Dr. Georg Bayer im Porträt

Der Implantologe, der auch Bäcker ist

Nicht jeder findet auf Anhieb seinen Traumberuf. Dr. Georg Bayer aus Landsberg am Lech wollte Jurist werden, lernte dann aber dem Vater zuliebe Bäcker. Zahnschmerzen zu Weihnachten ließen ihn noch einmal umdenken: Er studierte Zahnmedizin und ließ sich als Implantologe nieder.

Implantate-Schorsch“ nennen ihn die Kollegen liebevoll. Was nur wenige wissen: Er könnte jederzeit eine Nachtschicht einlegen und im Familienbetrieb im oberpfälzischen Kemnath-Stadt Brezen und Kuchen backen – Dr. Georg Bayer ist nämlich Bäckergeselle, wahrscheinlich der einzige in Deutschland mit Doktortitel. Sein Traumberuf war es nicht, aber der des Vaters für den ältesten Sohn, der der Tradition wegen die Bäckerei übernehmen sollte. Bayer erlernte also den aus der Sicht des Vaters „ordentlichen“ Beruf des Bäckers. Die Familien-Bäckerei übernahm dann der jüngere Bruder, heute sind alle glücklich.

Mit seinem Vater hatte Bayer einen Deal: Der Direktor der Realschule hatte ihm empfohlen, den „Buam“ aufs Gymnasium zu schicken. Dafür musste er innerhalb eines Jahres Französisch lernen und parallel zum Gymnasium die Bäckerlehre absolvieren. Hätte er das nicht geschafft, hätte er den Familienbetrieb übernehmen müssen. Grundsätzlich nicht schlimm, aber er wollte lieber Jura studieren. Bis er eines Tages zu Weihnachten Zahnschmerzen bekam und der Mann seiner Cousine, ein Zahnarzt in Würzburg, ihn davon befreite. Der Zahn war weg, ein neuer Berufswunsch geboren. Bayer: „Ich habe drei Tage lang in der Praxis einfach zugeschaut und war fasziniert von der Direktheit, vom Patienten-Kontakt, und in welch kurzer Zeit man einen Menschen von seinen Schmerzen befreien und helfen kann.“

Für den Vater indes war das eher ein Horror-Beruf, er konnte nicht nachvollziehen, warum sein Sohn ausgerechnet die Mundprobleme Fremder lösen wollte. Das Blut, die Gerüche – um wie viel schöner ist’s doch in einer Backstube! Jahre später hat der Sohn den Vater dann doch noch überzeugt, dass die Berufswahl gut war: „Er war mein erster Patient, ich habe ihm im zahnlosen Unterkiefer vier Implantate gesetzt. Nachdem er sich jahrelang mit Haftcreme herumgeärgert hatte, konnte er mit seiner Prothese wieder wunderbar essen“, erzählt Bayer.

 Studiert hat er an der FU Berlin: Eines Tages stand er mit einem Köfferchen am Busbahnhof, vor sich die Großstadt. „Ich komme aus einer kleinen Stadt mit 3.000 Einwohnern“, erinnert er sich, „die meisten meiner Studienkollegen waren Zahnarztkinder oder Zahntechniker, während ich keine Ahnung von Zahnmedizin hatte. Mit besonderem Grauen denke ich heute noch an das Gipszahnschnitzen.“ Die Kommilitonen waren hilfsbereit: „Wir haben regelmäßig Semestertreffen und reden von den guten alten Zeiten.“ Bayer schloss das Studium 1977 mit einer glatten Eins ab. Anschließend arbeitete er in Berlin, Bayreuth und Tutzing. In Würzburg promovierte er 1978 an der Julius-Maximilians-Universität.

Implantologen waren damals echte Exoten

1979 hatte er den ersten Kontakt zur Implantologie und war von Anfang an fasziniert. Die Anfänge der Technik waren holprig: „Von zehn Implantaten sind sind fünf misslungen. Die Patienten hatten Schmerzen, die Implantate waren nicht wie heute aus Titan, sondern aus Stahllegierungen. Begonnen habe ich als Assistent bei Dr. Hartmann in Tutzing.“ Anders als heute war das Standing der Implantologen innerhalb der Kollegenschaft eher niedrig angesiedelt: „Wir waren echte Exoten, so etwas wie das Rotlichtmilieu der Zahnmedizin. Viele Implantologen trugen Toupet, fuhren ein schnelles Auto und die Freundin war 20 Jahre jünger. Die Branche hat sich von ‚scheel angesehen‘ zu ‚angesehen‘ gewandelt.“

Vom Newcomer schaffte er es innerhalb von drei Jahren von der Zwei-Mann-Praxis zur größten Praxis in Landsberg am Lech. Heute arbeiten bei „Dr. Bayer & Kollegen“ in 17 Behandlungszimmern 14 Ärzte und 50 Assistentinnen.

Sein Motto: dreimal „S“ – schnell, sauber und schmerzfrei

Von einem seiner Vorbilder, Dr. Willibald Plössner aus Bayreuth, hat er seine Maxime: „Mein Motto ist ‚3 S‘: ein guter Zahnarzt arbeitet schnell, schmerzfrei und sauber. Schnell und schmerzfrei kann der Patient beurteilen, präzise Arbeit beurteilt der Zahnarzt. Man sollte einen Patienten immer so behandeln, als wäre er die Mutter oder der Bruder.“

Nach einem schweren Bootsunfall in Norwegen, nach dem sein Leben einige Wochen am seidenen Faden hing, beschloss Bayer vor ein paar Jahren, seine Nachfolge zu regeln. Die Implantologie-Praxis gehört nun den ehemaligen Mitarbeitern. Die Übergabe hat gut geklappt, berichtet der 68-Jährige. „Ich gebe Rat, wenn ich gefragt werde, darüber hinaus halte ich mich aus dem Tagesgeschäft heraus.“ Der Chef, der die Rolle des Anführers nicht aufgeben kann, ist Bayer nicht. Er ist jetzt nur noch angestellt, arbeitet als Zahnarzt 20 bis 25 Stunden in der Woche. Denn ganz ohne Zahnmedizin kann der „Implantate-Schorsch“ nicht sein. Eines Tages will er auch wieder auf Reisen gehen und weltweit Vorträge halten. Sechs Jahre war der Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für orale Implantologie (DGOI), auch deren Präsident. Kürzlich hat er sich in die Lokalpolitik gewagt. Jetzt sitzt er für die CSU im Stadtrat von Landsberg am Lech und kümmert sich um Stiftungen, städtische Wälder und Landwirtschaft.

Seine beiden Kinder würde Dr. Bayer niemals zur Berufswahl zwingen. Er war erstaunt, als ihm seine Tochter in der elften Klasse mitteilte, dass sie Zahnärztin werden wolle. Derzeit studiert sie an der Danube Private University (DPU) in Krems an der Donau im dritten Semester Zahnmedizin.

Dieser Beruf macht schon beim Frühstück gute Laune

Ihre Begründung für die Berufswahl: „Du hast schon beim Frühstück gute Laune und wenn Du abends aus der Praxis kommst, hast Du immer noch gute Laune. Wir Schüler hingegen sind oft mittags schon schlecht drauf. Zahnarzt muss also ein schöner Beruf sein.“

silv

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