!

Und das letzte Stück ist ganz aktuell der berühmte „Schulstuhl“ von Comiczeichner Tobi Wagner, der drei Jahre lang 70 Promi-Unterschriften auf dem Stuhl gesammelt hat und den Stuhl jetzt im August für einen guten Zweck bei Ebay versteigert hat.

Haben Sie ein Lieblingsstück – und wenn ja, warum?

Obwohl die Bulli-Front mich echt Nerven gekostet hat, ist sie definitiv mein Favorit. Dank meines hilfsbereiten Nachbarn, ein Tüftler, wurde aus einer alten Front mit Tür doch tatsächlich ein einsatzbereiter Empfangstresen.

Gibt es zu einem bestimmten Exponat eine Geschichte, die sich damit verbindet?

Auf meiner Suche nach einem T1-Bulli als Doppelkabine bin ich in der Nähe von Petershagen auf einen Sammler gestoßen. Von seinem Büro aus hatte man einen prima Blick in seine seitlich offene Garage, in der ein ganz toller Käfer stand. Er hatte eine Stahl-Beton-Tankstelle, wie in den 50ern üblich, nachgebaut, in der weitere Schätze auf der Hebebühne standen. Nach Probefahrten mit zwei Bulli-Bussen saßen wir dann gemütlich bei Preisverhandlungen und „Benzingesprächen“ im Garten. Da erzählte er mir von T2-Fronten, die er als Deko in seinem Wohnzimmer stehen hat und zeigte mir noch diverse eingelagerte Teile. Über ihn kam ich an einen Kontakt, der diese Stücke aus Amerika importiert und hier dann restauriert oder im Original verkauft. Bei ihm bin ich auch auf meine T1-Front für den Tresen gestoßen. Mittlerweile habe ich bereits acht Teile von ihm erworben – angefangen von Fronten, über Heck und Dach als Deko. Auf dem MaiKäferTreffen 2019 in Hannover fand ich dann durch Zufall die passende Tür zur Front – einfach der Hammer!

Was käme bei Ihnen ganz sicher nicht in die Praxis?

Ich kann mit abstrakter Kunst nichts anfangen, das würde ich mir, auch privat, nicht hinhängen. Das, was mich jeden Tag in der Praxis umgibt, etwa die alten Schränke und der Holzfußboden, habe ich auch zu Hause. Meine Frau hat, was das angeht, denselben Geschmack, das passt prima. Mein Ziel war es, eine Atmosphäre zu schaffen, in der vorrangig ich mich für den Rest meines Arbeitslebens wohlfühle und wo es auf den ersten Blick nicht nach Zahnarzt aussieht. Ich denke, das war nur hier möglich und passt perfekt in die Region Wolfsburg.

Die Fragen stellte Stefan Grande.

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