Fachtagung zur Stärkung der Gesundheitskompetenz im digitalen Zeitalter

Klarkommen im Gesundheitswesen des 21. Jahrhunderts

Heute sind im Netz so viele Gesundheitsinformationen verfügbar wie nie zuvor. Gleichzeitig stehen Menschen vor der Herausforderung, sich in diesem Wust zurechtzufinden. Dabei verfügt jeder Zweite nur über eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz. Die Allianz für Gesundheitskompetenz will dies ändern. Viel Input brachte eine Tagung in Berlin, bei der auch BZÄK und KZBV ihre Expertise einbrachten.

Wie lässt sich seriöses Gesundheitswissen verständlich an den Patienten bringen? Wie kann man die Fülle an Gesundheitsinformationen im Netz qualitätsgesichert filtern und bewerten? Welche Rolle spielen Ärzte, Zahnärzte, Gesundheitsberufe und -verbände dabei? Mit solchen Fragen befasst sich die „Allianz für Gesundheitskompetenz“. Dazu hat sie jetzt erstmals eine Fachtagung am 4. Februar in Berlin durchgeführt, die vom BMG ausgerichtet wurde – sehr breit aufgestellt und mit einer Vielzahl von Experten aus allen Teilen des Gesundheitswesens.

Ein Gesundheitsportal soll unterstützen

Sabine Weiss, parlamentarische Staatssekretärin im BMG, umriss auf der Tagung das Problem: Mehr als die Hälfte der Deutschen hat aktuellen Studien zufolge eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz. Gleichzeitig gebe es eine Flut an Gesundheitsinformationen im Netz. Viele Patienten seien damit überfordert, Ärzte stünden in der Praxis vor der Herausforderung, Fehlinformationen zu korrigieren – und das bei nur wenig Zeit für das Aufklärungsgespräch. „Gesundheitskompetenz ist eines der zentralen Themen für das Gesundheitswesen im 21. Jahrhundert“, sagte Weiss. Fehle diese, sei dies nicht nur ein soziales und gesellschaftliches Problem, sondern auch ein Kostentreiber im Gesundheitswesen.

Als einen zentralen Beitrag dazu sieht Weiss das nationale Gesundheitsportal, das sie für Mitte 2020 ankündigte. Es soll einen zentralen Beitrag dazu leisten, Informationen besser, transparenter, evidenzbasiert und qualitätsgesichert zu bündeln, seriöse Quellen einzubinden und das Ganze in verständlicher Sprache aufzubereiten. Als erste Partner für das Portal hat das BMG das IQWiG, das Deutsche Krebsforschungszentrum und das Robert Koch-Institut bestimmt. Das Angebot soll in der Folge schrittweise ausgebaut werden.

Digitalisierung? Wir sind mittendrin!

Digitalisierung geht über rein technologische Aspekte weit hinaus, vielmehr bringt sie einen gravierendenden gesellschaftlichen Veränderungsprozess mit sich. Darauf machte Prof. Dr. Andréa Belliger, Institut für Kommunikation & Führung, Luzern, aufmerksam Belliger bezeichnete diesen Prozess als digitale Transformation. „Wir stecken mittendrin“, sagte sie und sprach von neuen Lebenswelten in Netzwerken – seien es beispielsweise Seniorennetze, Gesundheitsforen oder auch sonstige Fachforen. Netzwerke prägen Belliger zufolge immer mehr das moderne Leben, sie führte dazu Beispiele wie digitale Communitys oder Social Media an. Bereiche wie Prävention oder Public Health würden künftig auch dazu gehören und eine stärkere Rolle im Gesundheitswesen einnehmen.

In zwei Paneldiskussionen tauschten sich Experten aus, darunter Vertreter von Bundesärztekammer, KBV, Psychotherapeuten, Gemeinsamer Bundesausschuss, GKV, PKV, BAG Selbsthilfe, Verbraucherzentrale Bundesverband, ABDA, Pflege, Heilmittelverbände oder die Patientenbeauftragte der Bundesregierung. In vier Workshops wurden Aspekte vertieft. BZÄK und KZBV als Partner der Allianz brachten sich ebenfalls ein. Ihre Botschaften: Neben qualitätsgesichert aufbereiteten Informationen ist vor allem die sprechende Zahnmedizin wichtig.

