Im April 2019 stellte sich ein 46-jähriger Mann ohne bekannte internistische Vorerkrankungen vor, der vom Hauszahnarzt mit der Bitte um Entfernung des Zahnes 18 und um Therapie einer Raumforderung in der rechten Kieferhöhle überwiesen wurde. Klinisch waren die Zähne 16 bis 18 nicht sichtbar. Laut Aussage des Patienten war der Zahn 16 vor einigen Jahren extrahiert worden. Intraoral war eine knochenharte Ballonierung distal im rechten Oberkiefer sichtbar, diese war kaum druckdolent und nach vestibulär erweitert zu tasten. Die Zähne 14 und 15 waren vital und nicht perkussionsempfindlich. Distal am Zahn 15 war keine tiefe Tasche zu sondieren (Abbildung 1).
Abb. 1: Intraorale Ausgangssituation im1. Quadranten | Peer W. Kämmerer
In der Panoramaschichtaufnahme (PAN) projizierten sich der Zahn 17 verlagert am unteren Rand des Sinus maxillaris und der Zahn 18 weiter cranial in der Kieferhöhle. Beide Zähne waren verbunden mit einem ovalen, scharf begrenzten Befund in der Größe einer Walnuss, der von der Krone des Zahnes 18 ausging und distoapikal am Zahn 17 endete (Abbildung 2). Zur Beurteilung wurde eine Dentale Volumentomografie (DVT) angefertigt. In der dreidimensionalen Aufnahme wurde die Ausbreitung der knöchern scharf begrenzten Raumforderung, die bis zum oberen Drittel der Kieferhöhle reichte, sichtbar (Abbildung 3).
Abb. 2: Ausschnitt aus der Panoramaschichtaufnahme, alio loco durch den Hauszahnarzt angefertigt | Peer W. Kämmerer
Abb. 3: Dentale Volumentomografie zur OP-Planung und Einschätzung der Dimensionen, a: sagittal, b: koronal | Peer W. Kämmerer
Dieser Befund wurde gemeinsam mit den retinierten Zähnen 17 und 18 mit der Verdachtsdiagnose einer follikulären Zyste in Intubationsnarkose entfernt. Nach crestalem Schnitt und Bildung eines Mukoperiostlappens war bereits die zystische Raumforderung durch den sehr dünnen Knochen sichtbar (Abbildung 4). Nach Osteotomie und Bildung eines Zugangs in die Kieferhöhle wurden die Zähne 17 und 18 mit dem umfassenden Gewebe in toto entfernt und zur histologischen Auswertung in die Pathologie gesandt (Abbildung 5). Die obere knöcherne Begrenzung des Zystenlumens wurde entfernt und somit eine Verbindung zur Kieferhöhle geschaffen. Eine Infundibulotomie war aufgrund des weit offenen Meatus nasi medius nicht notwendig. Schlussendlich wurde die Kieferhöhle unter Zuhilfenahme des Corpus adiposum buccae (Bichat’scher Fettkörper) mehrschichtig plastisch gedeckt (Abbildung 6).
Abb. 4: Intraoperativer Situs: a: nach crestalem Schnitt, b: nach Entfernung des vestibulären Knochendeckels | Peer W. Kämmerer
Abb. 5: Entfernung des zystischen Befunds mit den Zähnen 18 und 17 aus der rechten Kieferhöhle (a) sowie der entnommene Befund (b) | Peer W. Kämmerer
Abb. 6: Plastische Deckung unter Verwendung des Bischat‘schen Fettkörpers | Peer W. Kämmerer
Die histologische Untersuchung bestätigte die Verdachtsdiagnose einer follikulären Zyste. Nach zweiwöchigem Schnäuzverbot konnten die Fäden bei regelrechter Wundheilung entfernt werden. Sechs Monate postoperativ ist eine radiologische Kontrolle mittels PAN avisiert.
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