Gründung in Corona-Zeiten – Teil 1

„Das Ziel sind Termine innerhalb von maximal drei Tagen!“

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Philipp Tavrovski, 29 Jahre, traut sich was: Er will mitten in der Krisenzeit gründen. Im großen Stil. Die Praxis soll im April 2021 eröffnen und das Zentrum für zahnärztliche Chirurgie in Hamburgs Norden werden. Seine Chance sieht er in der Spezialisierung. Was aber, wenn die zweite Corona-Welle kommt? Ist er darauf vorbereitet? Die zm stellen ihn hier vor und werden ihn durch die Gründungsphase begleiten.

„Ich habe meine eigenen Vorstellungen und möchte diese auch realisieren“, sagt der junge Zahnarzt. Konkret will er eine moderne Praxis für zahnärztliche Chirurgie auf Zuweiserbasis in Hamburg gründen. Nicht unbedingt die Norm für einen Gründer.

Unter den 1.085 Hamburger Zahnarztpraxen, in denen 1.800 Zahnärzte und Zahnärztinnen arbeiten, sind gerade einmal etwa 41 Praxen ausschließlich auf mund- und kieferchirurgische Eingriffe spezialisiert, teilt die Zahnärztekammer Hamburg mit. Tavrovski ist sich dessen bewusst: „Das Behandlungsspektrum wird immer vielfältiger, die Herausforderungen wachsen. Zugleich sind die einzelnen Bereiche zum Teil so profund in der Lehre, dass andere wiederum hinten runterfallen. Die Chirurgie ist meiner Meinung nach einer davon. Deshalb braucht man diese spezialisierten Zuweiserpraxen.“ Schon während seiner Assistenzzeit, bei Hospitationen in der MKG-Chirurgie, begeisterten ihn die effizienten Abläufe und die benötigten handwerklichen Fertigkeiten. Ihm war klar: Das wird sein Schwerpunkt. Fast zwangsläufig folgte eine Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Oralchirurgie – in der Asklepios Klinik Nord-Heidberg unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Kreusch sowie in der Praxis für MKG-Chirurgie Dr. Dr. Jörg-Olaf Zieron in Hamburg.

„Die Chirurgie muss man fühlen!“

„Die Chirurgie muss man fühlen und da eine Routine entwickeln. An der Uni kommt der Bereich viel zu kurz. Es ist schwierig, das aus einem Buch zu lernen und durchs Zuschauen zu adaptieren.“ Sein geplantes Behandlungsspektrum umfasst Extraktionen, mikrochirurgische Wurzelspitzenresektionen, Implantationen, die Analyse von Schleimhautveränderungen und deren Entfernung, chirurgische Parodontologie sowie dreidimensionale Diagnostik. Das OP-Setting dafür sei sehr aufwendig – erst die Routine lasse ein zügiges und effizientes wie auch wirtschaftliches Arbeiten zu. „Da kann man an die Grenze der Kapazität einer allgemeinzahnärztlichen Praxis kommen. Oder zu mir überweisen!“

Seine Praxis will Tavrovski sukzessiv ausbauen – als Unterstützung für Praxen in allen Bereichen der Chirurgie: „Die Zufriedenheit der Patienten steht im Fokus. Das möchte ich durch exzellentes Handwerk und eine schnellstmögliche Terminvergabe innerhalb von maximal drei Tagen erreichen.“ Allerdings hängt dieser Plan davon ab, wie viele Zuweiser sich akquirieren lassen – gerade zu Beginn der Selbstständigkeit. Wenn hier Lücken entstehen, gerät die Liquidität schnell ins Wanken. „Die Banken erwarten eine 1:1-Umsetzung mit allen Kostenvoranschlägen. Da besteht Druck. Keiner weiß, ob das zu erfüllen ist“, gibt Tavrovski zu bedenken. Eine zweite Corona-Welle könnte durch beeinträchtigte Überweiser-Praxen zudem sein Geschäftsmodell kippen. „Das kann leider niemand vorhersehen. Ich plane trotzdem weiter, und das von Anfang an mit dem höchsten Standard.“

Langfristig sind bis zu neun Behandlungszimmer vorgesehen, vier bis fünf Kollegen will er anstellen. Tavrovski kalkuliert für das gesamte Projekt mit einem Investitionsvolumen um 800.000 Euro. Die Gespräche mit verschiedenen Banken sollen anlaufen, sobald die Zusage für die Immobilie kommt. Das Konzept steht soweit, der Businessplan ist noch flexibel gehalten. Er will sich seine Unabhängigkeit bewahren, das heißt, keine Investoren und kein MVZ. „Dennoch darf man bei den Anschaffungen nicht am falschen Ende sparen!“

Er wird als alleiniger Betreiber und Gesellschafter seiner Praxis zunächst selbst behandeln. Rechnet sich das? „Ich darf natürlich nicht länger ausfallen und ja, die Betriebskosten sind relativ hoch, weil eben zu Beginn nicht alle Behandlungsräume genutzt werden. Dafür muss ich später bei der Expansion nicht wieder umziehen. So kann ich meine Praxis nach und nach ausbauen.“

Längere Ausfälle kann er sich nicht erlauben

Bei der gesamten Gründung wird Tavrovski professionell unterstützt. Ihm stehen dabei Unternehmensberater zur Seite, die seit 15 Jahren auf die Niederlassung von Zahnärzten spezialisiert sind, außerdem greift er auf die Erfahrung eines Marketing-Experten und eines Architekten zurück, die ebenfalls auf Zahnarztpraxen spezialisiert sind. Ein Steuerberater und ein Fachanwalt sind ebenfalls im Boot.

Schon jetzt bildet sich Tavrovski in Sachen Personalführung und Betriebsgründung fort. Ach ja, seine Promotion schreibt er auch noch bis Ende des Jahres, neben Job, Gründung – und Familie: Sein kleiner Sohn ist neun Monate.

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