Der Vorsitzende des Vorstands der KZBV, Dr. Wolfgang Eßer, betonte: „Die Förderung der Gesundheitskompetenz ist bei uns im Haus eine Führungs- und Querschnittsaufgabe.“ Er verwies auf unterschiedliche Formate, mit denen die KZBV sich bereits in die Allianz einbringe. Dazu zählten etwa die zahnärztliche Patientenberatung oder Broschüren für Patienten, Angehörige und Pflegefachkräfte, die im Verbund mit weiteren Fachverbänden erstellt wurden. Ferner vermittele die KZBV Mundgesundheitskompetenz über digitale Medien wie Erklärvideos, digitale Broschüren und Themen-Webseiten.

Die Zahnmedizin muss sprechen lernen

Im Workshop „Stärkung der Gesundheitskompetenz vulnerabler Zielgruppen “ ging Elfi Schmidt-Garrecht, Leiterin der KZBV-Abteilung Politik und Grundsatzfragen, vertiefend auf die KZBV-Strategie zur Mundgesundheitskompetenz ein. Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen seien ein langjähriger Arbeitsschwerpunkt der KZBV, erklärte sie. Als Beispiele für eine patientenorientierte Ausrichtung von Informationen nannte sie ein neues, zusammen mit der BZÄK erstelltes Erklärvideo zur Prävention bei Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen sowie einen virtuellen Rundgang durch eine barrierearme Zahnarztpraxis. Wichtig sei ein Mix mit analogen Informationsmedien, gerade bei der Ansprache von vulnerablen und nicht immer online-affinen Zielgruppen.

Allianz für Gesundheitskompetenz

2017 wurde unter Federführung des damaligen Bundesgesundheitsministers Hermann Gröhe die„Allianz für Gesundheitskompetenz“ gegründet – unter Einbindung einer großen Zahl von Fachverbänden und Gesundheitsberufen, darunter auch der BZÄK und der KZBV. Die Partner der Allianz verpflichteten sich mit einer gemeinsamen Erklärung, in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich Maßnahmen zur Verbesserung des Gesundheitswissens zu entwickeln und umzusetzen. Ein weiterer zentraler Baustein: ein nationales Gesundheitsportal mit qualitätsgesicherten Informationen. Dazu hatte das BMG das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit (IQWiG) beauftragt, ein Konzept zu erarbeiten, das mittlerweile vorliegt. Das Portal soll – wie auf der Fachtagung bekannt wurde – Mitte 2020 an den Start gehen.

Im Workshop zur „Kommunikation von Gesundheitsberufen und PatientInnen“ skizzierte Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der BZÄK, das Kommunikationsmodell der Teach-Back-Methode und der Motivierenden Gesprächsführung. Er verwies auf Besonderheiten in der Zahnmedizin – wie chronische Erkrankungen, unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten oder die hohe Erwartung der Patienten an Funktion und Ästhetik. Sensibel auch: das Thema Kosten. Oesterreich forderte einer Stärkung der Sprechenden Zahnmedizin.

Aspekte der Gesundheitskommunikation seien bisher nur eingeschränkt Gegenstand von zahnärztlicher Aus- und Fortbildung. Deshalb, so Oesterreich, brauche der Zahnarzt konkrete Unterstützung in der täglichen Praxis, dafür sei die sogenannte Teach-Back-Methode bestens geeignet. Bei Teach Back handelt es sich um ein Online-Tutorial, das die Kompetenz des Zahnarztes in der Kommunikation mit dem Patienten verbessern soll. Die Methode richtet sich hauptsächlich an Patienten mit niedriger Mundgesundheitskompetenz. Das E-Learning-Tool lasse sich in die Aus- und Fortbildung von Zahnärzten und Teams integrieren und unterstütze sie bei der Beratung von Patienten. Oesterreich forderte, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, um der Sprechenden Zahnmedizin einen größeren Stellenwert einzuräumen.

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